Warm wie eine Daunenjacke

Er jagt im Eiswasser, doch warum friert er nicht? Fischotter sind wahre Körpertemperatur-­Künstler: Dank der dichten Unterwolle ihres Fells kann kaltes Wasser nicht bis zu ihrer Haut gelangen. Im Pelz gefangene Luftbläschen isolieren die Tiere zusätzlich.

Ein kurzer Sprint, ein paar verspielte Hüpfer – schon schliddert er bäuchlings den verschneiten Hang hinunter. Der Fischotter kennt keine Winterruhe und auch keinen Winterschlaf. Im Gegenteil: Er muss trotz Kälte und Schnee auf die Jagd, ins eisige Wasser! Denn er futtert vor allem eines: Fisch, sehr viel Fisch.

Um nicht zu verhungern, muss der Wassermarder Tag für Tag 15 bis 25  Prozent seines Körpergewichts runterschlingen. Ein 10  Kilo schweres Männchen benötigt also 1,5 bis 2,5  Kilo Fisch. Nicht bloss eine frostige, sondern auch eine zeitaufwendige Angelegenheit. Und so ist der Otter im Winter gut fünf Stunden täglich auf der Jagd. Wie macht er das, ohne zu (er-)frieren? Schliesslich muss er ja als Säuger seine Körpertemperatur konstant bei rund 38  Grad halten. Eine wärmende Fettschicht hat der Fischotter nicht, sein Geheimnis liegt im Fell. Das ist mit bis zu 80 000 Haaren pro Quadratzentimeter sehr dicht.

Wobei die Haare, die man von aussen sieht, nur einen Bruchteil ausmachen: Von 100 Haaren zählt gerade mal eines zu den 2 Zentimeter langen Deckhaaren, der Rest ist Unterwolle. Das ist aber noch nicht alles, seine besondere Oberflächenstruktur verleiht dem Haar eine optimale Isolationsfähigkeit, wie amerikanische Biologen herausgefunden haben.

Unter dem Rasterelektronenmikroskop entdeckten sie auf der Oberfläche der Unterwolle und an der Basis der Deckhaare keilförmige Lamellen und Rillen. Diese greifen wie Zahnräder nahtlos ineinander. So dringt zwar Wasser ins Fell ein, aber nicht bis zur Haut. Der Otter bleibt trocken.

Zudem «fängt» das netzartige Geflecht Luftbläschen ein. «Die Luft in den Haaren ist gut 10  Grad wärmer als die Umgebung», erklärt der Studienleiter Prof. John W. Weisel. «Ob Luft oder Wasser, der Marderpelz hält warm wie eine gute Daunenjacke.» Die Luftschicht funktioniert so gut, dass sich der Fischotter bei der regelmässigen Fellpflege gar aktiv Luft reinbläst. Und auch die Rollmanöver im Schnee dienen demselben Zweck.

Besonders wichtig für die Jagd sind funktionstüchtige Sinnesorgane. Wie Wärmebildfotos zeigen, sind die Ohren und die Augen stets am wärmsten. Ausserdem die Hautstellen, an denen sogenannte Vibrissen spriessen: Mit diesen Schnauzhaaren spürt der Fischotter selbst im trüben Wasser Fische auf. Auch nach einem ausgedehnten Tauchgang im Eiswasser liegt die Temperatur der Vibrissen-Haut noch bei mindestens 15  Grad.

Bei so guter Isolation macht Bauchschlitteln natürlich doppelt Spass.