Kleine Überlebenskünstler

Sie schlagen sich wacker, trotzdem gibt es von Jahr zu Jahr weniger Feldhasen in der Schweiz. Dabei sorgen die Tiere eigentlich munter für Nachwuchs.

Mit zierlichen Chüngeli 
haben sie nicht viel gemein: Gross und robust 
wirken Feldhasen. Und dennoch: Ein Zuckerschlecken ist das Leben der Tiere, die bei uns vor allem 
in Wiesen und Feldern des Mittellandes vorkommen, nicht. «Die Bestände nehmen kontinuierlich ab», erzählt Biologin Judith Zellweger-Fischer von der Vogelwarte Sempach, die die Zahlen in der Schweiz überwacht. «Als Beispiel: Während in den 1950er-Jahren auf einem Quadratkilometer in gewissen Regionen 50 bis 70 Hasen vorkamen, sind es heute in den meisten Gebieten unter 10.»

Man kann nicht behaupten, dass die Tiere nichts für ihren Fort­bestand tun würden, denn bei ihnen herrscht während eines Grossteils des Jahres Fortpflanzungszeit. Sie beginnt teilweise schon im März und kann bis in den Oktober hinein dauern – schönes Wetter vorausgesetzt. «Der Sommer dieses Jahr war für sie sicherlich gut», sagt die Biologin. «Ist es sehr verregnet, sind die Verluste bei den Jungtieren noch grösser, als sie 
ohnehin schon sind.»

Feldhasen sind «Bodenbrüter»: Nach etwa 40 Tagen Tragzeit legen die Mütter ihre Jungtiere im Gras ab. Dort bleiben sie geduckt liegen, werden abends gesäugt und sind nach vier Wochen bereits selbstständig. Bis dahin kann aber viel passieren. Judith Zellweger-
Fischer: «Die Junghasen sind für viele andere Tiere willkommene ‹Proteinhappen› – Füchse, Hunde, Katzen etc. Schlimmer ist aber, dass viele von Mähmaschinen 
erfasst werden, zumal heute sehr früh und oft gemäht wird.»

Das grösste Problem für die 
Hasen sei, nebst der Zerschneidung des Lebensraums, die intensive Nutzung von Acker- und Grünland. Sie benötigen strukturreiche Landschaften mit Ruhe­zonen, Brachen, artenreiche Wiesen, Hecken – die seltener werden. Hoffnung machen Gebiete, wo seit Jahren erfolgreich hasengerechte Aufwertungen gemacht werden, zum Beispiel im Schaffhauser Klettgau. Trotzdem: Geht die Entwicklung so weiter, werde der Hasenbestand in Zukunft stark ausgedünnt. Das wäre schade, zumal die Tiere kleine Kämpfer sind. «Der ganze Wandel in der Nutzung des Kulturlandes war in den letzten Jahrzehnten nicht leicht für sie. Aber es gibt sie noch – wenn auch in geringerer Dichte. Es sind Überlebenskünstler.» Die uns hoffentlich noch lange erhalten bleiben!