Der verwöhnteste Koala der Welt

Koala Imogen wuchs bei ­Tierpflegerin Kylie auf. Noch heute gibt es nichts Schöneres für das Tier, als mit ihrer Menschen-Mama zu schmusen.

Auf ihrer Runde durch den australischen «Symbio Wildlife Park» schaut Tierpflegerin Kylie Elliott immer wieder mal ins Gehege der Koalas. Nicht, dass sie da so viel zu tun hätte: Die Beuteltiere sind genügsam, verputzen den ganzen Tag Eukalyptusblätter. Wenn sie nicht gerade schlafen – und das tun sie ausgiebig. Doch jemand wartet nur darauf, dass Kylie durch die Türe kommt: Imogen blinzelt kurz, öffnet die Augen – und dann streckt das Koalamädchen (5) seine Ärmchen nach der Tierpflegerin aus. «Sie will, dass ich sie in den Arm nehme. Alle meine Kollegen kommen gerne her und schmusen mit ihr. Sie ist unsere kleine Prinzessin.»

Imogen wurde im Alter von 30 Wochen in die Obhut ihrer menschlichen Ziehmutter gegeben. Sie wog gerade mal rund 500 Gramm, war aber kerngesund und hatte bereits Eukalyptusblätter als erste feste Mahlzeit zu sich genommen. Bald schon wäre die Zeit gekommen, da sie den Beutel ihrer Mutter Kelly verlassen und sich in deren Fell geklammert hätte.

Doch dann kam alles anders: «Unsere Tierärzte hatten aus dem Beutel eines verstorbenen Koala-Weibchens einen hilflosen Däumling retten können. Ein Frühchen, fast nackt, die Augen noch geschlossen. Ausserhalb des mütterlichen Beutels hätte es keine Überlebens-Chancen gehabt.» So nahm Kylie Imogen zu sich und mogelte das Frühchen an ihre Stelle in Kellys Beutel. Der Kindertausch gelang.

Während das Leben für Koala-Mama Kelly mit dem neuen Baby ganz normal weiterlief, krempelte ein anspruchsvolles Teddybärchen, das dauernd getragen und gekuschelt werden wollte, Kylies Leben um. Koalas schlafen zwar 20 Stunden am Tag. Aber die kleine Imogen hatte genügend Energie, um ihre Ziehmutter rund um die Uhr wach zu halten.

«Nachts ist sie mir übers Gesicht geklettert, sie hat an meinen Händen geknabbert und sich jede Menge Unsinn ausgedacht, um mich auf Trab zu halten», erinnert sich Kylie. Mit Bauchmassagen konnte sie ihr «Baby» zum Einschlafen bringen. «Vielleicht habe ich sie damit ein bisschen zu sehr verwöhnt. Noch heute, fünf Jahre danach, erwartet unsere Prinzessin von allen Pflegern diesen Service», seufzt Kylie. «Aber wir machen das gern und ich denke, dass sich das nie ändern wird.»