Jetzt braucht er Mirka ganz besonders!

Es sind Tage der Entscheidungen für den Tennisstar: Die nächsten Turniere werden wegweisend sein. Ein baldiges Karriere-Ende oder weiter wie bisher? Soll er seine Zwillingsmädchen einschulen lassen? Jetzt braucht er die Unterstützung seiner Gattin ganz besonders.

Es ist sein Herzensturnier. Das, wo alles begann: Wimbledon. «Es ist der Heilige Gral», sagte Roger Federer  im Vorfeld des Traditonsanlasses zum britischen «Guardian». Wenn es ein Turnier gäbe, das er nochmals für sich entscheiden wolle, sei es dieses. «Dort haben meine Helden – Becker, Edberg, Sampras – gewonnen, ich gewann 1998 die Juniors und all diese unglaublichen Matches.»

Federer hat ein Kämpferherz. Aber: Er ist 34 Jahre alt, sein Körper beutelt ihn, und die Frage nach einem Rücktritt kommt regelmässig auf. Eine Frage, die er abtut. «Was stimmt nicht mit euch?», komme ihm da bloss ihn den Sinn. «Ich muss keine drei Grand Slams pro Jahr gewinnen, um glücklich zu sein. Wenn mein Körper oder mein Geist nicht mehr mitmachen, wenn Mirka oder die Kinder es wollen, kann ich morgen aufhören. Kein Problem.»

Er gibt sich locker, als sei ein Rücktritt kein Thema. Doch gerade in diesen Tagen und Wochen muss sich der Gedanke immer öfter aufdrängen. Unser Jahrhundertsportler kämpft – sein Knie, der Rücken … «Natürlich denkt er selbst über einen Rücktritt nach», sagt Psychoanalytiker Markus Fäh aus Zürich. «Er wird kontrolliert aufhören, geplant, wie es seine Art ist, und sich mit Ärzten und Trainern ausführlich besprechen. Und sicherlich hat er für die Zeit danach schon dieses und jenes eingefädelt.»

Wichtigste Vertrauensperson,  Ratgeberin und Stütze – seit jeher und gerade auch in schwierigeren Zeiten wie diesen – ist seine Mirka (38). Und das seit Beginn ihrer Liebesgeschichte an den Olympischen Spielen in Sydney im Jahr 2000. Er war damals 18 Jahre alt, sie 20. «Beim ersten Kuss», erzählte Federer, «hat sie zu mir gesagt: ‹Du bist so jung.›» Sie war reifer als er, ebenfalls Tennisprofi, und eine riesige Unterstützung. Sie habe grossen Anteil an seinem Erfolg: «Als ich sie zum ersten Mal traf, hatte ich keinen Titel, heute sind es 88. Sie war die ganze Zeit an meiner Seite.» Er schwärmt von ihrer Stärke, wie schwer sie und ihre Eltern es hatten, als sie aus der damaligen Tschechoslowakei in die Schweiz flüchteten. Sie war ein Vorbild für ihn. «Sie trainierte fünf, sechs Stunden am Stück. Sie war taff und lehrte mich zu arbeiten. Mental hatte ich damals nach einer Stunde schon genug.»

Nachdem Mirka wegen einer Verletzung ihre Karriere beendete, wurde Rogers Leben auch ihres. Sie unterstützte ihn, schirmte ihn ab. Mirka meinte einst sogar, dass es ihr egal sei, wenn sie als «Drachen» wahrgenommen werde. «Es geht jetzt um ‹Rogi›. Er ist die Nummer 1 der Welt. Das ist man bloss einmal im Leben. Meine Zeit kommt noch. Nach dem Tennis. Das haben wir auch so miteinander besprochen.» Allerdings ist das zehn Jahre her, mittlerweile sind sie Eltern der Zwillingspaare Myla und Charlene (bald 7) sowie Leo und Lenny (2). Dennoch glaubt Psychoanalytiker Markus Fäh nicht, dass sie Roger deswegen zu einem Rücktritt raten würde oder unzufrieden ist. «Sie ist eine Slawin, die ticken etwas anders als zum Beispiel Schweizerinnen», erklärt er. «Sie haben eine gewisse Dominanz, sagen: ‹Ich will das so.› Im Gegenzug sind sie dann aber 150 Prozent loyal, es gibt keine Spielchen oder Selbstfindungstrips. Das mag man hier als etwas konservativ ansehen, für Roger aber ist es genau das Richtige. Er würde niemals etwas tun, das Mirka nicht passt. Sie würde aber auch nie Dinge von ihm verlangen, die er nicht leisten kann. Sie wissen genau, was sie aneinander haben.»

Das Gemeinsamkeitsgefühl des Paares sei unglaublich hoch, sagt Fäh. Daher sei es für die beiden  auch nicht nur Rogers Karriere, sondern ein gemeinsames Unternehmen mit einer Arbeitsteilung. Sowohl Roger wie auch Mirka seien auf eine nicht aggressive Art dominant, das mache sie zu einem sehr starken Paar. Auf dem Tennisplatz ist er der Chef, zu Hause, sagt das Sportass selbst, ist es Mirka. Er kündigte schon an, dass sich nach dem Karriereende alles «umdrehen» werden. Er wolle ihr dann vieles abnehmen und freue sich darauf.

Vorerst aber gibt er noch als Tennisspieler sein Bestes. Er geniesst es auf eine neue Art. «Ich habe eine grössere Liebe für das Spiel. Früher bin ich einem Traum nachgejagt, heute lebe ich ihn. Ein tolles Gefühl.» Dennoch ist bei einem Topstar wie ihm schwer zu glauben, dass er auch damit zufrieden ist, nicht mehr an der Spitze zu sein. «Ich glaube nicht, dass er sich jahrelang herumquält, um einfach nur dabei zu sein. Er will immer gewinnen», sagt Fäh. «Ins Blaue hinaus tippe ich, dass er, wenn es gut geht, noch drei Jahre auf dem Platz steht, wenn es schlecht läuft aber schon Ende Jahr aufhört.» Ein weiterer Punkt, der dafür spricht, sind seine Zwillingsmädchen Myla und Charlene, die dieses Jahr schulpflichtig sind. Natürlich kann er sie privat unterrichten lassen, aber ein stabiles Schulumfeld mit Freunden ist in diesem Alter wichtig. Und nur um seine Spielfreude zu stillen, wird er dies sicher nicht ausser Acht lassen.

Egal, ob Roger Federer dann erst mal zu Hause bleibt oder gleich in eine neue Karriere wechselt eines steht für Fäh ausser Frage: «Roger ist intelligent, bodenständig und, auch wenn man es nicht auf den ersten Blick sieht, voller Leidenschaft, in ihm brennt eine riesige Flamme. Er wird seine -Erfolgsgeschichte weiterschreiben. Und Mirka wird die nächsten 100 Jahre an seiner Seite sein.»