«Wir sind fadegrad ehrlich miteinander»

Der Ski-Champion zeigt sich auch abseits der Rennen als strukturiert und zielstrebig. Freunde und Weggefährten sprechen über das Privatleben des bescheidenen Stars und verraten, was er weniger gut kann als Skifahren.

Von Irene Lustenberger

Den Sieg des Gesamtweltcups und die kleine Kristallkugel im Riesenslalom hat Marco Odermatt (26) bereits seit längerem auf ­sicher. Am kommenden Wochenende könnten noch diejenigen im Super-G und in der Abfahrt hinzukommen. Auch den in der letzten Saison erreichten Rekord von 2042 Punkten könnte der Nidwaldner in den beiden letzten Rennen knacken. Auf der Piste ist «Odi» praktisch unschlagbar und weiss mit jeder Situation umzugehen. Doch wie tickt der Skistar privat, wie war er als Schüler, was kann er nicht? Sein WG-Partner, ein Jugendfreund und der Geschäftsleiter der Sportmittelschule Engelberg erzählen.

Fabian Bösch (26) ist seit Kindertagen mit Marco Odermatt befreundet. Kennengelernt haben sich die beiden auf der ­Skipiste. Sie fuhren gegeneinander, mal siegte der eine, mal der andere. Durch die ­Rennen freundeten sich die Familien Odermatt und Bösch an und verbrachten auch neben der Piste viel Zeit miteinander. «Wir gingen wandern und ­grillieren», erzählt Bösch. Sie seien sehr ­aktiv gewesen. «Die Trainer hatten nicht immer Freude an uns», erinnert er sich. «Oft sind wir im Wald Tiefschnee gefahren oder haben Schanzen gebaut.» Bösch schien das ­offenbar so gefallen zu haben, dass er als 13-Jähriger ins Freestyle-Lager wechselte und mittlerweile zweifacher Weltmeister sowie Gewinner der X-Games ist. Kumpel Odermatt blieb dem Skirennsport hingegen treu und ist zurzeit der beste von allen: sechsfacher Junioren-Weltmeister, zwei­facher Weltmeister, Olympiasieger, drei­facher Gesamtweltcupsieger, mehrfacher Disziplinensieger und Rekordhalter.

Auch WG-Partner Gabriel Gwerder (27) kennt Marco Odermatt seit der Kindheit. «Wir haben uns 2006 beim Finale des Migros-Grand-Prix kennengelernt», erzählt er. Odermatt siegte, Gwerder wurde Zweiter. Durch das Skifahren sahen sich die beiden regelmässig und die Freundschaft wuchs. «Wir machten immer viel Sport zusammen, später gingen wir auch zusammen in den Ausgang und in die Ferien.» Der Fokus lag aber immer auf dem Sport. Denn auch der gebürtige Schwyzer ge­hörte zu den grossen Schweizer Ski-Hoffnungen – bis er als 17-Jähriger wegen einer schweren Verletzung seine Karriere beenden musste. Heute arbeitet er als Athletiktrainer bei der Speed-Gruppe von Swiss-Ski. 

Angesprochen auf Jugendstreiche, sagt Gwerder: «Bei einem Training auf dem Gletscher in Saas-Fee hatten wir eine Auseinandersetzung mit Franzosen, die eskalierte. Es begann in der Bahn und ging beim Anstehen am Bügellift und auf der Piste weiter.» Sie hätten sich an diesem Tag Verfolgungsjagden wie im Film geliefert. «Weil wir aber die besseren Skifahrer ­waren, ging diese Geschichte für unsere Gegner nicht gut aus», führt er aus. Oder nach einem Rennen seien sie auf einem Bett herumgehüpft, bis es gebrochen ist. «Und dann haben wir es aus dem Fenster geworfen.