«Diese Freundschaft ist ein Geschenk für mich»

Eine Freundin zu haben, mit der man Freuden und Sorgen teilt, ist für die Schlagersängerin wertvoll. Und so bereichert Florence ihr Leben. Dennoch ist sie auch gerne alleine, nimmt sich bewusst Zeit für sich selbst.

Noch sind Sommerferien, und deshalb ist das Oberstufenzentrum Worbboden verwaist. Eine gute Gelegenheit für Francine Jordi (44) und Florence Dinichert (44), ihrer ehemaligen Schule in Worb ohne Auf­sehen einen Besuch abzustatten. Dank der freundlichen Unterstützung von Hauswart Thomas Wymann dürfen sich die Bernerinnen ungestört in den Räumlichkeiten umschauen und in Erinnerungen schwelgen. Dabei wird viel gelacht. Auch wenn die gemeinsame Schulzeit nur kurz war, freundeten sich die Teenager an und legten den Grundstein zu einer innigen Freundschaft, die bis heute andauert.

GlücksPost: Welche Erinnerungen haben Sie an die Schulzeit?

Francine Jordi: Florence und ich lernten uns erst in der fünften Klasse kennen und besuchten nur zwei Jahre die gleiche Schule. Die Freizeit haben wir damals nie zusammen verbracht. Ich war an den Wochenenden oft mit meiner Familie unterwegs zu Gesangs­auftritten, Florence hat viel Sport getrieben.

Und wie nahmen Sie Florence wahr?

Als sehr zielstrebig und super intelligent, aber auch überaus herzlich und hilfsbereit. Sie wusste immer, was sie will. Mir war gar nicht bewusst, wie talentiert sie schon damals im Sport war. Ich habe sie leider nie bei einem Wettkampf erlebt.

Florence Dinichert: Unsere Freundschaft hat sich auf die Schule beschränkt. Daneben lebte Francine mit der Musik ihre Passion, ich hatte den Sport. Sie war ein sehr fröhliches Meitschi. Als ich nach der sechsten Klasse ins Gymna­sium wechselte, verloren wir uns situationsbedingt aus den Augen.

Francine Jordi begann nach der Sekundarschule das Studium am Konservatorium, startete nach dem Sieg am Internationalen Grand Prix der Volksmusik 1998 ihre musikalische Karriere. Florence Dinichert verschrieb sich dem Spitzensport, nahm an den Olympischen Spielen 2000 in Sydney im Modernen Fünfkampf teil und betreut heute in dieser Disziplin als National-­Coach die Kader-Athletinnen und -Athleten.

Und wie haben Sie sich ­wiedergefunden?

Florence Dinichert: Nach meinem sportlichen Highlight wurde ich im Jahr 2000 zusammen mit einem weiteren Sportler mit dem Kulturpreis Worb geehrt. Fran­cine trat an diesem Anlass als Sängerin auf. Was für ein Glück für uns beide!

Francine Jordi: Ich glaube, wenn es schon Handys ­gegeben hätte, als unsere Wege sich trennten, dann wäre der ­Kontakt zwischen uns nie ab­gebrochen. Wenn wir uns jetzt ein paar Wochen nicht sehen, weil beide beschäftigt sind, schreibt man sich WhatA­app und knüpft dort an, wo man aufgehört hat.

Was bedeut Ihnen diese ­Freundschaft?

Francine Jordi: Eine Beziehung über so viele Jahre ist unglaublich wertvoll. Sie gibt Kraft, man kann sich gehen lassen, und es kommt so viel zurück. So eine Freundschaft ist ein Geschenk des Lebens, etwas Kostbares, Tiefes und für mich eine Herzensbindung.

Florence Dinichert: Ich sehe das ­genauso. Und wenn wir uns halt nicht so oft persönlich treffen konnten, so fühlten wir uns ­dennoch nahe. Für uns zählt die Qualität der Zeit, die wir zusammen verbringen, nicht die Quantität.

Wie gross ist das gegenseitige Vertrauen?

Florence Dinichert: Francine weiss eigentlich alles von mir. Und bei ihr ist es gut aufgehoben. Sie ist eine sehr enge Vertrauensperson und versteht mich. Sie war für mich auch in einer Phase, in der es mir privat nicht gut ging, eine grosse Stütze. In solchen Zeiten merkt man, wie tief eine Freundschaft ist.

Francine Jordi: Florence weiss auch fast alles von mir. Sie ist eine derjenigen Personen, die mir am nächsten sind.

Doch auch sie wusste nichts von der schweren Krankheit ihrer Freundin. Im Mai 2017 wurde bei Francine Jordi Brustkrebs in einem sehr frühen Stadium diagnostiziert. Nach der Entfernung des Tumors unterzog sie sich einer Chemotherapie und schloss die Behandlung im Dezember nach einer Bestrahlungstherapie erfolgreich ab.

Francine Jordi: Ich habe bewusst niemanden meiner Freunde eingeweiht. Nur die Familie und mein Management wussten Bescheid. Als ich im Herbst mit der Chemotherapie fertig war, habe ich es meinen Freunden gesagt. Das war etwa ein halbes Jahr, bevor es öffentlich bekannt wurde. Alle haben meine Entscheidung akzeptiert und verstanden, warum ich diesen Weg gewählt habe.

Wie haben Sie davon erfahren?

Florence Dinichert: Wir haben uns im November bei einem Abendessen getroffen. Dabei habe ich viel von mir erzählt, durfte richtig abladen. Ja, und dann hat Francine erzählt. Es ging mir ans Läbige. Wenn man jemanden wirklich gern hat, dann schmerzt so etwas noch viel intensiver. Ich konnte nichts anderes tun, als sie innig in die Arme schliessen. Mit ihrer positiven Art hat sie mir den Schock etwas genommen.

Francine Jordi: Wir reisten später gemeinsam nach Hamburg und verbrachten dort ein super Wochenende. Ich habe zu Florence gesagt, dass es der letzte Ausflug mit «Lisi» sei, so nannte ich meine ­Perücke. Danach wurde meine Erkrankung öffentlich.

Um welche Eigenschaft ­beneiden Sie Ihre Freundin?

Florence Dinichert: Ich bewundere Francine für ihre Lebenseinstellung, wie sie mit schwierigen Situationen und Schicksalsschlägen umgeht. Ich wünschte, ich könnte dies genauso gut. Sie ist unglaublich stark.

Francine Jordi: Ich glaube, Florence hat keinen inneren Schweinehund (lacht). Sie macht viel und gerne Sport, ist so fit. Das komplette Gegenteil von mir. Ich bin eine faule Socke! Wenn wir zusammen spazieren oder wandern gehen, dann passt sie sich meinem Tempo an. Das finde ich grossartig.

Wenn Sie sich selbst etwas Gutes tun, dann machen Sie bestimmt keinen Sport.

Francine Jordi: Richtig. Ich bin gerne alleine und nehme mir immer bewusster Zeit für mich. Ich kann dann meditieren, über den Sinn des Lebens nachdenken, Bücher lesen, Vorträge hören. Auch auf den Spaziergängen mit meinem Hund Theo lasse ich mich selten begleiten. Ich kann nicht immer nur geben, sondern muss auch zu mir selbst finden, mich in die Mitte setzen und wieder aufladen können.

Auf Ihrer neuen CD «Herzfarben» thematisieren Sie Ihr Alter, singen voller Lebensfreude den Titel «Ab 44». Steht die Aussage «Man kann alles, aber muss nichts mehr» für Ihr aktuelles Lebensmotto?

Francine Jordi: Ja, das stimmt. Ab etwa 35 Jahren hat sich so ganz langsam die Gelassenheit bei mir eingeschlichen. Wenn mir nach Turnschuhen ist, dann ziehe ich sie an und fühle mich darin ebenso sexy und genauso als Frau wie in High Heels. Die Selbstliebe wird grösser, je älter man wird. Man lässt sich immer weniger von aussen beeinflussen. Ich bin auch immer weniger bereit, Kompromisse einzugehen. Man lebt nur einmal. Ich will es in diesem Leben schön haben und möchte das tun, was für mich stimmt. Wenn es mir gutgeht, kann ich auch anderen helfen. Nur so ist es mir möglich, auf der Bühne zu strahlen und den Leuten Energie zu geben.

Ihre gleichaltrige Freundin ist Mutter des 11-jährigen Julien und der 13-jährigen Vivienne. Beneiden Sie Florence um ihre Kinder?

Francine Jordi: Nein, den Wunsch nach Kindern habe ich so nicht gehabt. Für mich stimmt es, wie es ist. Ich bin gerne mit den beiden zusammen, sie sprühen vor Lebensfreude und sind so lieb. Kinder sind nicht mein Weg gewesen. Ich bin wohl für etwas anderes hier.

Für Kinder braucht es auch den richtigen Partner. Den zu finden, wird nicht einfacher, je älter man wird.

Francine Jordi: Das sehe ich nicht so! Wenn ich bereit bin für eine Beziehung und das Gegenüber auch, dann wird mir das Uni­versum den Partner hinstellen. Es gibt so viele aussergewöhnliche Liebesgeschichten. Bei mir hat es halt bisher nicht sein sollen. Ich habe auch meine Baustellen im Leben, aber ich bin glücklich und zufrieden. Eine Partnerschaft muss für mich das i-Tüpfchen sein, ein Mehrwert im Leben. Ich will keinen Partner, der mich glücklich macht, ich mache mich selbst glücklich. Ich will einen Partner, mit dem ich mein Glück teilen kann. Nur ist der noch nicht da. Es kommt alles zur richtigen Zeit.