Ein Kindertraum wird wahr

Eine Woche lang berichtet die «Schweiz aktuell»-Moderatorin vom Bundeslager der Pfadi. Sie freut sich sehr darauf, in diese Welt einzutauchen. Denn als Mädchen wäre sie gerne Pfadfinderin gewesen, aber Mama erlaubte es nicht.

Auf dem Foto sieht es so aus, als wäre sie einst eine von ihnen gewesen, aber der Schein trügt: Sabine Dahinden (53) war nie in der Pfadi. «Das wäre ich aber sehr gern, weil mein Vater immer so tolle Geschichten von damals erzählte. Aber meine Mutter wollte uns vier Kinder lieber unter ihren Fittichen behalten, statt ins Pfadilager ziehen zu lassen.» Die Alternative, die sie ihnen bot, hatte es aber in sich: Viele Jahre verbrachte die Familie die Sommerferien in einem Bauernhaus in Seelisberg UR. «Wir hatten ein Massenlager in der Stube, spielten draussen die Waldabenteuer nach und stellten uns das unbekannte Pfadileben sehr glorios vor», erinnert sie sich. Ob sie und ihre Geschwister damals ein realistisches Bild hatten, wird sie wissen, wenn sie vom 25. bis 29.7. für «Schweiz aktuell» (werktags, 19 Uhr, SRF1) vom Bundeslager berichtet. 800 Gruppen reisen an, zu ihnen gesellen sich 300 Pfadis aus dem Ausland. Sie freue sich sehr aufs BuLa, sagt sie: «Alle, die ich im Vorfeld getroffen habe, strahlen eine grosse Begeisterung aus, und alle sprechen von einem extremen Zusammenhalt untereinander.» Natürlich hoffe sie, dass in der Liveschaltung um 19 Uhr nicht gerade alle am Znacht seien. «Damit ich die Kinder fragen kann, wie ihnen all die Aktivitäten gefallen.» Und ob sie Heimweh hätten, ergänzt sie. «Denn ich litt mit zwölf Jahren noch furchtbar darunter.» Von den 30000 Pfadis, die vom 23. Juli bis 6. August im Walliser Goms ihre Zelte aufschlagen – der Lagerplatz zwischen Obergesteln und Geschinen erstreckt sich über 170 Fussballfelder–, haben das hoffentlich nur wenige. Im Vorfeld traf Sabine Dahinden SBB-CEO Vincent Ducrot und besuchte mit ihm seine alte Pfadi in Fribourg. «Ich fand es sehr eindrücklich, ihn in einer so anderen Rolle zu sehen.» Sie lacht, als sie erzählt, wie sich Ducrot, kaum hatte er eine Pfadikrawatte umgebunden, in seine Kindheit zurückversetzt fühlte. Und mit seinen Business-Schuhen am Boden herumgekrochen sei. «Auch er trägt die Lager als wichtige Erinnerung durchs Leben, insbesondere jenes in Norwegen sei eine Erfahrung, die ihn für immer geprägt habe.» Ja, auf solche Erlebnisse sei man als Nicht-Pfadi dann doch ein bisschen neidisch. 5000 ehrenamtlich Helfende stehen im Einsatz. «Es gibt Sanitätsposten, der Zivilschutz ist vor Ort», zählt sie auf, «die Armee stellt 120 Leute, die Kapo 40 und die Pfadi 40 Feuerwehrleute.» Eine Herausforderung sei auch die Verpflegung: Pro Tag würden allein schon fünf Tonnen Brot benötigt. «Und es gibt jeweils zwei Menüs, Fleisch und Vegi. Mich interessiert, ob das Klischee zutrifft, dass Kinder heute wählerischer sind mit dem Essen.» Das alles kostet 25 Millionen. Kein Wunder, denn das BuLa mit dem Motto «mova» ist das grösste aller Zeiten. Was sich wiederum dadurch erklärt, dass die Pfadi hierzulande einen Boom erlebt: Im März 2022 zählte die grösste Schweizer Jugendbewegung 50000 Mitglieder, so viel wie seit 2002 nicht mehr. Wie erklärt sich Dahinden den Zulauf? Gewisse Eltern, meint sie, seien wohl überbeschützend, umgekehrt gäbe es aber andere, die es gut fänden, dass ihre Kinder wie einst sie selbst ohne Aufsicht von Erwachsenen und auch ohne Handy Zeit in der Natur verbringen. «Nicht zu vergessen die Führungserfahrung, die man dort machen kann.» Das dadurch erlangte Selbstbewusstsein beobachte sie an ihrem Gottemeitli. «Ich finde das toll!» Und wie findet die Gomser Bevölkerung den Anlass? «Anfänglich war sie etwas skeptisch», weiss Sabine Dahinden, «die Bauern hatten Angst um ihre schönen Matten. Aber sie erhalten natürlich Entschädigungen.» Jetzt denke man, dass das alles durchaus interessant sein könnte für den Tourismus. Unter den 28000 an den Besuchstagen erwarteten Pfadifans sind sicher ein paar künftige Feriengäste.