Bitte einen Gang höher schalten!

Sie sind liebenswert, temperamentvoll und haben eine besondere Fähigkeit: Islandpferde beherrschen den Tölt. Diese Art des Laufens ist für den Reiter nicht nur äusserst bequem, sondern auch rückenschonend.

 
Was für ein Hochgefühl: Ich tölte! Der 11-jährige Isländer-Wallach Katur hat meine Anweisungen richtig verstanden und schwebt beinahe über den Boden. Glücklich schaue ich zu Eve Barmettler (60), die an meiner Seite reitet, und ernte einen wohlwollenden Blick. Hat die Pionierin der Islandpferde-Freizeitreiterei doch in den letzten 40 Jahren etlichen Hobby-, aber auch Profireitern auf die Sprünge geholfen, wenn es um fehlende Kenntnisse dieser Gangwunder ging.

Die meisten Pferde beherrschen Schritt, Trab und Galopp – Islandpferde auch den Tölt und einige sogar den Rennpass, eine fünfte Gangart. Beim bekannten Tölt hat das Pferd stets ein oder zwei Hufe am Boden. Durch die fehlende Sprungphase sitzt der Reiter bequem wie in einem Sessel, und es ist erst noch sehr rückenschonend. «Nicht jeder Reiter findet beim Isländer auf Anhieb diesen ‹vierten Gang›», sagt die Expertin mit einem verschmitzten Lachen. «Aber die, die es dann ‹erlickt› haben, satteln oft ganz auf Isländer um.» Das sei auch ihr so geschehen, obwohl sie auch mit «Grosskalibern» recht gut zurecht gekommen sei. «Mich reizt das Gangvermögen dieser Rasse und das Feuer, das diese kleingewachsenen, aber robusten Pferde an den Tag legen.»
 
Mit ihrem ersten Isländer, einem nicht ganz einfachen Rappschecken, reiste sie, kaum im Besitz des Führerscheins, von Turnier zu Turnier und nahm später erfolgreich an Isländerpferde-Weltmeisterschaften teil. Nach und nach entstanden internationale Kontakte zu anderen Islandpferde-Spezialisten. Und als ihr an die zehn Pferde in Mietställen gehörten, sah sie sich nach einem eigenen Stall um und wurde 1975 mit dem Hestar-Hof in Sins-Reussegg (www.hestar-hof.ch) fündig.

Mittlerweile tummeln sich an die 50 eigene und Pensionärspferde in den weitläufigen Koppeln und Offenställen. Der Hof gilt europaweit als qualifizierter und anerkannter Ausbildungs- und Lehrbetrieb. Sie selber ist höchstdotierte Ausbildnerin des FEIF, der internationalen Förderung der Islandpferde, und der Isländerpferde-Vereinigung Schweiz IPV CH. Die 30 bis 50 Verkaufspferde pro Jahr, die sie selber sorgfältig in Island oder auf dem Festland aussucht, gehen weg «wie warme Weggli». Was macht denn ein gutes Islandpferd aus? «Es soll temperamentvoll, lieb im Umgang und feinfühlig im Maul sein – und viel Tölt haben!»

Womit wir wieder bei der Spezialität dieser liebenswerten Pferde wären. Den Tölt und viel mehr präsentieren Eve und ihre Leute am «Tag des Isländers» anlässlich des 50-Jahre-Jubiläums der IPV CH an der BEA Bern am 28. April. «Auf dem Programm steht zum Beispiel eine Isländer-Jugend-Show-Gruppe, die ohne Sattel rückwärts sitzend im Galopp reitet. Da kann man sich auf etwas gefasst machen!»