Was ihr Dädi ihnen vorgelebt hat

Die Jodellegende hätte dieses Jahr den 90. Geburtstag gefeiert. Ihr Hit «Dr Schacher Seppli» ist Kult. Ruedi Rymanns Kinder erinnern sich gerne an ihren Vater – auch auf ihrer neusten CD.

Noch ist das Wetter für einen Besuch auf der Alp nicht wirklich ideal. So treffen wir die Rymann-Geschwister Silvia (56) und Peter (48) im Restaurant Bahnhof in Giswil OW. Gegenüber steht unübersehbar die grosse geschnitzte Statue vom Schacherseppli. Sie markiert den Ausgangspunkt zum Schacherseppli-Erlebnisweg und wurde als Würdigung und in Anlehnung an Ruedi Rymanns berühmtesten Hit geschaffen. 

Der 2008 verstorbene Obwaldner Jodler wäre im Januar 90 Jahre alt geworden. Seine Kinder halten das musikalische Schaffen ihres Vaters in Ehren. «Unser Dädi hat stets in allem das Positive gesehen», erinnert sich Silvia Rymann. Er habe nie ein schlechtes Wort über jemanden verloren. In seinen Augen waren alle Menschen gut. «Das hat er uns auch vorgelebt», stellt sie fest. Peter nickt zustimmend. «Fast täglich werden wir auf unseren Vater angesprochen, etwa weil Leute einen Titel im Radio gehört haben und das uns gegenüber erwähnen oder Anekdoten erzählen, die sie mit ihm verbinden. Uns freut das immer sehr», meint Peter Rymann, der seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ist.

Wichtig war Ruedi Rymann auch die Liebe zur Natur. Er übte seine Tätigkeiten als Älpler und später als Wildhüter mit grosser Hingabe aus. Das hat ihn zu vielen Liedern inspiriert, etwa «Uf Älplerbsioch». «Es ist eines meiner Lieblingslieder, die unser Vater geschrieben hat.» Oft habe am Sonntag die ganze Familie einen Ausflug auf die Alp gemacht und dann dort Vaters feine Älplermagronen genossen, erzählt Silvia. «Älplerbsioch» steht nun auch als Titel für die neue CD der Geschwister Rymann mit Rita Burch, dem Echo vom Loiwital und der Kapelle Paul Amrein (erhältlich bei www.phonoschop.ch). Silvia hat diese Komposition bisher nie gesungen, weil dazu eine Männerstimme nötig ist. Dass Peter, der sonst für die musikalische Begleitung auf dem Schwyzerörgeli und die zweite Stimme zuständig sei, nun erstmals die Hauptstimme übernehme, sei für sie ein Highlight, betont Silvia Rymann.

Die passionierte Jodlerin, die mit Begeisterung ihr Können auch in Jodelkursen weitergibt, ist vor 40 Jahren erstmals mit ihrer Schwester Annemarie aufgetreten. Ein Jubiläum, das leider nicht gefeiert werden kann. Nach dem plötzlichen Unfalltod von Annemarie und ihrem Mann Peter Berchtold-Rymann vor vier Jahren verlor sie nicht nur ihre geliebte Schwester, sondern auch ihre Duett-Partnerin. Der Neustart mit Bassistin Rita Burch sei gelungen und mache viel Freude. Eine neue Jodelstimme an ihrer Seite war nie ein Thema. Es falle ihr immer noch schwer mit Aussenstehenden über den Tod Annemaries zu reden, aber sie schaue vorwärts und habe wieder Freude am Musikmachen. «Dabei fühle ich mich ihr auch nahe», sagt sie leise. Auch für Peter vergeht kein Tag, an dem er nicht an seine verstorbene Schwester und deren Mann denkt. «Am Anfang war ein Gefühl von Ohnmacht da, inzwischen mussten wir lernen, mit dem Verlust zu leben.»

Die Geschwister sind dankbar, dass ihre 85-jährige Mutter so vital und voller Zuversicht ist. Sie erledige ihre Einkäufe sogar noch mit dem Velo, erzählt Silvia schmunzelnd. Ihr wie allen Müttern widmen sie deshalb auf der neuen CD den Titel «Müeti, liebs Müeti».