Grosser Verzicht für sein lang ersehntes Paradies

Ohne Führung fände man seine Hütte nie! Der Star der RTL-Sendung «Bauer sucht Frau 2017» hat sich in den Schweizer Voralpen sein eigenes Reich geschaffen. Doch einfach ist es nicht, so abgelegen zu wohnen.

Im Winter, wenn Schnee liegt, erreicht man André Gillards Paradies nur mit Skiwanderausrüstung oder Schneeschuhen. Der 60-Jährige holt uns an der Talstation des Skigebiets von La Roche FR ab, denn seine Adresse ist nirgends verzeichnet. Es geht steil bergauf, eine Dreiviertelstunde. Der Weg führt meist der Skiliftspur entlang. Plötzlich sagt er: «Merkt euch diese Schneekanone, hier müsst ihr auf dem Rückweg abbiegen.» Dann verschwindet er zwischen den Tannen. Hinter einem schmalen Waldsaum liegt auf einer grossen Lichtung seine selbst gezimmerte Hütte.

Pit, der Boarder Collie, stürmt auf sein Herrchen zu. Auch die vor zwei Monaten zugelaufene Katze will Streicheleinheiten. Die Eingangstür ist im Winter mit Wolldecken «verstärkt». Kaum sind wir in der Küche, entzündet André ein Feuer im Holzherd. Er erwärmt damit das Wasser, das durch seine Radiatoren fliesst, braucht ihn aber auch zum Kochen. «Damit spare ich das Gas für den Gasherd.» André spart aus Überzeugung Energie, wo er kann. Die Reparaturen an Haus und alten Geräten übernimmt er wenn möglich selber. Dies verbessert die prekäre finanzielle Lage zwar kaum.

Doch André gibt nicht auf. Er glaubt an eine sanfte, harmonische und bezahlbare Bewirtschaftung, die Boden und Wälder schonend nutzt und den Tieren und den universellen Gesetzen Rechnung trägt. Für sein einfaches Leben zahlt André einen hohen Preis. Nicht nur finanziell, auch mit aufwendiger Handarbeit und viel Verzicht. Mit den Subventionen und dem Verkauf seiner Bio-Produkte auf dem Markt bestreitet er gerade mal seinen Lebensunterhalt. Für Extras bleibt nichts übrig.

Schon als Fünfjähriger erwachte in dem in Biel aufgewachsenen Freiburger die Liebe zur Natur. Auslöser war ein Jugendlager. Da entdeckte er auf einer Lichtung einen Schuppen. Diesen Ort mit seiner Atmosphäre und Schönheit schloss er tief in sein Herz, so zu leben wurde sein Traum. Bis es so weit war, sollte noch einige Zeit vergehen: André machte die Wirtschaftsmatura, danach eine Lehre als Mechaniker und Maschinenschlosser. Er war zwei Jahre verantwortlicher Techniker und Lastwagenfahrer für das IKRK in den damaligen Kriegsgebieten der Welt. Nach einer dreijährigen Weltreise liess er sich an der Landwirtschafts-Fachschule in Grangeneuves/Posieux FR ausbilden.

Nun war es endlich so weit: André erwarb ein abgelegenes Grundstück mit verwittertem Stall, behelfsmässig mit Wellblechstücken bedeckt. «Beim Schlafen regnete und schneite es auf mich drauf. Aber das war mir egal. Ich habe mich noch nie so frei gefühlt. Ich konnte machen, was ich wollte.» Tagsüber arbeitete er hart, um sich warmzuhalten: Zimmer, Dach, Stromanschluss, Wasserleitung, Heizsystem wurden installiert, der Wanderweg ausgebessert. Alle Materialien hat er selber den Berg hinaufgetragen und eingebaut. «Nur mit viel Leidenschaft und Ausdauer gelang es mir, mein Ziel zu erreichen», resümiert André. Einziger Wermutstropfen: Die Gemeindeleitung erlaubt ihm keinen Anschluss an die örtliche Wasserleitung. Neben fliessend Wasser fehlt auch eine weibliche Hand. Doch eine Frau zu finden, die Freude hat an einem zurückgezogenen Leben als Selbstversorger, ist nicht einfach. Auch durch seine Teilnahme bei «Bauer sucht Frau 2017» konnte er keine Seelenverwandte finden. 

Während er erzählt, kocht André: Pasta, Lauch und Rindsragout, dazu Salat mit frisch gemahlenen Samen. «Ich liebe das Kochen.» «Haute cuisine» sei das, meint er augenzwinkernd, weil sein Anwesen auf 1282 Metern über Meer liegt. Zweieinhalb Stunden vergehen, bis der Chefkoch das späte Mittagessen serviert. Draussen wird es bereits düster, es schneit. Man könnte André noch lange zuhören, doch der Aufbruch drängt. Im Dunkeln wäre die wegweisende Schneekanone nicht mehr zu sehen.

Bergbauer André mit dem Ziegenbock, seinem ganzen Stolz.