Zurück im Glück – dank ihrer Engel

Neue Musik im Gepäck und ganz viel Zuversicht: Nach schwierigen Zeiten schaut die Sängerin wieder frohen Mutes in die Zukunft. Stets an ihrer Seite ist nicht nur ihr Mann: Es gibt da noch andere Begleiter – sichtbare und unsichtbare.

Nur das leise Brummen der Nähmaschine ist zu hören. Sarah-Jane – sonst so quirlig und gesprächig – sitzt ruhig davor, lässt kleine Stoffstücke hindurchgleiten. Und meldet sich nach kurzer Zeit wieder zu Wort: «Fertig!» Die 36-Jährige nimmt ihr Werk in Augenschein und erklärt: «Das ist eine Tatüta, eine Taschentücher­tasche. Rund 200 Stück habe ich in den vergangenen Wochen genäht.»

Bei der Sängerin ist nicht etwa Langeweile ausgebrochen. Eben erschien ihr neues Album «Mit Herz und Soul», das auch in einer Fanbox erhältlich ist. Darin enthalten ist neben CD und DVD jeweils so ein handgemachtes Täschchen. «Die Fans freuen sich, und für mich ist das Nähen wie Meditation», erzählt die Baselbieterin, die auch Taschen und Hundebettchen herstellt. «Ich konzentriere mich ganz auf die Arbeit, meine Hunde liegen mir zu Füssen oder sogar auf dem Tisch, und am Ende sehe ich ganz konkret, was ich geschaffen habe. Das finde ich sehr befriedigend.»

Wobei sie dieses Gefühl derzeit auch als Sängerin geniessen darf – dank der neuen CD. Sechs Jahre sind seit ihrem letzten Album vergangen. Sie hätten sich auf Singles beschränkt, wie es in der Branche inzwischen üblich sei, jetzt aber sei die Zeit reif für ein Album ge­wesen. Sie und ihr Mann Dani Sparn (35), der auch ihr Manager und Produzent ist, haben einen neuen Co-Produzenten an ihrer Seite: Manu Stix aus Österreich. Es sind neue Lieder ­entstanden, vor allem aber haben sie ein Projekt auf die Beine gestellt, das geradezu nach CD-Aufnahmen gerufen hat.

Letztes Jahr checkten sie in der Lenk BE in ein Hotel ein – gemeinsam mit einem 14-köpfigen Orchester. Eine ganze Woche lang wurde geprobt, um am Ende ein Konzert in einer alten Sägerei zu spielen. Darüber entstand ein Showcase fürs TV, eine DVD, und das neue Album wurde live aufgenommen. Sarah-Jane zeigt darauf musikalische Facetten von sich, die bisher weitgehend verborgen blieben. Beeindruckend, wie sie Klassiker wie «Purple Rain», «Caruso» oder «Sway» scheinbar spielend ausfüllt. Dazu sorgen die vier neuen Lieder sowie alte Hits im poppigeren Gewand für Schwung und Abwechslung. «Das war für mich schon eine grosse Sache, an die ich mit viel Respekt und Ehrfurcht herangegangen bin», erzählt sie. «Plötzlich hast du eine riesige Band im Rücken, all diese Berufsmusiker, du musst deinen Job jederzeit perfekt machen. Ich war aufgeregt, aber es lief alles sehr professionell ab, gleichzeitig war die Stimmung entspannt, alle freuten sich, trotz Corona so etwas erleben zu können. Ich glaube, das hört man auch auf den Aufnahmen.»

Trotzdem – nur heile Welt mit guter Laune ist ihre neue Musik nicht, zumindest nicht, wenn man genau hinhört. «Da rettet mich ein Engel» heisst ihre aktuelle Single, und sie erzählt darin auch von Zeiten, wo nicht alles hell und strahlend ist. Für sie selbst eine neue Erfahrung, darüber zu singen. «Es ist eher nachdenklich und traurig. Ich habe bei der Song-Auswahl zuerst die Nase gerümpft», gibt sie zu. «Aber dann musste ich mir selber eingestehen, dass nun mal nicht immer alles Friede, Freude, Eier­kuchen ist.» Sie denke da gerade nicht nur an den Ukraine-Krieg, sondern auch an die kleinen und grossen Sorgen, die jeder Einzelne habe. So sei ihr geliebtes Gotti etwa an Krebs erkrankt – mit ein Grund, warum Sarah-Jane neue Botschafterin der Krebsliga Schweiz ist. Es sei ihr ein Anliegen, sich einzusetzen und die Menschen zur Vorsorge zu ermu­tigen. «Ob Krankheit oder etwas anderes: Jeder Mensch kommt doch mal an den Punkt, an dem er nicht weiterweiss, keine Perspektiven sieht. Jeder braucht mal einen Engel.»

Von Schutzengeln singt sie nicht nur, sie ist überzeugt, dass diese um uns sind – das habe sie selbst schon oft genug erlebt. Spontan fällt ihr eine Kindheitserinnerung ein. Sie hatte am ersten August mit Gspänli gespielt und die Idee, eine Rakete anzuzünden und in eine Flasche zu stecken, leichtsinnig umgesetzt. Nur das Wegwerfen vergass sie. Die Folge: eine riesige Explosion direkt in ihrer Hand. «Diesen Knall werde ich nie vergessen, die Flasche wurde regelrecht pulverisiert. Meine Hand war schwarz vom Russ, aber ich hatte keinen einzigen Schnitt. Ich bin überzeugt, dass ich da einen Schutzengel hatte.»

Und Engel brauchte sie auch in ihrem «Dreierpäckli» – die Jahre, in denen es ihr zuletzt nicht gut ging: 2019, 2020, 2021. Damals kamen mehrere Dinge zusammen (die GP berichtete): Ihr Omi starb, sie musste ihren geliebten Hund einschläfern, erlitt Fehlgeburten, und musste daraufhin, um wieder nach vorne blicken zu können, mit ihrem Mann den Kinderwunsch begraben. Corona brachte die beiden zudem finanziell in Bedrängnis. «Ich bin froh, dass ich das alles inzwischen verarbeiten und zurückstellen konnte», sagt sie heute. «Es begann schon 2021, mit der CD-Produktion, dass ich plötzlich wieder Licht am Ende des Tunnels gesehen habe.»

Gab es neben den unsichtbaren Schutzengeln auch sichtbare Engel, die ihr geholfen haben? «Auf jeden Fall! Und sie tragen Fell: Es sind meine Hunde. Wilma hat es immer geschafft, mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Bounty kam Anfang 2021 zu uns, und seither sind sie ein Doppelgespann. Für mich sind Tiere sehr wichtig und den Menschen ebenbürtig.» Wilma und Bounty bedeuten ihr so viel wie ihr Mann, aber halt auf eine andere Weise. «Wenn ich so etwas sage, kommt das bei vielen Menschen schräg an. Ich kann es nur so erklären: Es sind zwei ganz verschiedene Arten von Liebe, die mir aber beide viel geben und wichtige Stützen in meinem Leben sind.»

Dass Sarah-Jane zurück im Glück ist, spürt man auch, wenn sie von ihren aktuellen Plänen erzählt. Sie sei wieder für diverse Anlässe gebucht, und vor allem stecken sie und Dani Sparn mitten in den Vorbereitungen zu ihrem Sarah-Jane-Fest am 2. Juli, das nach der Corona-Pause nun endlich stattfinden kann. Gaststars wie Sigrid & Marina, Hansy Vogt und Roger de Win werden auftreten. Und natürlich präsentiert sie selbst mit dem ganzen Orchester ihre neue CD. «Darauf freue ich mich besonders! Es ist einfach toll, mit Live-Band auf der Bühne zu stehen. Wir möchten deshalb auch ein Weihnachts-Showcase auf die Beine stellen – wobei das noch nicht spruchreif ist. Und im November haben wir fünf Konzerte mit dem Orchester geplant.»

Angst, dass die «neue» Sarah-Jane bei den Fans nicht ankommen könnte, hat die Sängerin nicht. Auf dem Zug des Lebens sei es nun mal so, dass manchmal auch Leute aussteigen. Nach 19 Jahren Karriere freue sie sich, andere Seiten von sich zu zeigen. «Und gerade in der jetzigen Zeit hoffe ich, dass ich mit meiner Musik dazu beitragen kann, dass die Menschen frohen Mutes nach vorne schauen können.»