Das Singen half ihr gegen die Krankheit

Ein spezieller Auftritt – nicht nur für sie. Bei Carmen Nebel erzählt die Sängerin von ihrem Kampf gegen den Krebs. Und wie sie trotzdem nie den Mut verlor.

Es werden sentimentale Minuten hinter den Kulissen. Wenn Francine Jordi (41) am 29. September gegen 21 Uhr auf ihren Show-Auftritt wartet. Wenn sie hört, wie sie von Carmen Nebel angekündigt wird. Wenn sie sich bereitmacht für den Gang ins Rampenlicht. Alle Augen sind dann auf sie gerichtet – auf die Sängerin Francine Jordi, die seit 20 Jahren immer wieder in den Nebel-Shows auftritt. Das erste Mal 1998 als junge Frau aus Worb BE, die gerade den «Grand Prix der Volksmusik» gewonnen hatte. Wenn sie heute wieder die ZDF-Showtreppe hinuntersteigt, dann umwehen viele Erinnerungen jeden ihrer Schritte. Auf jeder Stufe warten unvergessliche, denkwürdige Momente, die Francine Jordis Entwicklung vom Volksmusikmädchen zum glamourösen Schlagerstar abbilden. Von Auftritt zu Auftritt zeigte sie sich stets selbstbewusster, reifer, weiblicher.

Doch 2018 steigt sie nicht nur als Sängerin die Showtreppe hinunter: Diesmal geht es auch um eine andere Seite ihres Lebens – um ihre schwere Krankheit. Francine Jordi hatte Brustkrebs. Und in «Willkommen bei Carmen Nebel» wird Geld für die Deutsche Krebshilfe gesammelt. Ihr Auftritt wird zu einem Schlüsselmoment: Sie erzählt auch von ihrem Schicksalsjahr 2017.

«Nichts ist selbstverständlich», sagt Jordi heute zur GlücksPost, «am wenigsten die Gesundheit.» Um die hat sie gekämpft: 2017 erlebte sie die schwerste Zeit ihres Lebens, musste eine Operation, Chemotherapie und Bestrahlung über sich ergehen lassen. Verlor ihr Haar, aber nie den Mut. «Ich habe meine Notlage sehr früh akzeptiert und mich voll auf das Gesundwerden meines Körpers fokussiert. Und das mit ganz viel positiver Energie und positiven Gedanken.» Wissend, dass der Tumor im absoluten Frühstadium entdeckt wurde, die Chance auf Genesung sehr gut war. «Das erachtete ich als grosses Glück.»

Dankbar ist sie natürlich den hervorragenden Ärzten und der Medizin. «Das ist auch ein Grund, warum ich bei Carmen Nebels Show mitwirke.» So kann sie etwas zurückgeben von all der Hilfe, die sie selbst erfahren hat. «Es war eine schwere Zeit», sagt sie, «aber mir ist bewusst: Viele Menschen haben eine solche Zeit hinter sich oder machen sie gerade durch. Ich bin sehr dankbar für meine Gesundheit, geniesse mein Leben jetzt sicher noch bewusster, versuche, aus jedem Tag das Beste herauszuholen.»

Francine Jordi singt bei Carmen Nebel ein Lied ihrer neuen CD, die «Noch lange nicht genug» heisst. Das passt: Es ist ein Album voller Optimismus und Lebensfreude, ihre Botschaft zu diesem Thema. «Natürlich haben mich die Diagnose und diese Monate geprägt», sagt sie. «Ich bin viel gelassener geworden, höre noch mehr auf meinen Körper. Ich lebe den Moment und schaue nach vorne.» Mit dem Auftritt bei Carmen Nebel will sie vor allem helfen und Spenden sammeln. Und es ist auch ein Dank an Carmen Nebel, die eine grosse Rolle in ihrer Karriere gespielt hat. «Carmen ist eine unglaublich starke Frau. Kein Sturm bringt sie aus der Fassung, und trotzdem ist sie ein wunderbarer Herzensmensch, bedankt sich immer schriftlich. Und sie hat mir sofort nach der Pressemitteilung wegen meiner Krankheit einen Brief geschrieben.» Das habe ihr viel bedeutet.

Besonders Kraft gaben ihr die Eltern und die beiden Schwestern. «Wir sind eine sehr starke Familie, die schon einige Schicksalsschläge zu verdauen hatte. Sie haben mir sehr viel abgenommen. Für sie war die Situation nicht einfach, aber sie merkten auch, dass ich nicht umkippe. Und das erleichterte es für sie.» Geholfen hat Francine Jordi in dieser Zeit aber auch der Rat ihrer Grossmutter, an den sie sich bis heute hält. «Mein Grosi hat mir als Kind gesagt: Schau, dass du aus jedem Tag etwas Positives mitnimmst. Daran halte ich mich seither, bin dankbar, was ich schon alles erlebt habe, was ich erreichen und erfahren durfte.»

Hatte es die Single-Frau nie vermisst, einen Mann an ihrer Seite zu haben, der ihr beisteht? «Nein. Ich war so sehr auf mich selbst fokussiert, dass es vielleicht sogar belastend gewesen wäre mit einem Partner. Der Krebs war wie ein Bürdeli in meinem Rucksack, das niemand anders ausser mir tragen konnte. Ich wollte bei der Genesung ganz egoistisch sein und währenddessen auf niemanden Rücksicht nehmen müssen.»

Eine wichtige Rolle spielte für sie in der ganzen Zeit auch das Singen: Francine liess sich davon auch während der Behandlungszeit nicht abhalten. «Ich wollte mein Leben möglichst normal weiterlaufen lassen. Die Konzerte machten mir grosse Freude, gaben mir so viel Kraft, obwohl ich einige wegen meiner körperlichen Verfassung fast nicht durchstand.» Es sei ihr wichtig gewesen, einen Gegenpol zur Krankheit zu haben. Etwas, worauf sie sich freuen konnte. «Es war extrem schön zu erfahren, dass die Leute ganz normal mit mir umgegangen sind. Was ich auf der Bühne mache, ist Leidenschaft. Das ist Liebe. Zu singen ist immer noch das Schönste in meinem Leben. Das hat mir auch geholfen, dass ich mich nicht zu sehr fallen lassen konnte.»