Wie ein Pendler zwischen zwei Welten

Als Ausbrecherkönig Walter Stürm zeigt er im Kino eine weitere Facette seines Könnens. Für den gefragten Zürcher ist die Schauspielerei aber nicht seine einzige Leidenschaft. Genauso gern arbeitet er im Modegeschäft seiner Eltern.

Er ist eben aus den Ferien in Locarno zurückgekehrt. Freunde von ihm haben da in der Nähe ein Häuschen. Das Besondere für Joel Basman: Er ist das erste Mal selbst mit dem Auto ins Tessin gefahren. «Ich habe den Führerschein erst seit ein paar Monaten», verrät der 31-Jährige. «Während des Drehs von ‹Monte Verità› habe ich Locarno neu entdeckt. Und gemerkt, dass man im Tessin ein Auto haben muss.»

Neben dem Filmstreifen über eine Gruppe von Aussteigern, die auf dem Tessiner Berg ihr Paradies findet, ist Basman nun mit einem weiteren mit Spannung erwarteten Film im Kino zu sehen – «Stürm: Bis wir tot sind oder frei» (ab 25. 11.). Bevor er für die Haupt­rolle in der Biographie über den Schweizer Ausbrecherkönig Walter Stürm (†) gecastet worden ist, hatte Basman nie von ihm gehört. «Das ging völlig an mir vorbei.»  Für Recherchezwecke führte er Gespräche mit Menschen, die einen langen Freiheitsentzug erlebt haben: «Das macht etwas mit dir. Die einen können zwar etwas Po­sitives daraus ziehen. Eingesperrt bist du aber trotzdem.»

Die GlücksPost trifft den Schauspieler im Modegeschäft seiner Eltern. Joel bringt jedes Jahr seine eigene Kollektion raus. «Abgesehen von 2021. Da hatte ich zu viel zu tun, und meine Eltern brachten meine Arbeit zu Ende. Mein Vater sagt immer: ‹Wenn ich etwas so gestalte, wie ich es nicht schön finde, dann findet es Joel gut.›» Das schwarze Shirt mit kleinem Reissverschluss, das er trägt, hat er auch selbst entworfen. Aber so richtig gelernt hat er den Beruf nicht: «Ich bin hier auf­gewachsen. Wenn ich bei der Umsetzung sage: ‹An dem Kragen möchte ich Zacken, hier eine Doppelnaht›, verstehen alle genau, wie ich das meine. Und sie können auch meine Zeichnungen deuten.»

Dieser Laden war für den kleinen Joel praktisch das Wohnzimmer, die ebenerdige Terrasse im Hinterhof das Spielzimmer von ihm und seiner Schwester. «Nun spielen meine Nichte und mein Neffe hier.» Die Genossenschaft im Block sei eng verbunden. «Einmal pro Woche essen alle zusammen.» Es würde ihn be­trüben, wenn an der Hausmauer einmal nicht mehr das Basman-­Logo prangte. Will er das Geschäft übernehmen? «Das sind Fragen für die Zukunft. Die Passion wäre da, und im Moment würde ich sagen: ‹Ja, weitermachen!›»

So hat er stets ein zweites Standbein neben seinem Schauspiel­beruf. Obwohl er das eigentlich nicht braucht: Wenige Schweizer sind so gefragt wie der Zürcher. Er kann sich die Rollen aussuchen. «Ich drehe nicht einfach irgendwas – da stehe ich lieber im Laden an der Kasse.»

Auffällig oft spielt Basman in Filmen, die auf wahren Begebenheiten beruhen – wie «Monte Verità» und «Stürm». Er habe keine Vorliebe für Historisches, sagt er: «Das ist abhängig von den gängigen Trends. In den letzten Jahren gab es viel über den Zweiten Weltkrieg, jetzt findet eine Bewegung zum Ersten Weltkrieg statt. Und zu den 20er-Jahren, wie in der ARD-Serie ‹Eldorado KaDeWe›, in der ich mitspiele.» TV-Termin ist da der 27. 12.

Reale Geschichten faszinieren ihn allerdings schon: «Es gibt so viele spannende Ereignisse, nur schon in der Schweiz, die es Wert wären, verfilmt zu werden. Ich habe einiges in der Pipeline, Stoffe, für die ich alles tun würde, die ‹stürmisch› sind.» Er würde diese Projekte sogar selbst umzusetzen: «Ich kann mir gut vorstellen, dass sich meine Karriere in Richtung Regie oder Produktion entwickelt.»

Gerade, als sich die GlücksPost verabschiedet hat, kommen Joels Eltern mit seiner Nichte und seinem Neffen daher. Aus Basman wird ein hemmungsloser Kindernarr, der mit dem kleinen Buben Fangen spielt, Grimassen zieht und komische Laute von sich gibt. «Eine eigene Familie ist aber noch nicht in Sicht.»