Unglaubliche Buddelkraft

Das Graben ist seine grosse Stärke: Der Silberdachs jagt unterirdisch Nager oder gräbt Kadaver ein. 

Von Nathalie Chiavacci

Es war der Fund seines Lebens. 25 Kilo Fleisch und keine Seele weit und breit. Der Silberdachs machte sich ans Werk: In nur fünf ­Tagen brachte er seinen Fund unter die Erde – darüber staunten sogar die Wissenschaftler.

Der US-Biologe Evan Buechley deponierte im Januar 2016 in der Wüste Utahs die Kadaver von sieben Kälbern. Er liess in der Nähe Kameras mit Bewegungssensoren verstecken, um damit das Verhalten von Aasfressern zu beobachten. Mit dem Dachs hatte er zuletzt gerechnet. Als an Tag 6 ein Kadaver fehlte, dachte der Biologe, ein paar ­Kojoten hätten den Fleischbrocken verschleppt. Doch die Bilder seiner Kameras zeigten etwas anderes: Der «Täter» war ein zielstrebiger Silberdachs.

Wie bringt ein sieben Kilo schweres Raubtier einen mehr als dreimal schwereren Kadaver unter die Erde? Mit einer klaren Buddel-Strategie. Zuerst grub der Dachs mehrere Tunnel unter dem Kadaver durch, bis der ­Boden in eine Grube absackte. Dann bedeckte er die ganze Herrlichkeit mit Erde und baute sich eine Nebenhöhle, wo er schlief und während elf Tagen im Fleischrausch schwelgte. «Ich war schockiert vom Fakt, dass die Dachse eine Nahrungsquelle so vollkommen monopolisieren und dominieren ­können», sagt Dr. Buechley. Dass die Dachse im Erdreich regelmässig Fleischvorratskammern anlegen, war bekannt: Dort ist es geschützt vor dem Zugriff anderer Aasfresser und bleibt länger frisch. Bis zu den Bildern aus der Wüste glaubte man allerdings, dass ein wilder Hase so ziemlich das Grösste sei, was der Silberdachs einbuddeln kann.

Alles am Silberdachs ist aufs Graben ausgerichtet: Sie haben sehr gut bemuskelte Arme, ihre bis fünf Zentimeter langen Krallen sind messerscharf. So können sie sich selbst durch trockenes hartes Erdreich mit Leichtigkeit hindurchpflügen. Der Kopf ist trichterförmig – perfekt, um durch Tunnel zu flitzen. Die Augen haben eine Nickhaut. Das «dritte Augenlid» schützt vor Dreck. Ihre Buddelausrüstung nutzen Silberdachse aber nicht nur, um unterirdisch Fleisch zu horten oder eine Höhle anzulegen. Sie graben damit pflanzliche Nahrung wie Wurzeln aus und gehen damit auf die Jagd nach Erdhörnchen, Taschenratten oder Maulwürfen. Ihr Spürsinn ist so gut, dass sie die Erdhörnchen bis einen Meter tief durch Erde oder Schnee riechen können.

Haben sie ihre Beute aufgestöbert, graben sie sich auf direktem Weg in ­deren Schlafgemächer – ein verheerender Angriff von oben! Den überrumpelten Erdhörnchen bleibt nur eins: ihr Höhlensystem verlassen und an der Oberfläche flink das Weite ­suchen. Eins ist der Dachs nämlich nicht: besonders schnell.