
Regisseurin Yangzom Brauen hat Mustang Takoda vor dem Tod bewahrt. Oft geht sie mit ihm in den Hügeln Kaliforniens ausreiten.
Yangzom Brauen
Zwischen Filmset und Farmleben
In Kalifornien lebt die Regisseurin mit ihren Tieren auf einer Ranch. Früher wohnte die Bernerin mit ihrer Grossmutter, deren Geschichte sie nun ins Kino bringt.
Von Aurelia Robles
Nach Hollywood zieht es viele Filmschaffende, doch nur wenige können in der sogenannten Traumfabrik bestehen. Eine davon ist die Bernerin Yangzom Brauen. Vor 17 Jahren zog die heute 45-Jährige nach Los Angeles. Nach Jahren als Schauspielerin wechselte sie hinter die Kamera – mit Erfolg! Die Schweizer Regisseurin ist in den USA gefragt und längst etabliert. Mittlerweile hat Yangzom Brauen über 40 Episoden für US-Serien wie «Hawaii Five-O», «Navy CIS: L.A.» oder «Law & Order» gedreht, sowie für Netflix «Süsse Magnolien». «Diese kreative Arbeit mache ich sehr gern», sagt sie. «Ich arbeite mit so vielen Leuten, drehe in verschiedenen Städten, kann verschiedene Geschichten erzählen. Und immer kommt wieder etwas Neues.»
Seit dieser Woche läuft eine Geschichte direkt aus dem familiären Umfeld der Autorin («Eisenvogel») in den Schweizer Kinos. «Mola – Eine tibetische Geschichte von Liebe und Verlust» ist ein Film über ihre tibetische Grossmutter, genannt Mola. «Mola war seit ihrem fünften Lebensjahr eine Nonne und praktizierende Buddhistin», erklärt Brauen. 1959 musste sie mit ihrer Tochter, Yangzoms Mutter, der Künstlerin Sonam Dolma (72), nach Indien flüchten. Dort begegnete ihnen der Berner Martin Brauen (77). Der Ethnologe und Sonam verliebten sich. «Mein Vater holte dann meine Mutter und meine Grossmutter in die Schweiz, wo sie all die Jahre unter einem Dach lebten.»
Die Idee, Mola zu filmen, entstand 2014. «Mein Vater und ich erzählten uns am Telefon lustigerweise das gleiche Vorhaben», erinnert sich Yangzom Brauen. Deshalb ist der Kinofilm ein Gemeinschaftswerk von ihrem Vater Martin Brauen und ihr. «Als meine Grossmutter dann an ihrem 100. Geburtstag den Wunsch äusserte, dass sie nochmals nach Tibet will, um im buddhistischen Paradies zu sterben, entstand der rote Faden des Films.» Dieser zeigt nicht nur das schwierige Vorhaben, ein Visum für Mola zu erhalten, sondern auch den Alltag der tibetischen Nonne sowie die innige Mutter-Tochter-Beziehung. «Ihre Nabelschnur wurde nie durchgeschnitten. Sie waren 64 Jahre zusammen, nie getrennt», erklärt Brauen, die ebenfalls lange mit Mola im Elternhaus wohnte. «Sie war für meinen Bruder Tashi und mich immer da, war unsere Nanny, Grossmutter und beste Freundin.»
Tierreiches Leben
Ihr beruflicher Alltag steht im Kontrast zu Yangzom Brauens Privatleben. In Kalifornien, genauer in Shadow Hills, lebt sie seit drei Jahren alleine, dafür mit Pferd, Eseln, Hühnern, Hunden und einer Geiss. Dabei machte Mustang Takoda den Anfang der kleinen Farm. Diesen wollte Brauen durch monatliche finanzielle Unterstützung vor dem Tod bewahren. Da Takoda sich nicht mit anderen Pferden verstand, entschied sie, ihn irgendwie zu sich zu holen. Sie erfuhr von Shadow Hills, einem Reitsport-orientierten Viertel, und fand dort eine grosszügige Ranch. «Die Vorbesitzer hinterliessen mir gleich noch ihre Geiss Penny.»
Um ihre Farmtiere vor den dort lebenden Kojoten und Berglöwen zu schützen, suchte Yangzom Brauen nach einem Esel. «Doch ich bekam natürlich nicht einen, sondern gleich zwei», erzählt sie lachend. Der Zustand der beiden war aber erschreckend. «Sie waren verwahrlost, ihre Hufe wurden noch nie geschnitten und waren überwachsen. Doch nun führen sie ein schönes Leben und werden von mir verwöhnt.»
Auf den 4000 Quadratmetern befinden sich ihr 5-Zimmer-Haus mit Pool, ein Gästehaus, ein Stall und ein Freilaufgehege. Wenn sie morgens aufwacht, dann meist wegen ihrem «Güggu». «Wenn Flodder um acht aus dem Stall kommt, kräht er als Erstes. Und wenn einer beginnt, fangen alle in der Nachbarschaft auch an.» Wenn möglich, reitet sie morgens mit Takoda aus – auf den Strassen, Hügeln und durchs Wasser.
Vielerorts verwurzelt
Yangzom Brauen zieht es aktuell nicht zurück in die Schweiz, denn das Leben als Ranchbesitzerin sei schön. «Zudem habe ich hier meine Karriere, die in Europa so nicht möglich wäre», sagt sie. «Und ich fühle mich hier ebenso daheim wie in der Schweiz. Auch ein Teil von mir ist die tibetische Kultur, in der ich aufgewachsen bin.» Schon als Kind habe sie gesagt, dass ihr Haus überall auf der Welt stehen könnte, denn: «Daheim ist dort, wo du dich wohlfühlst.»
Oft hat sie Besuch aus der Schweiz. Ihre ruhige Oase mit Pool und Tieren ist für Freunde und Familie wie Ferien und für sie selbst der perfekte Ausgleich zum stressigen Job. «Wenn ich meine Tiere beobachte, kann ich viel erkennen und ihre Kommunikation verstehen. Bei ihnen spüre ich keinen Druck und habe auch keine Erwartungshaltung an sie. Diese Momente sind meditativ für mich.» Dann lacht Yangzom Brauen. «Aber nie hätte ich gedacht, dass in L. A. mal ein Ross bei mir lebt!»