Sind wir nicht tolle Kerlchen?

Allesfresser, Baukünstler, Schönling, Meister des Versteckens – auf ein Raubtier treffen all diese Begriffe zu: den Dachs. Rund 100000 leben in der Schweiz. Und bald noch mehr, denn es sind Jungtiere unterwegs.
 
Hübsch, dieses Streifenmuster im Gesicht. Es mutet fast etwas exotisch an – was es natürlich nicht ist: Schliesslich sind Dachse bei uns in der Schweiz zu Hause, und das in gar nicht so kleiner Menge. «Die genaue Bestandesgrösse zu sagen, ist unmöglich», sagt Simon Capt vom Centre Suisse de Cartographie de la Faune (CSCF), das die Verbreitung von Tieren in der Schweiz beobachtet. «Aber es werden wohl zwischen 50000 und 100000 Dachse sein.» In den 70er-Jahren waren es bedeutend weniger: Damals wurden Füchse wegen der Tollwut in ihren Bauen vergast, was auch unzählige Dachse das Leben kostete. Auch an der Tollwut selbst starben viele. Nicht in allen, aber in den meisten Gegenden hat sich der Bestand mittlerweile erholt.

Dachse sind bis auf über 2000 Meter anzutreffen, ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt aber in tieferen Lagen bis etwa 1200 Meter über Meer. Capt: «Das Wichtigste ist für sie die Bodenbeschaffenheit, denn sie müssen Höhlen graben können. Sie siedeln sich meist in Wäldern an, aber auch in Feldgehölzen, Hecken und buschigen Gebieten, meist in Hanglagen oder auch Felsbrüchen. In Feuchtgebieten sind sie wegen des Wassers weniger anzutreffen, wobei ihnen auch dort manchmal eine sandige Erhebung reicht.»
 
Die Gangsysteme liegen rund fünf Meter unter dem Boden und können riesig sein, Dutzende Ausgänge und Wohnkammern haben. Manchmal teilen Dachse sie sich mit Füchsen, wobei sich die Raubtiere aus dem Weg gehen. Die kleineren und körperlich schwächeren Füchse profitieren dabei, denn sie graben nicht annähernd so tiefe, grosse Höhlen. «Manche Dachsbaue werden jahrzehntelang von Generationen genutzt», erzählt Simon Capt. Die Anzahl Tiere, die darin leben, kann stark variieren. «Einige leben in grösseren Familienclans, es gibt aber auch Reviere, wo ein Paar dominiert und nur mit seinem Nachwuchs zusammenlebt.» Zurzeit, nämlich im Februar und März, kommen Jungtiere zur Welt. Einige werden etwa im Spätherbst ausziehen, sich ein eigenes Revier suchen, andere werden im Höhlensystem der Eltern bleiben. Üblicherweise zieht es die Männchen weiter fort.
 
Dass Dachse Spaziergängern kaum unter die Augen kommen,  ist klar: Sie sind nachtaktiv. Erst wenn es dunkel ist, verlassen sie ihren Bau, um sich den Bauch vollzuschlagen. Und noch bevor die ersten Sonnenstrahlen auftauchen, sind sie wieder darin verschwunden. Zuoberst auf dem Speisezettel der Tiere stehen Regenwürmer, Insekten und Kleinnager, aber heikel sind sie da nicht. «Ihre Nahrung besteht auch aus einem hohen Pflanzenanteil, wie Obst, Wildfrüchten, Getreide, Beeren oder Wurzeln – eigentlich fressen sie fast alles, was ihnen so vor die Schnauze fällt.» So auch Gelege von Vögeln oder Aas.

Und was hat es eigentlich mit dem Streifenmuster im Dachsgesicht auf sich? Capt: «Für Artgenossen könnte es eine Signalwirkung haben, gleichzeitig lösen sich dank ihm aber auch Konturen auf, was sie gut tarnt. Anderseits können potenzielle grössere Raubfeinde dadurch gewarnt werden, dass es sich hier um ein wehrhaftes Tier handelt. Ganz klar ist die Funktion aber auch Wissenschaftern nicht.» Macht ja nichts: Schön sehen sie auf jeden Fall damit aus!