Braunbrustigel
Stachelige Umgangsformen
Besonders freundlich ist ihr Umgang nicht: Wenn sich Braunbrustigel auf ihren Streifzügen begegnen, geht es recht ruppig zu und her.
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst! So der Grundsatz unter Igeln – beim Futtern oder sich Paaren. Klar kann man auch als Zweiter sein Glück versuchen, muss aber mit Gegenwehr rechnen. Dann wird gerammt, bis sich einer trollt.
Für so einen Ringkampf muss das Begehrte allerdings schon sehr interessant sein. «Meist ignorieren sie sich, oder sie schnauzen sich kurz an und gehen dann ihres Weges», erklärt Robert Zingg.Der Kurator des Zoo Zürich muss es wissen, denn er ist für seine Doktorarbeit Anfang der 90er den Schweizer Igeln gefolgt – über Golfplätze, durch Gärten, Hecken oder Bachtobel. 60 Igel hat er mit Sendern bestückt, denn die Tiere sind zwar klein, haben aber riesige Streifgebiete. Die Weibchen suchen etwa 20 Hektar ab, Männchen im Schnitt 175, «meine Nr. 35 kam gar auf 400 Hektar».
Warum dieser Unterschied? «Die Männchen suchen nicht nur Futter, sondern auch nach Weibchen. Mehr Wege, mehr Chancen», schmunzelt Zingg. Treffen die Geschlechter aufeinander, zeigen sich die Einzelgänger die kalte Schulter – ausser sie will. Dann ist Macho-Ausdauer gefragt! Nicht selten muss er sie stundenlang umkreisen, dabei wird er von ihr angefaucht und mit aufgestellten Stacheln abgewehrt. Ist sein Werben von Erfolg gekrönt, ist die Romanze schon vorbei. Er zieht weiter. 35 Tage später wirft sie 1 bis 5 Junge.
Damit der Nachwuchs gedeiht, zieht sie in ein frisches Nest – so hat es weniger Ungeziefer. Das ist nicht die einzige Umstellung. «Während Weibchen auf der Futtersuche im Schlendrian überall die Nase reinstecken, sind sie mit Jungen zügig unterwegs.» Der Nachwuchs will gesäugt werden.
Mit drei Wochen beginnen die Kleinen ihre Umgebung zu erschnüffeln – jeder auf sich allein gestellt! «Dabei lernen sie wichtige Dinge, wie etwa wo sich ein Loch im Zaun befindet. Sie bauen sich eine ‹Karte im Kopf› auf», erklärt Zingg. Das Gelernte vergessen sie nimmer, das lernte auch ihr Verfolger: Als ein Igel eine Böschung runterrollte, wartete der Biologe vergebens auf seine Rückkehr. Das Tier hatte über ein Brett flugs die Seite gewechselt.