Roger Federer
«Mirka macht dies alles möglich»
Er holte den 20. Grand-Slam-Titel seiner Karriere – ein neuer Rekord. Der Weg dahin war eine emotionale Berg- und Talfahrt für das Tennis-Ass.
Der Mann hat nicht nur eine geheime Energiequelle, die er anzapfen kann, wann immer er sie braucht. Er hat vor allem auch Nerven aus Stahl. Die brauchte Roger Federer (37) dieses Wochenende besonders dringend. Denn am Australian Open ging es für ihn um den 20. Grand-Slam-Titel – ein weiterer Rekord in seiner Karriere. Und den wollte der Maestro unbedingt haben! «Dieser 20. Titel bedeutet schon viel», sagte er an der Pressekonferenz nach dem Turnier in Melbourne. Deshalb stand er auch so unter Druck: «Ich war verdammt nervös, das Gefühl frass meinen Körper auf. Ich kann nicht erklären, warum. Vielleicht sah ich eine Niederlage kommen. Den zweiten Satz verlor ich jedenfalls wegen meiner Nerven.»
Er habe zu lange Zeit gehabt, um nachzudenken, weil das Spiel erst am Abend stattfand. «Dass mich meine Gedanken so ablenken, hatte ich schon oft. Aber nie so extrem wie diesmal. Alle dachten, ich sei der Favorit. Ich nicht», sagt Roger, der die Australian Open bereits 2017 gewann. «Als ich ins Flugzeug nach Melbourne stieg, hätte ich wirklich niemals gedacht, dass ich noch mal das Gleiche wie letztes Jahr schaffe – jetzt, da Rafael Nadal, Novak Djokovic und Stan Wawrinka wieder zurück waren.»
Doch Federer konnte sich zusammenreissen: «Du kannst das nicht einfach ausradieren, du musst lernen, damit umzugehen. Und das habe ich in meinen tausend Matches schon x-mal machen müssen. Nur die Erfahrung hilft dir da hindurch und erlaubt dir, dich trotzdem konzentrieren zu können.» Als es geschafft war, bahnten sich die gestauten Gefühle ihren Weg. Der Welt-Nummer 2 gelang es nicht, seine Siegerrede zu beenden: «Das Märchen geht nach dem unglaublichen letzten Jahr weiter. Ein weiterer Traum ist wahr geworden», sagte er bei der Siegerehrung mit dem Norman Brookes Challenge Cup im Arm. Als er daraufhin seiner Familie, Trainern, Unterstützern und Fans danken wollte, brach seine Stimme, und die Tränen liefen ihm die Wangen hinunter. Mit ihm weinten und freuten sich Millionen von Menschen auf der Welt. Das Publikum vor Ort hatte ihn während des ganzen Finals unterstützt: «In den richtigen Momenten war es da, das habe ich gespürt, und dafür bin ich sehr dankbar.» Natürlich auch seine Entourage, die in Federers Players-Box mitfieberte und sich nach dem Sieg in den Armen lag. Für einmal waren King Rogers vier Kinder, die achtjährigen Zwillingsmädchen Myla und Charlene sowie die dreijährigen Zwillingsbuben Lenny und Leo, bei Papas Weg zum Triumph nicht dabei. Entweder fanden die Matches zu spät statt, oder es war zu heiss – für den Final musste wegen 35 Grad auf dem Thermometer das Dach des Stadions geschlossen werden. Der Nachwuchs verbrachte die Zeit etwa beim Shopping. In einem Einkaufszentrum wurden sie von den Umstehenden angestarrt und fotografiert, als wären sie Ausserirdische.
An der Pressekonferenz verdeutlichte Federer wieder, wie viel Anteil an seinem Erfolg Mirka und seine Familie haben: «Meine Frau macht das alles möglich. Ohne ihre Unterstützung würde ich wohl nicht mehr spielen. Wir hatten vor einigen Jahren mal ein sehr offenes Gespräch, ob sie noch zufrieden mit diesem Leben ist. Und sie ist einverstanden, diese extreme Arbeit mit den Kindern auf sich zu nehmen. Wenn ich die länger als zwei Wochen nicht sehen würde und Mirka da nicht mitmachen würde, ginge es nicht mehr. Auch zu sehen, dass meine Eltern stolz sind und sich freuen, dass ich noch spiele, weil sie gerne an die Turniere kommen. Wenn meine Familie happy ist, macht mich das glücklich.»
Als Geheimnis seines Erfolgs gab Federer zudem an: «Ich überspiele mich nicht, gehe nicht an jedes Turnier, geniesse das Training, habe Spass mit meinem Team – das alles macht es aus.»