Kluge Wüstentiere

Als Lasttier des Samichlaus sind Esel in diesen Tagen wieder fleissig im Einsatz und sehr beliebt. Ansonsten haben sie ­allerdings einen zweifelhaften Ruf und werden oft auch falsch gehalten – weil ihrer Herkunft zu wenig Rechnung getragen wird.

Leuchtende Kinderaugen: Dafür sorgen derzeit viele Esel – wenn sie mit Samichlaus und Schmutzli durch die Gegend ziehen. Im Grunde aber ist das der einzige Zeitpunkt im Jahr, an denen sie im Fokus stehen. Nicht so bei Edith Müller aus Grasswil BE, die sich seit 30 Jahren für sie einsetzt und ebenso wie ihr Mann im Stiftungsrat der Stiftung Esel in Not (www.eselinnot.ch) sitzt, die sich unter anderem um schlecht gehaltene Esel kümmert und Esel vermittelt.

Auf ihrem ­eigenen Hof leben fünf der Lang­ohren (www.eselmueller.ch): «Sie alle wären sonst nicht mehr unter uns», erzählt sie. «Leider haben Esel heute weder einen guten ­Stellenwert noch überhaupt einen Wert: Sie sind unglaublich günstig zu haben. Und statt sie bei Krankheit vom teuren Tierarzt behandeln zu lassen, geht es zum Metzger – es ist ja günstiger, einen neuen zu kaufen.»

Oft werden Esel verkannt, das fange schon bei der Haltung an. Sie gehören zwar zur Familie der Pferde, ihre Bedürfnisse sind aber komplett anders: «Was sie brauchen, ist ein Stall mit mindestens drei Wänden, weil ihnen Durchzug schadet. Und einen trockenen Platz als Auslauf, zum Beispiel mit Sand als Untergrund», erzählt Müller, die Schulungen zum Thema gibt. «Für die Weidehaltung sind Esel nicht geeignet, diese macht sie sogar krank.» Noch weniger als Pferde ­vertragen sie zu viel Gras, können ­Koliken und Hufrehe be­kommen.

Als Wüstentiere sind ihre Körper auf trockene Nahrung und Untergründe ausgerichtet. Und was ist mit dem Vor­urteil, dass Esel dumm und stur sind? Nur Gemein­heiten! Sie mögen es, Neues zu lernen und beschäftigt zu werden, etwa als Kutschentiere im Einsatz zu sein. «Dass sie als starrköpfig gelten, kommt daher, dass sie bei Gefahr stehen bleiben», sagt die Expertin. «In den Randregionen der afrikanischen Wüsten, wo sie heimisch sind, gibt es viel Geröll, Sand und Steine. Würden sie bei Angst flüchten, wäre eine Verletzung fast sicher – und ihnen drohte der Tod.» Die Grau­tiere seien sogar intelligenter als Pferde, die bei Gefahr un­gestüm losrennen würden. Ein Esel flüchte zwar auch, aber nur, wenn es die bessere Variante sei. Wenn er ­renne, dann habe er es so entschieden.

«Du Esel!» darf man also getrost als Kompliment werten!