Ja, wer gurrt denn da?

Die Tauben, die in unseren Städten leben, kennt jedermann. Es gibt aber viele andere Rassen, die echte Hingucker sind. Ohnehin haben die Vögel eine eindrücklichere Geschichte, als man denken würde.
 
Tauben sind Tauben − für die meisten von uns zumindest. Sie bevölkern gurrend die Städte, sind keine Schönheiten und nicht sehr beliebt. Doch das ist nur eine Seite. Viele Menschen rund um den Globus lieben die Vögel leidenschaftlich und stecken viel Energie in Zucht und Haltung. Einer von ihnen ist der Australier Frank Povah, der zusammen mit Fotograf Andrew Perris das Buch «Schöne Tauben» herausgebracht hat.
Auch wenn nicht jeder Tauben mag, ihren Platz in der Geschichte haben sie auf jeden Fall. Und sie waren den Menschen sehr nützlich. «Für die Jäger und Sammler waren sie eine verlässliche Nahrungsquelle», weiss Povah. «Aber als die Menschen sesshaft wurden, Häuser und Tempel errichteten sowie Getreide anbauten, begann eine andere Beziehung.» Die Tauben wurden von den Häusern angelockt, da sie auf den Feldern Fressen fanden und in den Siedlungen gute Nistmöglichkeiten. «Wahrscheinlich domestizierten sich die intelligenten und anpassungsfähigen Tiere selbst, und vielleicht führte das und ihre Vorliebe für Tempel dazu, dass die Menschen sie als heilig ansahen.» Schon vor 5000 Jahren wurden sie im heutigen Iran gehalten, und die alten Römer bezahlten hohe Preise für Tauben. Für die Kommunikation waren sie lange Zeit immens wichtig. «Im alten Ägypten wurden Taubenstaffeln genutzt, um Nachrichten über die jährliche Nilflut zu verbreiten», so Povah. «Tauben begleiteten die Karawanen auf der Seidenstrasse und die Mauren nach Spanien. Auch während der Weltkriege dienten Tauben, und von der chinesischen Armee werden sie noch heute gehalten, sollte die elektronische Kommunikation ausfallen.»
Es gibt Hunderte verschiedene Rassen und die Merkmale liegen bei ganz verschiedenen Äusserlichkeiten. So haben einige eine riesige Brust, andere sollen besonders aufrecht stehen, auch Schnabelform, Farbe und Bewegungen spielen oft eine Rolle und fordern die Züchter der jeweiligen Rassen heraus, die sich wünschen, die «perfekte Taube» präsentieren zu können. 
Laien − besonders solche, die urban wohnen − kennen vor allem die Strassentaube. Sie hat sich komplett an das Leben in der Stadt angepasst. Hier hat sie kaum Feinde, sie findet genügend zu fressen und Nistmöglichkeiten. «Einige Tauben kann man durchaus als zu einem Stadtbild dazugehörig bezeichnen», sagt Michael Schaad von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach. «Zu viele Tauben bringen allerdings Probleme mit sich.» Zum einen verunreinigen sie Strassen und Plätze, im Kot können sich aber auch Pilze vermehren, die beispielsweise Fassaden beschädigen. Hinzu kommt, dass bei einer grossen Dichte die Hygiene-Bedingungen schlecht sind, sich unter den Tieren eher Krankheiten verbreiten. Um das einzuschränken, wäre es das Beste, sie nicht zu füttern. Schaad: «Es gibt Studien, dass die Vögel auch ausserhalb der Städte Nahrung finden und sie durchaus fähig sind, unter den richtigen Bedingungen in freier Wildbahn zu leben. Aber wenn sie in der Stadt ohne Aufwand an Nahrung kommen, bleiben sie natürlich.» Es sind eben schlaue Tiere!
 
Buch-Tipp
In «Schöne Tauben» (LV-Buch, Fr. 25.90) gibt Tauben-Experte Frank Povah Einblicke in die Geschichte der Taubenzucht und porträtiert 40 Rassen, die von Fotograf Andrew Perris in Szene gesetzt wurden. Da schauen nicht nur Taubenfans gerne hin.