Zwei Männer vom selben Schlag

Für sich allein ist jeder ein Star, mit dem Projekt «Büetzer Buebe» wollen die Sänger nun gemeinsam Musikgeschichte schreiben. Dass sie tatsächlich Büezer sind, beweisen sie beim Einsatz auf Göläs Baustelle.

Das rustikale Heimetli liegt hoch über dem Thunersee, umgeben von Wiesen und Wald – ein kleines Paradies. Doch gerade geht es dort zu wie auf einer Grossbaustelle. Hausherr Gölä (50) und seine Kumpel schuften seit den frühen Morgenstunden. Nun ist der Betonmischer in der Anfahrt, der Kelleranbau muss möglichst rasch betoniert werden. Es ist ein etwas unglücklicher Moment, um mit den beiden erfolgreichsten Schweizer Mundart-Musikern über ihr neuestes Projekt «Büetzer Buebe» zu plaudern. «Mir si hingedri. Dir müest chli Geduld ha», ruft Marc Trauffer (39) und greift zur Schaufel. Als er später mit Gölä bei einem Bier sitzt, ist dieser voll des Lobes über  seinen Hilfsbüezer. Er arbeite wie eine Maschine. Aber das überrasche ihn nicht, er habe es erwartet. «Schliesslich hat Marc ursprünglich Maurer gelernt», sagt Gölä, früher einmal Maler. Er lacht und prostet ihm zu.

Die bodenständigen Berner mögen sich menschlich und schätzen sich musikalisch. Im letzten Dezember überraschten sie sich bei ihren ausverkauften Live-Konzerten im Zürcher Hallenstation gegenseitig. Marc ist seit Jahren ein Gölä-Fan. Er sei mit seiner früheren Formation «Airbag» sogar mal seine Vorband gewesen. Es habe ihn beeindruckt, wie weit man es mit Mundartrock bringen könne, sagt er. Gölä hat in den 20 Jahren seiner einzigartigen Karriere über eine Million Tonträger verkauft. Titel wie «Schwan», «Indianer» und «Keni Träne meh» wurden durch den Mundartrocker zu Hymnen. Auch Alpentainer Trauffer schaffte es in den letzten drei Jahren wie kein anderer, mit Ohrwürmern wie «Frl. Marty», «Heiterefahne» und «Geissepeter» Jung und Alt zu begeistern. In der ewigen Bestenliste der Alben hat Trauffer (Platz 5) Gölä (Platz 11) inzwischen sogar überholt. «Was? Das gibt’s doch nicht», ereifert sich Gölä gespielt, klopft Trauffer dabei anerkennend auf die Schulter.

Dass mit Gölä und Trauffer die beiden Grössten der Mundart-Szene musikalisch zusammenspannen, ist eine Sensation! Wie kam es überhaupt dazu? Gölä und er seien unabhängig voneinander von verschiedener Stelle für das gleiche Projekt angefragt worden. Die Wege im Berner Oberland seien kurz, und sie hätten beide davon erfahren. «Wir haben dann gedacht, dass es besser sei, miteinander statt gegeneinander zu arbeiten», erzählt Trauffer. «Büetzer Buebe» sei nun das Resultat. «Wir meinen natürlich auch die Büezer Meitschi», betont er. Und Gölä ergänzt: «Es geht nicht nur um diejenigen, die schaufeln und pickeln. Büezen heisst arbeiten. Es sollen sich alle von unseren Liedern angesprochen fühlen.»

Die Berner Superstars sind auf dem Boden geblieben. Sie sind authentisch und wissen, was arbeiten heisst. Der Inhaber der Trauffer Holzspielwaren, welche die kultigen geschnitzten Holzkühe herstellt, steht um sechs Uhr, noch vor dem ersten Angestellten, in der Firma. Und Gölä sagt von sich, dass er immer ein Büezer bleiben werde.

Grosse Arbeit haben Gölä und Trauffer in den letzten Wochen geleistet. In einem improvisierten Tonstudio in der Werkstatthalle beim Bahnhof Lauterbrunnen nahmen sie zusammen mit ihren Musikern die «Büetzer Buebe»-CD auf. Die Zusammenarbeit habe funktioniert. «Jeder weiss um die Stärke des anderen, lässt ihm seine Freiheit und ist tolerant», sagt Trauffer. Gölä sei ein gradliniger, zuverlässiger und hochanständiger Typ. Auch wenn es Leute gäbe, die genau das Gegenteil glauben. «Wir gleichen uns da total», stellt Trauffer fest. Wenn man einmal 50 sei, dann suche man sich seine Leute, mit denen man zusammenarbeite, genau aus, sagt Gölä. «Marc hat mich noch nie genervt.» Es komme ihm manchmal vor, als wären sie zwei Brüder, meint er und lacht laut. Es sei ihr erklärtes Ziel, dass sie sich bis im August 2020 nicht streiten würden. Klar könne es mal Reibereien geben, aber sie hätten grossen Respekt voreinander, das sei der Schlüssel. «Wir wollen Mundart-Geschichte
schreiben und das grösste je dagewesene Mundart-Fest mit unseren Fans feiern», sagen beide unisono. Bis zu diesem einzigen Konzert der «Büetzer Buebe» Gölä und Trauffer wird es keine Solo-Konzerte und CDs geben.

Der Enthusiasmus für dieses Projekt war so gross, dass beide Musiker ihre Auszeit umplanten. «An meinen freien Wochenenden und den Ferien halte ich jedoch fest. Ich bin den ganzen Juni weg und freue mich extrem auf die Zeit nur mit meiner Freundin Brigitte, irgendwo am Meer», schwärmt Trauffer. Gölä schüttelt den Kopf: «Was, ein Monat am gleichen Ort?» Das wäre nichts für ihn. Er reise mit Frau und Kindern lieber durch die Welt, oder aber geniesse es, daheim ums Haus zu wärche und büeze. «Arbeit hat es ja genug», meint er und schmunzelt.