Przewalski-Pferde: Wir lieben die Freiheit!
Sie sind kaum zähmbar, robust – und für den WWF die Gewinner des Jahres 2011. Przewalski-Pferde gab es einst nur noch in Tierparks, heute aber galoppieren sie wieder munter durch die Steppe.
Frech sehen sie aus mit ihrer kurzen Mähne und dem kleinen, kompakten Körper – als könnte ihnen nichts und niemand etwas anhaben. Doch das stimmt leider nicht ganz: In den 60er-¬Jahren waren Przewalski-Pferde, die im asiatischen Raum heimisch sind, in freier Wildbahn sogar ausgestorben. «Hauptgrund war die direkte Verfolgung», erklärt Christian Stauffer, Geschäftsführer des Wildnisparks Zürich, wo rund 20 der Tiere leben. «In den Zeiten des Zweiten Weltkriegs wurden sie geschossen und gegessen. Aber auch ihr Lebensraum wurde immer mehr beansprucht und somit kleiner.»
Klingt alles traurig – doch kein Grund, Tränen zu vergiessen. Denn heute galoppieren wieder rund 300 Przewalski-Pferde durch die Mongolei. Wiederansiedlungsprojekte, in denen auch der Wildnispark Zürich und der WWF engagiert sind, haben Früchte getragen. Deshalb wurden die Tiere auf der Roten Liste der gefährdeten Arten von «in Freiheit ausgestorben» auf «gefährdet» gesetzt. Für den WWF ein Grund sie zu den «Gewinnern 2011» zu küren (siehe Box).
Przewalski-Pferde sind die einzigen noch lebenden Wildpferde und sozusagen die Urmütter unserer Hauspferde, ihre Stammlinien trennten sich allerdings schon vor rund 120000 Jahren. Vergleicht man die Tiere mit den uns bekannteren Pferdearten wirken sie um einiges wilder, aggressiver und dominanter. Stauffer: «Sie sind – mit menschlichen Ellen gemessen – im Umgang miteinander sehr grob, treten und beissen sich. Das ist manchmal schwer mitanzuschauen. Würden Hauspferde aber in wildgemässen Gruppierungen leben, würden auch sie ein ungestümeres Verhalten zeigen.»
Przewalski-Pferde sind in Herden organisiert: Die jüngeren Männchen leben in Junggesellen-Gruppen, die Stuten mit ihren Fohlen und einem Leithengst zusammen. Letzterer verteidigt die Damen gegenüber Feinden, wie etwa Wölfen, und vertreibt Konkurrenten. Im Grunde hat aber die Leitstute das Sagen. «Sie bestimmt, wo es langgeht, hat das Wissen, das es zum Überleben der Gruppe braucht», erklärt der Experte.
Przewalski-Pferde sind in Steppen oder Halbwüsten zu Hause und müssen daher sehr robust sein – und bewegungsfreudig. Denn um an Nahrung und Wasser zu kommen, legen sie jeden Tag Wanderungen zurück, die über 20 Kilometer lang sein können. Auch sind sie extremen Klimabedingungen ausgesetzt: Die Sommer sind warm, im Winter kann es aber bis minus 50 Grad werden. «Mit den Temperaturen kommen sie gut zurecht. Gefährlich wird es bei zu viel Schnee. Im vorletzten Winter sind viele unserer ausgewilderten Tiere gestorben, weil sie schlicht steckengeblieben sind.» Das ist für die Tierschützer zwar schmerzhaft, aber es gehört zur Natur. Und auch wenn es in freier Wildbahn rauer zu und her geht: Für dieses anspruchsvolle, dafür aber spannende Leben sind Przewalski-Pferde geschaffen. Sie wollen frei sein – was auch die Tatsache beweist, dass sie kaum oder nur mit immensem Aufwand zu zähmen sind. Stauffer: «Versuche, sie zu reiten, sind kläglich gescheitert!»
2011: Die Gewinner und Verlierer
Weil ihr Bestand wächst, gehören Przewalski-Wildpferde für die Naturschutzorganisation WWF zu den Gewinnern des Jahres 2011. Auf der gleichen Liste stehen Bartgeier, Lachs, Berggorilla und der Mensch. Auf der Verlierer-Seite sind Biene, südafrikanisches Nashorn, Alpenschneehuhn, Westpazifischer Grauwal und die Seychellen-Fledermaus zu finden.