Jungvögel: Je lauter, desto besser!

In den Vogelnestern ist derzeit viel los, denn zahlreiche Jungtiere werden nun grossgezogen. Die Kleinen müssen Radau machen, denn nur so ist sichergestellt, dass sie genug Futter bekommen – und überleben.
 
Piep, piep, piep, piep! Ein richtiges Pfeif- oder besser Kreischkonzert ist derzeit vielerorts im Gang. In der Vogelwelt ist Brutzeit und nach und nach füllen sich die Nester mit dem Nachwuchs – und der hat Hunger. Ständig. «Die Vögel rufen aber nicht durchgängig nach Futter, wie man es sich oft vorstellt, sondern nur, wenn die Eltern im Anflug sind», sagt Christa Glauser vom Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz. «Anfangs blind, können sie das zwar nicht sehen, sie achten aber auf andere Reize, wie die Erschütterung des Nestes bei der Landung.»
 
Sind die Eltern da, heisst es für die Jungen: «Auf in den Kampf!» – gegen die Geschwister. Starke, laute Tiere sind bei der Fütterung erfolgreicher, so werden Schwache immer schwächer, sterben oft. «Arten wie Eulen, Graureiher und Greifvögel verfüttern diese dann wiederum», so die Expertin. «Das klingt unschön, ist für die Eltern aber auch eine Art Notvorrat.» 
 
Kleinere Vögel brüten etwa 14 Tage lang, dann werden die Jungvögel noch mal so lange im Nest gefüttert und zwei bis drei weitere Wochen, nachdem sie es verlassen haben. Bei grösseren Vögeln dauert alles etwas länger. Für die Altvögel ist die Aufzucht mit Strapazen verbunden, gerade für Zugvögel. Sie sind vom langen Flug ohnehin geschwächt, brauchen fast ihre ganze Energie für die Versorgung der Jungen und kommen selbst dabei eher zu kurz. Glauser: «Das sieht man ihnen häufig an, das Federkleid vieler Altvögel sieht nach der Brutzeit ziemlich abgewetzt aus.»
 
Gefahren für die Brut gibt es viele: Feinde wie der Fuchs, nasskaltes Wetter, aber auch der Verlust des Lebensraums, weswegen Bruten teilweise gar nicht zustande kommen. Durch intensive Landbewirtschaftung wird auch die Insektennahrung knapper. «Rund 3/4 der Jungtiere sterben im ersten Jahr, das ist aber normal und wirkt sich nicht auf den Bestand aus.»
 
Soll man jungen Vögeln helfen, die man mutterseelenallein findet? «Man kann sie auf einen Ast setzen, um sie vor Katzen zu schützen», sagt Christa Glauser. «Aber bloss nicht mitnehmen. Jungvögel, die flügge werden und das Nest verlassen, können oft nicht von Anfang an fliegen und sehen hilflos aus. Die Eltern sind aber für sie da und füttern sie regelmässig.»