Zwischen Schmerz und Hoffnung

Ein Jahr führen er und Herzogin Meghan nun ihr selbstbestimmtes Leben fernab der Königsfamilie. Das ersehnte Glück will sich aber bisher nicht so recht einstellen – zumindest nicht beim Prinzen.

Die Bombe platzte vor fast genau einem Jahr. «Wir beabsichtigen, als ‹Senior Members› der königlichen Familie zurückzutreten», verkündeten Prinz Harry (36) und Herzogin Meghan (39). Ein Affront für Britinnen und Briten, vor allem aber für die restlichen Mitglieder der Königsfamilie, die sich fühlten – so erzählten Hof-Insider –, als hätte das Paar ihnen ein Messer in den Rücken gerammt.

Verletzungen hin oder her: Harry und Meghan sind mit ihrem heute 18 Monate alten Sohn Archie bekanntlich ihren Weg gegangen. Nach Kalifor­nien! Und die Bilanz nach einem Jahr sieht auf den ersten Blick gut aus: Den «Raum für zukünftige Pro­jekte», den sie sich ersehnten, haben sie geschaffen. Der Plan, «daran zu arbeiten, finanziell unabhängig zu werden», funktioniert meisterhaft. Mit ihrer Stiftung Archewell wollen sie Gutes tun, mit den angegliederten Audio- und TV-Produktionsfirmen scheffeln sie ein Vermögen: Millionen-­Deals mit den Streaming-Diensten Netflix und Spotify!

War die Palastflucht also ein Segen für das Paar? Nicht ganz – oder nur für die eine Hälfte! Davor fühlte sich Meghan gemobbt und im royalen Korsett gefangen. Jetzt, wo ein Ozean sie vom Königreich trennt, hingegen befreit. «Es ist offensichtlich, dass sie in ihrem Heimatland aufblüht», sagt Royal-­Expertin Angela Levin im «Telegraph». Der royale Titel öffne der Ex-Schauspielerin Türen. «Sie könnte eine der gefragtesten Rednerinnen weltweit werden. Harry allerdings wurde ein Schatten seiner selbst – von dem Prinzen, den ich einst kennenlernte.»

Angela Levin führte während 15 Monaten immer wieder Gespräche mit Harry, veröffentlichte 2018 eine von ihm autorisierte Biographie. «Damals strahlte er diese aussergewöhnliche Mischung aus royalem Glanz, Nahbarkeit, Selbstvertrauen und Verschmitztheit aus. Eigenschaften, die es ihm ermöglichten, sofort eine Verbindung zu Menschen aller Art herzustellen. Doch davon ist heute nicht mehr viel zu sehen. Es scheint, als habe er sein Leben als Mann der Tat eingetauscht, um ein abgehobener Weltverbesserer zu werden.» Es sei nicht seine Art, verschanzt in einer Villa gute Ratschläge zu erteilen, etwa: «Bucht keine Flüge!» Auch das Hollywood-Leben sei im Grunde nicht seins. Ihr gegenüber habe er einst betont, dass er, Bruder William (38) und Schwägerin Catherine (39) Royals seien und keine Promis, er den «Star-Rum­mel» nicht wolle. Genau den hat er nun.

Und während nach der Hochzeit Meghan mit ihrer neuen Rolle zu kämpfen hatte, ist es nun Harry. Sein Plan war, trotz «Megxit» Teilzeit für die Krone im Einsatz sein zu können, als Schirmherr für Stiftungen etwa oder für sein geliebtes Militär. Das verwehrte ihm Königin Elizabeth II. (94) – und bleibt standhaft: Am Gedenktag für gefallene Soldaten im November hatte Harry seine Familie gebeten, in London in seinem Namen einen Kranz niederzulegen. Er bekam eine Abfuhr – von der Queen höchstpersönlich, wie nun bekannt wurde. Nicht aus Bos­haftigkeit. «Sie ist der festen Meinung, dass man sich nicht aus­suchen kann, was man tut, wenn es um die ‹Firma› geht», sagt ein Hof-­Insider. «Entweder man ist drin oder man ist draussen.»

Prinz Harry hat noch eine Möglichkeit, seine Grossmutter umzustimmen: Bereits letztes Jahr wurde vereinbart, dass man sich im März 2021 treffen werde, um den «Megxit-­Deal» gegebenenfalls anzupassen. Dies wurde nun wegen Corona abgesagt. Für Harry ein Lichtblick: Er habe den Termin ohnehin verschieben wollen, um sich und Meghan mehr Zeit zu geben, sich zu beweisen. Denn die Millionengeschäfte, die sie abgeschlossen haben, hätten den Palast eher alarmiert als beeindruckt. «Die Queen mag es nicht, wenn Royals ihren Namen für kommerzielle Zwecke einsetzen», sagt Levin.

Das «Tagesgeschäft» ist für das Paar eben losgegangen: Die beiden veröffentlichten einen ersten Podcast auf Spotify. In diesem Rückblick auf 2020 lassen sie Menschen zu Wort kommen, die sie «inspirieren und bewundern» – von der Sportlerin über den Musiker bis zur Politikerin. Am Ende wünscht Söhnchen Archie «Happy New Year». Grosse Einblicke in ihr Leben gibt es ansonsten nicht. Aber sie betonen: «Liebe gewinnt immer.» Eigentlich eine Plattitü­de, die aber für Harry selbst ein Mutmacher sein dürfte.

Während bisher vor allem Meghan angefeindet wurde, ist es derzeit er. Ein «Waschlappen» sei er, der aus Liebe sich selbst vergesse, teilweise gar schon den US-Akzent angenommen habe. Auf der Homepage brüste er sich damit, der Sohn von Prinzessin Diana († 1997) zu sein, während er seinen Vater, Prinz Charles (72), mit keinem Wort erwähnt.

Ob die Schimpfe ihn trifft? Sicherlich. Noch schmerzhafter aber: das unterkühlte Verhältnis zu seiner Familie und deren Verweigerung, ihn noch im Kleinen für die Krone arbeiten zu lassen. Harry, der auf den jüngsten Bildern tatsächlich etwas mitgenommen aussieht, wollte «den Füfer und s’Weggli». Er bekam einen Korb. Damit wurde er praktisch von einem Tag auf den anderen in ein komplett neues Leben katapultiert. In dem Herzogin Meghan seine Wegweiserin ist.

Trotz aller Widrigkeiten bereue das Paar – auf das u. a. noch ein Medienprozess und in Kürze ein «Enthüllungsbuch» von Meghans Schwester zukommt – seine Schritte allerdings nicht, heisst es von Quellen im «People»-Magazin. Aber es hoffe, dass 2021 ein Jahr der Heilung sei – für die Welt und für ihr Verhältnis zur Königsfamilie.