Die Seele von innen nähren

Reden wir von Ernährung, so geht es meist um körperliche Gesundheit und Abnehmen. Inwieweit aber beeinflusst das, was wir essen, auch unser Gehirn und die mentale Gesundheit?

Psychische Krankheiten zählen zu den heutigen Volkskrankheiten – nicht erst seit Corona. Laut Experten und Expertinnen erleben rund 50 Prozent der Schweizer Bevölkerung einmal im Leben eine psychische Beeinträchtigung. Jede achte Person hierzulande nimmt Medikamente gegen Depression, Angststörungen oder andere psychische Erkrankungen.

Wäre es darum nicht schön, wenn es Lebensmittel gäbe, die mithelfen, Depression, Angst- oder Zwangsstörung, ADHS, Suchterkrankungen und Schlaflosigkeit zu lindern? Tatsache ist: Zunehmend gibt es wissenschaftliche Studien, die belegen, dass die richtige Ernährung die Behandlung dieser Erkrankungen wesentlich unterstützen kann.

Eine weltweit führende Expertin auf diesem Gebiet ist Dr. Uma Naidoo – eine an der renommierten Harvard-Universität ausgebildete Psychiaterin, die zugleich professionelle Köchin und Ernährungsspezialistin ist. In ihrem viel beachteten Ratgeber, der nun auch auf Deutsch vorliegt, zeigt sie auf, welche Lebensmittel und Nährstoffe für seelisches Wohlbefinden wichtig sind und welche eher schaden. Ihr Interesse für das Thema kommt nicht von ungefähr: Sie wuchs in einer indischen Familie auf, in der Ayurveda praktiziert wurde und Ernährung sowie Gewürze eine zentrale Rolle für die Gesundheit spielten.

Die Beziehung zwischen Darm und Gehirn

Im Zentrum ihrer Untersuchungen steht die sogenannte Darm-Hirn-Achse: «Darm und Gehirn stammen aus den gleichen Embryozellen. Sie bilden dann zwei Organe, die in verschiedenen Teilen des Körpers untergebracht sind. Durch den Vagusnerv bleiben sie aber lebenslang verbunden», erklärt Dr. Naidoo. Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Da der Vagusnerv die Darmwand durchdringt, spielt er eine wichtige Rolle beim Verdauen von Nahrung. Umgekehrt beeinflusst das, was wir essen, die Signale, die der Darm ans Gehirn sendet. «Wenn Ernährung, Stress oder andere Probleme die Zusammensetzung der Darmbakterien verändern, kann dies negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben», so die Psychiaterin. Es hat sich beispielsweise gezeigt, dass Lebensmittel, die stark verarbeitet sind, sowie solche, die reich an gesättigten Fettsäuren sind, Angstzustände verschlimmern. «Der Hauptgrund, warum Darmbakterien einen so starken Einfluss auf die psychische Gesundheit haben, ist, dass sie für die Herstellung vieler Botenstoffe wie Dopamin oder Serotonin zuständig sind, die Stimmung, Gedächtnis und Aufmerksamkeit regulieren.» Das Glückshormon Serotonin beispielsweise wird zu 90 bis 95% im Darm gebildet.

Was soll ich nun essen?

In ihrem Ratgeber geht die Expertin ausführlich auf die verschiedenen psychischen Erkrankungen ein und gibt klare Tipps, was hilft und was gemieden werden sollte. So sind bei Depression etwa Mittelmeerkost, Probiotika, Präbiotika, gesunde Fette wie Olivenöl oder Omega-3-Fettsäuren von fetten Fischen angesagt. Zum Würzen Safran, Kurkuma, Oregano oder Lavendel. Bei Angststörungen braucht es gute Ballaststoffe aus Vollkornreis, Bohnen oder Beeren, Fermentiertes wie Naturjogurt, Kombucha oder Kimchi, Tryptophan aus Truthahn oder Kichererbsen sowie Magnesium. Bei ADHS empfiehlt Dr. Uma Naidoo einen Schoko-Protein-Smoothie zum Frühstück, Vitamin C und B, Zink, Eisen, Kalium und Magnesium sowie Polyphenole aus Beeren, Kirschen, Auberginen oder Zwiebeln. Aufpassen sollte man bei Lebensmittelfarben und -zusätzen. Bei Schlafstörungen und Erschöpfungszuständen rät die Ernährungsexpertin u. a. zu Omega–3-Fettsäuren (Lachs), Melatonin aus Eiern, Milch, Reis, Gerste und Haferflocken, zudem Kamillentee, Gerstengraspulver und Chili.