Die Angst spielt nun mit

Vor vier Jahren kam der Tennis-Champ nach einer Verletzung gestärkt zurück. Die Situation war ähnlich wie heute. Aber die Angst vor dem Ende ist gross!

Wenn sich die Geschichte wiederholt, ist das in der Regel kein gutes Zeichen. Doch in Roger Federers Fall beflügelt die Aussicht auf ein Déjà-vu Fans, Turnierveranstalter, Sponsoren und nicht zuletzt ihn selbst. Der 38-Jährige verweist bereits in dem Tweet, in dem er der Öffentlichkeit seinen Rückzug von der ATP-Tour bis Ende Jahr bekannt gibt, auf die Parallelen zu seiner längeren, ebenfalls krankheitsbedingten Auszeit vor vier Jahren: «Ähnlich wie im Vorfeld der Saison 2017 werde ich mir die nötige Zeit nehmen, um zu hundert Prozent auf höchstem Level spielen zu können. Wir sehen uns am Tour-Start 2021.»

Rückblick: 2016 spielte Federer gerade sieben Spiele, holte keinen einzigen Titel. Nachdem er in Wimbledon im Halbfinal scheiterte, sagte er wegen anhaltender Knieprobleme alle weiteren Turniere für das laufende Jahr ab. Und dann: Das grosse Comeback! In einem epischen Fünf-Satz-Spiel bezwang er im Final der Australian Open 2017 Rafael Nadal (34).

Nun ist der Schweizer vier Jahre älter, musste eine weitere Knie-Operation über sich ergehen lassen. Nicht alle Vorzeichen sind gleich wie damals. Sollte sich die Geschichte nicht wiederholen, dürfte Federer nicht lange fackeln. Kann er nicht auf seinem gewohnten Top-Niveau spielen, wird er einen Rücktritt dem leisen Verschwinden in die hinteren ATP-Ränge vorziehen.

Unvorstellbar: Tennis ohne Federer! Es wäre nicht nur für den Maestro tragisch. Die ganze Tenniswelt baut auf ihn: Nach dem Abgang von André Agassi (50) und Pete Sampras (48) drohte dem Sport das Fehlen von starken Spielern mit Charakterköpfen. Diese Lücke füllte Roger und tut es bis heute. Ist er an einem Turnier gemeldet, freut sich der Veranstalter über ein ausverkauftes Haus.

Federer ist der meist verehrte Spieler, verzaubert sogar Nicht-Tennis-Interessierte mit seinen magischen Auftritten. So viel Fan-Liebe, Respekt, Glamour, Ruhm und Können vermag kein anderer Sportler zu bündeln. Die Welt ist süchtig nach Federer. Sollte nicht bald einer auftauchen, der in diese grossen Fussstapfen treten kann, droht dem Tennisspiel eine Flaute. Schlimmer als Mitte der 00er-Jahre, wo Agassi und Sampras die Tour verliessen.