Süsse, stachelige Wanderer

Man sieht sie selten, dabei sind Igel derzeit sehr aktiv. Jede Nacht gehen sie auf lange und nicht ungefährliche Streifzüge. Um sich das Bäuchlein vollzuschlagen und nach Liebespartnern Ausschau zu halten.
 
Streicheln verboten, denn das wäre schmerzhaft! Lust dazu hätte man aber, denn Igel sind herzig, nur leider sieht man sie als nachtaktive Tiere sehr selten. Trotzdem: Die Chancen stünden im Moment eigentlich nicht schlecht. Schon vor rund einem Monat sind sie aus dem Winterschlaf erwacht und fleissig unterwegs.
Während der kalten Monate verlieren Igel bis zu 30 Prozent ihres Gewichts und müssen nun dementsprechend viel futtern. «Die Tiere sind Insektenfresser», sagt Bernhard Bader, Geschäftsführer des Vereins pro Igel. «Auf ihrem Speisezettel stehen Käfer, deren Larven wie auch die der Nachtschmetterlinge und Stechmücken. Ausserdem verzehren sie Regenwürmer, Schnecken, Spinnen, Hundert- und Tausendfüssler, seltener Asseln, ab und zu Aas.»
Gerade weil Igel so herzig sind, haben Tierfreunde häufig das Bedürnis, sie zu füttern. Bei gesunden Igeln ist das eigentlich nicht nötig, kranken oder sehr mageren Exemplaren gibt man am besten Katzenfutter – Milch vertragen sie nicht – und verständigt eine Igelstation (siehe www.pro-igel.ch). «Futternäpfe können zur Gefahr werden, wenn mehrere Igel dort fressen, weil so Parasiten übertragen werden können.»
Die Tiere sind eigentlich Einzelgänger – bis auf Ausnahmen wie jetzt: Es ist Paarungszeit. Und so sind die nächtlichen Igel-Spaziergänge in diesen Wochen nicht nur zur Futterbeschaffung da. Auf der Suche nach willigen Weibchen legen Männchen pro Nacht bis zu 6 Kilometer zurück. Bevor es zum Akt kommt,findet ein zweikampfähnliches Vorspiel statt, begleitet von prustenden, schnaufenden Geräuschen. Die Männchen gehen nach «getaner Arbeit» weiter ihrer Wege, auf der Suche nach neuen Partnerinnen. Igelmütter ziehen ihren Nachwuchs, der Ende Mai bis Anfang Juni zur Welt kommt, alleine gross.
Ob auf Weibchen- oder auf Futtersuche: Igel sind stets Gefahren ausgesetzt. «Ihre natürlichen Feinde sind hauptsächlich Uhu und Dachs. Diesen machen die Stacheln dank ihrer Krallen keine Probleme», erklärt Bernhard Bader. «Die grösste Gefahr ist aber die Zivilisation, allen voran der Strassenverkehr, durch den unzählige Tiere sterben.» Auch giftige Pflanzenchemikalien, Heckenschneider oder Vogelschutznetze können für sie tödlich enden.
Wir Menschen können den Igeln aber auch Gutes tun, so sind naturbelassene Gärten ein Paradies für sie. Bernhard Bader: «Die Tiere freuen sich, wenn man Laub liegen lässt und statt englischem Rasen eine abwechslungsreiche Wiese sät. In Asthaufen übernachten sie gerne, und auch Hecken sind ein beliebtes Versteck. Komposthaufen und Biotope sind willkommene Möglichkeiten, den Hunger, beziehungsweise den Durst zu stillen.» Wer also öfter so ein stacheliges, süsses Wesen sehen möchte, sollte eine Igel-Wohlfühloase schaffen – dann stehen die Chancen schon um ein Vielfaches besser!
 
Igel gesehen?
Um festzustellen, wie viele Igel in der Schweiz leben, führt die Organisation pro Igel eine Igel-Zählung durch. Wer einen gesehen hat, kann dies unter www.pro-igel.ch oder Tel. 044 767 07 90 melden.