Der TV-Liebling ist angekommen

Das Streben nach der grossen Showbühne ist für den Moderator vorbei. Er hat sein 
berufliches Glück im Kleineren gefunden. Und privat das Rezept 
für eine harmonische
Ehe und zufriedene Kinder.

Zottel ist etwas zickig. «Was soll das?», scheint sich die Geiss zu fragen, als wir sie mit Nik Hartmann (43) fotografieren wollen. Grünzeug sei Dank verliebt sie sich aber doch noch in ihn. Ein amüsantes Duo. Sau-
komisch wird es aber später mit Wildschwein Joker. «Sitz!», sagt Hartmann skeptisch. Und tatsächlich setzt sich Joker ganz gemächlich auf sein stattliches Hinterteil. Grinsend schüttelt der Moderator – selbst Herrchen von Hund Oshkosh und zwei Katzen – den Kopf. «Unglaublich!» Für «SRF bi de Lüt – Wunderland» (siehe Box) besucht er den Tierlignadenhof in Kaisten AG, lernt Füchse und ein Reh kennen, lässt sich von Pferden beschnuppern – und umarmt als Krönung einen riesigen Stier.

GlücksPost: Keine Angst gehabt?
Nik Hartmann: Gar nicht – aber Respekt. Das ist das Wichtigste im Umgang mit Tieren, das weiss man ja. Zudem bin ich mit Hunden und Katzen aufgewachsen, und als Primarschüler war ich einige Male in den Ferien auf dem Bauernhof. Von daher ist mir das vertraut.

Apropos vertraut: Seit 2007 entdecken Sie für «SRF bi de Lüt» die Schweiz. Wird es für Sie nicht ­allmählich langweilig?
Überhaupt nicht! Die Menschen und ihr Alltag verändern sich ständig, die Regionen ebenfalls – diese Entwicklung wollen wir ein Stück weit zeigen. Das wird nie langweilig. Gerade der Aargau ist eine echte Entdeckung, wie letztes Jahr das Zürcher Oberland, bei beiden habe ich weniger erwartet.

Dann sind Sie nicht abgestumpft, was die Schönheiten der Schweiz betrifft?
Im Gegenteil: Ich habe meinen Blick geschärft. Ich weiss noch, wie desinteressiert ich als 15-Jähriger war, als meine Mutter früher auf der Autobahn Richtung Italien immer sagte: «Schaut mal dort, dieser schöne Oleander!» Heute bin ich bei meiner Familie genauso: «Lueged mal, das Panorama!»

Sie erwähnten kürzlich, dass Sie eine Zeit lang mit dem «Wanderer»-Image haderten. Strebten Sie nach «Höherem»?
Ach, vielleicht war ich der irrigen Meinung, dass das Scheinwerferlicht und die grosse Bühne allein das Glücklichmachende sind. Aber vergessen Sie es! Unsere Bühne verändert sich in jeder Sendung. Das ist das Spannende, die Leute mögen es.

Eine Einsicht, die mit dem ­Älterwerden zu tun hat?
Sicher bekommt man eine gewisse Gelassenheit, es muss nicht alle zwei Jahre etwas Neues sein. Ich habe viele Sachen gesehen, viel gelernt. Nun bin ich angekommen, geniesse es und kann dieses «Hüsli» ausbauen. Als Moderator hört man öfter, wie wichtig man ist – und realisiert schliesslich, dass dem nicht so ist. Ich bin lieber unten links im Bild als derjenige mittendrin, der «aufgeblasen» wird. Das entspricht mehr meinem Charakter und auch diesem Format, das ich prägen durfte.

Sie haben viele Fans. Nervt es Sie, dass Sie oft angesprochen werden?
Nein, das gehört zum Beruf, vor allem, wenn ich alleine unterwegs bin. Auch mit der Familie gibt es viele respektvolle Begegnungen – und andere. Da werde ich zum ­Löwen, der sein Rudel verteidigt, schicke Leute, die uns fotografieren wollen, auch mal weg.

Wie geht Ihre Familie damit ­
um, wenn Sie so oft weg sind?
Das sind zwar strenge Wochen, aber die Grossen haben mittlerweile selber schon viel Programm. Umso mehr geniesst man die gemeinsame Zeit. Carla und ich fahren für ein Wochenende mit Constantin und Frederik nach Paris. Es ist uns wichtig, dass sie diese Zeit mit uns alleine bekommen, da Melchior sonst viel Aufmerksamkeit braucht.

Constantin und Frederik sind keine kleinen Buben mehr. Ist das eine ­Erleichterung im Alltag? Helfen sie daheim mit?
Ja, es ist sicher etwas weniger streng. Sie helfen im Rahmen – so wie Buben das in dem Alter eben tun. Da gibt es nie Probleme.

Ihr Ältester, Constantin, kommt im Sommer bereits aufs Gymnasium. Weiss er schon, was er später einmal werden möchte?
Er geht vor allem gern in die Schule. In Sachen Berufswunsch kann sich noch so viel entwickeln. Er spielt aber sehr gerne Theater.

Dann könnte er ja in Papas Fussstapfen treten.
Ich weiss nicht, ob Moderation sein Ding ist. Ich glaube eher, dass es in Richtung Schauspielerei gehen könnte.

Würden Sie das unterstützen?
Klar, absolut! Wenn die Leidenschaft irgendwo sitzt, muss man ihr freien Lauf lassen. Dasselbe gilt natürlich für Frederik. Er möchte derzeit Schreiner und Erfinder werden, das finde ich grandios. Handwerker – da schlägt mein Herz höher! Mein Grossvater war schon Schreiner.

Und wie entwickelt sich Melchior, der ja eine cerebrale Behinderung hat?
Er kommt dieses Jahr in die erste Klasse einer Sonderschule, die natürlich nicht mit einer Regelschule zu vergleichen ist. Er hat dort Therapien. Wir sind dankbar, dass es solche Institutionen gibt. Es ist sehr eindrücklich, was diese Kinder erreichen können, das man ihnen am Anfang nicht zugetraut hätte. Melchior nimmt seit Neustem Holzkugeln und tut sie in die «Chügelibahn». Man merkt: Da geht etwas in diesem Hirn. Es ist nur ein «Muggefurz», der ihm fehlt. Er braucht halt für alles viel mehr Anstrengung und Hilfe. Wir sind extrem glücklich mit ihm.

Hatten Sie anfangs Angst vor dem, was auf Sie zukommen würde?
Nein. Aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass wir immer nur positiv gedacht haben. Wir haben es aber auf jeden Fall stets versucht – so gut es uns eben gelungen ist. Viele kleine Schritte ergeben plötzlich einen grossen. Und wenn man zurückschaut auf die letzten Jahre, ist er einfach «en gsunde, puschpere Bueb».

Drei muntere Söhne und einen Mann, der zumindest derzeit viel unterwegs ist – sagt Ihre Frau auch mal: «Jetzt bin ich an der Reihe»?
Das muss Carla nicht sagen, wir schauen schon, dass sie nicht auf alles verzichten muss. Demnächst verreist sie zum Beispiel drei Tage mit einer Freundin.

Sie selbst waren letztes Jahr mit ihr in Afrika, ohne die Kinder.
Ja, das war irrsinnig schön! Ich engagiere mich für das Hilfswerk Solidarmed, konnte ihr die Projekte endlich aus der Nähe zeigen. Es war eine berührende Reise. Und auch gut für uns zwei: einmal mehr als zwei Tage einfach Ruhe haben, einen gemeinsamen Alltag, ohne dass man sich noch um andere kümmern muss. Das empfehle ich jeder Familie, die es einrichten kann. Es muss ja nicht Afrika sein. Man sollte den Mut haben, sich Hilfe zu holen. Bei uns ist ein befreundetes Paar eingezogen, das zu den Kindern schaute.

Haben Sie noch offene Wünsche, grosse Familienferien vielleicht?
Eigentlich nicht. Früher hätte ich an jedem schönen Örtchen, das ich entdeckte, ein Ferienhäuslein kaufen können. Aber ich brauche es nicht, darf mit meiner Familie zu Hause so schön wohnen. Ich konnte mich in den letzten Jahren von Besitz etwas lösen. Was ich habe und erleben darf, wo ich überall war – das ist unbezahlbar!

Berufliche Träume?
Ich habe nie grosse Pläne gemacht, nehme es so, wie es ist und versuche das Bestmögliche zu machen. Das hat mir bisher immer geholfen. Bei Radio SRF 3 wie beim Fernsehen fühle ich mich aufgehoben. Wir machen hier eine Sendung, die ein Bedürfnis der Zuschauer ist. Ich bekomme so viele positive Rückmeldungen, das macht Mut und Freude!