Familie als Quelle der Inspiration

In den Werken der Erfolgsautorin geht es oft um Familiengeschichten – so auch in ihrer neuen Serie. Und in dieser spielt sogar ihre eigene Mutter mit!

Zum Termin mit der GlücksPost nimmt Bettina Oberli (49) ihre Mutter Elisabeth mit. Wir treffen uns im Zürcher Rieterpark, in dessen Nähe die Regisseurin seit rund zwölf Jahren mit ihrer Familie wohnt. Auch Elisabeth kennt die Grünfläche in Zürich-Enge von vielen Ausflügen mit ihren Enkeln. «Wir waren oft im Park», erzählt die rüstige 78-Jährige. «Sogar zum Schlittenfahren. Aber das ist heute ja wohl nicht mehr möglich.»

Und damit wären wir mitten im Thema von Bettina Oberlis neuem Regiewerk, der von Laura de Weck geschriebenen SRF-Serie «Emma lügt» (siehe Box). Der Klimawandel, Corona und der Ukraine-Krieg sind die Themen, um die sich der Sechsteiler dreht. Oder besser gesagt: Die Nachrichten über diese drei Krisen, von denen man oft nicht weiss, was wahr ist und was nicht. Elisabeth spielt eine kleine Rolle in «Emma lügt»: Am Ende der zweiten Folge hört man sie am Radio als Zuhörerin, die in einer Kochsendung ihr Risotto-Rezept preisgibt. Dass man nur ihre Stimme hört, ist der pensionierten Lehrerin ganz recht: «Vor die Kamera stehen ist nicht mein Ding.» Doch ihre Tochter habe sie angefragt für die kleine Sprechrolle. «So kostete es weniger.»

Bettina bestätigt: «Ich spanne gerne meine Familie und Freunde ein.» Ihre beiden Söhne (15 und 19) haben ebenfalls mitgearbeitet, der eine bei der Ausstattung, der andere im Büro. Auf die Frage nach einem allfälligen Interesse des Nachwuchses, in die Fussstapfen der Eltern zu treten, antwortet sie: «Sie machen es wahrscheinlich mehr des Geldes wegen.» Dass Bettina Regisseurin geworden ist, verwundert ihre Mutter nicht: «Sie hat schon als Kind jeden Nachmittag mit ihren Stofftieren den Schultag nachinszeniert.» Immer wieder besucht sie ihre Tochter auf dem Set und hat einige Bekannte aus der Filmbranche. Etwa Stephanie Glaser († 2011), die bei Bettinas Durchbruch «Die Herbstzeitlosen» ihre erste Hauptrolle gespielt hat.

Normalerweise dauern die Arbeiten an einer Serie zwei bis drei Jahre. Doch Bettina wollte «Emma lügt» in einem effizienten Prozess abschliessen: Drei Wochen für den Dreh und rund acht zum Schneiden und Produzieren. «Bei SRF wussten sie: Wenn sie Ja dazu sagen, wird es ein Experiment. Aber sie waren offen.» Die Idee mit den Fake News kam von Autorin Laura de Weck. «Sie nennt es lieber alternative Wahrheiten. Laura glaubt, dass uns dieses Thema noch lange beschäftigen wird. Das gab es ja vor dem Internet nicht, dass man einfach etwas erfinden und der ganzen Welt mitteilen kann – ohne eine Instanz, die den Wahrheitsgehalt prüft.»

Eine schwierige Sache, findet auch Elisabeth. Sie lese ab und zu die Push-Nachrichten auf dem Handy. «Aber ich zähle nicht darauf, ob es stimmt, dass diese oder jene Prinzessin jetzt wieder schwanger ist.» Sie nehme lieber ein Buch in die Hand oder gehe ins Kino. «Du musst diese pausenlosen Push-Nachrichten ausschalten bei deinem Telefon», meint ihre Tochter. Das hätten sie und ihre Kinder schon lange getan. Zu den drei Krisen, die in «Emma lügt» behandelt werden, meint Elisabeth: «Ich bin froh, dass ich in einer Zeit jung sein durfte, als das Leben einfacher war. Es ist sicher ein anderes Lebensgefühl heute, um das ich die Jungen nicht beneide. In meiner Generation war immer alles positiv, es ging immer ‹obsi›.»

Bettina arbeitet nicht nur gerne mit ihrer Verwandtschaft, sie mag es auch, ihre Filme anhand von Familiengeschichten zu erzählen. «Das ist für mich ein endlos offenes Feld. Über die Familie kann man Grösseres gut thematisieren. Und jeder kennt ähnliche Situationen, weil jeder eine Familie hat.»

Ihre kommenden zwei Projekte drehen sich beide um einen Vater-Tochter-Konflikt: Für die ARD drehte Bettina die Serie «37 Sekunden», die Ende Jahr ausgestrahlt werden soll. Bald führt sie zudem Co-Regie für das erste grosse deutschsprachige Projekt des US-Streamingdienstes Starz – eine Serie mit Jürgen Vogel in der Hauptrolle.