Findelbüsi mit Velo auf Weltreise

Dean wollte um den Erdball reisen – allein per Fahrrad. Doch dann gesellte sich ein ungewöhnlicher Passagier dazu: Nala, eine Streunerkatze. Inzwischen erwartet man das Duo bereits am nächsten geplanten Stopp.

Irgendjemand hatte das Kätzchen ausgesetzt – mitten im Nirgendwo, das nächste Dorf zwölf Kilometer entfernt. Das war letzten Dezember an der Grenze von Bosnien zu Montenegro. Zu der Jahreszeit kann das Thermometer auch hier unter null fallen. Dean Nicholson kam auf seinem Fahrrad mit Anhänger die Anhöhe hoch geradelt und überlegte wieder einmal, ob er all den Ballast wirklich brauche. «Ich war froh um eine kleine Pause, streichelte die Kleine, gab ihr etwas zu essen. Dann wollte ich weiter.»

Doch das Büsi maunzte ihn jämmerlich an, lief ihm hinterher und liess ihn nicht ziehen. «Sie war völlig abgemagert und offensichtlich obdachlos.» Obwohl er eigentlich ein Hundefan ist, «der mit Katzen nix am Hut hat», brachte Dean es nicht über sich, das Tierkind seinem Schicksal zu überlassen. Er setzte es in den Korb an seinem Lenker. Ein Platz, den sein neuer Reisebegleiter behalten sollte. 

Drei Monate zuvor, im September 2018, war der 31-Jährige von seiner Heimat im schottischen Dunbar aufgebrochen, um die Welt zu erkunden. Aus Abenteuerlust und Neugierde verzichtete er auf Transportmittel wie Auto, Bahn oder Flugzeug. Von Schottland radelte er nach Südengland, setzte dort über in die Niederlande. Weiter ging es über Belgien, Frankreich, die Schweiz und Italien Richtung Balkan. Mit der Zeit fühlte sich der gelernte Schweisser mitunter etwas einsam. Er freute sich deshalb über die neue Freundin genauso wie diese über ihn.

Als er sich entschieden hatte, das Kätzchen bei sich zu behalten, taufte er es Nala. Um problemlos Grenzen passieren zu können, liess er sie untersuchen, impfen und chippen. Nala hat nun ihren eigenen Pass. «Sie liebt das Reisen und ist total entspannt. Manchmal schläft sie sogar unterwegs», sagt ihr Adoptivpapa. «Nur Kopfsteinpflaster mag sie nicht. Dann springt sie aus dem Korb auf meine Schulter. Auf holprigen Strässchen kann ich sie ablenken, indem ich mit ihr spiele.»

Das ungewöhnliche Duo ist längst eine Berühmtheit. Auf seiner Instagram-Seite «1bike1world» berichtet Dean von ihren Abenteuern. «Die Leute sind aus dem Häuschen, wenn wir in ein Dorf kommen und Nalas Kopf plötzlich aus dem Korb hervorschiesst. Natürlich wollen alle ein Foto machen. Andere fahren an uns vorbei, halten an und springen aus dem Auto, um sie zu sehen.» Oft werden die beiden eingeladen – zum Schwatzen, zum Essen, zum Übernachten.

Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Griechenland sind Dean und Nala vor wenigen Tagen in der Türkei angekommen. Ihre Reise hat kein absehbares Ende. Doch irgendwann will Dean Nala in seine Heimat bringen. Sie werden dort garantiert sehnlichst erwartet.