«Wenn Leano lacht, ­vergesse ich alles»

Vor bald einem Jahr fuhr der Langlauf-Star sein letztes Rennen. Seither geniesst er das Familienleben. Ruhiger ist es bei ihm aber nicht geworden – und das nicht nur wegen seinem Sohn.

Der Schnee knirscht unter den Schuhen von Dario Cologna (36), als der Langlauf-Star die GlücksPost in Davos GR empfängt. Es ist bitterkalt an diesem Morgen. Das Thermometer zeigt minus 14 Grad an. Nur einem scheint die Kälte nichts auszumachen: Leano (1), der dick eingepackt von Mama Laura (32) auf einem Holzschlitten gezogen wird. Immer wieder winkt er und strahlt mit der Sonne um die Wette. «Er ist ein kleiner Charmeur», sagt Papa Dario und lacht.

GlücksPost: Hat er diese Eigenschaft von Ihnen? 

Dario Cologna: Ich glaube nicht. Laura und ich waren als Kleinkinder beide eher zurückhaltend und scheu. Momentan ist Leano mega offen. Wenn man mit ihm irgendwohin geht, strahlt er die Leute an, und wenn man in die Migros geht, kennen ihn alle. 

Sie schwärmen richtig!

Ja, Leano macht Freude. Wenn ich mal nicht so gut drauf bin und er mich anlacht, ist alles vergessen. Wir sind sehr glücklich darüber, dass er so ein fröhlicher und gesunder Bub ist. Es ist mega schön, dass ich jetzt mehr Zeit mit ihm verbringen darf.

Im Herbst 2021 gaben Sie den Rücktritt bekannt, Ihr letztes Rennen als aktiver Langläufer absolvierten Sie im Frühling 2022. Stehen Sie noch oft auf der Loipe?

Jetzt, wo ich Zeit habe im Winter, mache ich es immer noch sehr gerne, ja. Und ich versuche, fit zu bleiben. Man soll ja nicht von heute auf morgen aufhören, das ist nicht gesund. Es ist nach wie vor eine Leidenschaft.

Dario Cologna ist der erfolgreichste Schweizer Langläufer aller Zeiten. Der Münstertaler ist vierfacher Olympiasieger im Langlauf, gewann 26 Weltcuprennen sowie viermal den Gesamtweltcup und erreichte vier Gesamtsiege bei der Tour de Ski. Nach insgesamt 16 Saisons bestritt er an den nationalen Titelkämpfen 2022 in Sparenmoos sein letztes Rennen als professioneller Langläufer.

Wenn Sie heute zurückblicken: Sind Sie noch stolzer auf das Erreichte?

Puh, ich weiss nicht. Klar nehme ich heute mehr wahr, was alles gewesen ist. Während der aktiven Karriere ging alles so schnell. Da hat man es nicht immer bewusst genossen. Im Nachhinein bin ich dankbar dafür, was ich erleben und erreichen durfte. Es ist aber nicht so, dass ich jeden Tag meine Medaillen anschaue (lacht). 

Ganz weg vom Profi-Langlaufen sind Sie nicht: Seit Dezember sind Sie für SRF als Experte tätig, kommentieren ab 22. 2. die Nordischen Ski-Weltmeisterschaften.

Genau. Ich hatte jetzt schon ein paar Einsätze hinter dem Mikrofon, und es macht mir Spass. Es ist spannend, das Ganze mal von der anderen Seite zu sehen. Klar, man hat bei der Vorbereitung einen gewissen Druck, trotzdem ist es ein bisschen gemütlicher. 

Wollten Sie schon immer zu SRF?

Nicht unbedingt. Irgendwie kam das auf. Und so gebe ich dem Langlaufsport etwas zurück – zumal ich es mir nicht so gut vorstellen kann, Trainer zu werden.

Warum denn nicht?

Da ist man voll im Business drin, viel unterwegs. Ausschliessen würde ich es aber nicht. Etwas für die Nachwuchsförderung zu machen, fände ich spannend. Aktuell bin ich mit «Swissski» im Gespräch. Mal schauen, in welche Richtung es geht. Und im Sommer will ich eine Weiterbildung machen – das CAS als Sportspreneur an der Hochschule Luzern.

Bei Ihnen ist noch immer viel los! Sie wollen ja privat noch Marathon laufen. Können Sie auch mal faulenzen?

(Lacht.) Ja, ich geniesse es auch mal, auf dem Sofa zu liegen und Sport zu schauen. Mit Leano ist das zwar weniger geworden. Aber wenn er im Bett ist, probieren Laura und ich ein bisschen zu entspannen oder gönnen uns auch mal ein Glas Wein.

Laura, wie ist es für Sie, dass Ihr Ehemann nun so oft daheim ist, nachdem Sie ihn jahrelang immer entbehren mussten?

Laura Cologna: Ich schätze es extrem! Es fällt einem noch mehr auf, wie viel er weg war. Ich glaube, für ihn wäre es nicht mehr so einfach gewesen, wenn er ein paar Saisons mehr gemacht und gewusst hätte, dass Leano daheim ist.

Das Leben mit einem Spitzensportler war für die Immobilienbewirtschafterin nicht immer einfach, wie sie in der Biographie «Dario Cologna – Die Erfolgsformel» von Peter Röthlisberger
erzählt. «Dario verfolgte immer seine Linie, zog seinen Plan konsequent durch. Für mich war es häufig ein Eiertanz, weil ich es ihm, unserer Familie und unseren Freunden recht machen wollte.» 

Was war am schwierigsten für Sie?

All die Momente, in denen er nicht da sein konnte. Zum Beispiel Geburtstags- oder Familienfeiern. Aber auch, wenn es mal nicht so gut für ihn gelaufen ist. Nicht genau zu wissen, was man ihm jetzt sagen soll, dass es wieder besser wird.

Gibt es jetzt mehr Feste?

Ja. Manchmal vergessen wir fast, dass Dario jetzt auch mitkommen kann (lacht). Ich denke, er geniesst es, dass er mal «hocken» bleiben und eins mehr nehmen kann. Er ist voll angekommen, habe ich das Gefühl. Auch als Vater.

Herr Cologna, wie sind Sie als Papa?

Dario Cologna: Mega streng! Nein, gar nicht. Ich glaube, es ist eher sein Mami, das ab und zu mal mit Leano schimpft. Ich bin da wohl noch etwas zu lieb. 

Laura Cologna: Dario ist dafür ein super Hausmann. Wenn er ein paar Tage weg ist, weil er etwa für SRF kommentiert, dann merke ich, dass da was fehlt und mehr Zeug herumliegt.

Leano heisst mit zweitem Namen Richard – wie Lauras Vater, HCD-Legende Richi Bucher, der mit 56 Jahren unerwartet an einem Herzstillstand starb.

Laura Cologna: Er hätte so Freude gehabt an ihm! Er wollte immer einen Buben, mit dem er Fussball spielen kann. Mit meiner Schwester und mir hatte er nur Töchter. Irgendwann erzählen wir Leano von «Neni». Dario und mir war wichtig, dass wir nicht nur einen schönen zweiten Namen haben, sondern auch einen mit Bedeutung. 

Könnte Leano eines Tages ein Geschwisterchen bekommen?

Dario Cologna: Momentan haben wir viel mit ihm zu tun. Aber ein zweites Kind ist vielleicht schon mal ein Thema. Jetzt bin ich zufrieden, wie es ist. Mit Laura und Leano. Wenn es ihnen gut geht, geht es mir gut. Wir freuen uns auf den Sommer und die Familienferien in Griechenland. Dann kann Leano wieder barfuss rumlaufen – das mag er sehr.

Und wann fängt er mit dem Langlaufen an?

Dario Cologna: Er lernt gerade das Laufen, diesen Winter wird es wohl nichts mehr (lacht). Ich selbst bin auch erst mit zwölf auf die Langlaufski gestanden. Dass er Freude hat, ist das Wichtigste. Ich gebe ihm sicher meine Leidenschaft weiter – was er daraus macht, muss er dann selbst entscheiden.