Was für eine schöne Wende!

Ihre Rolle im «Tatort» ist für die Westschweizerin ein Glücksfall: Den Röstigraben für Engagements zu überspringen, fällt ihr ­seither leicht – und eröffnet ihr ganz neue Perspektiven.

Sie sitzt am Küchentisch, eine Baseballkappe auf dem Kopf und einen Schal um den Hals: Anna Pieri Zuercher hat Corona. Eigentlich wären zwei volle Tage mit Interviewterminen und Fotoshootings in Zürich geplant gewesen. Nun steht die Lausannerin den Journalisten mit rauer Stimme per Videocall Red und Antwort. Es geht um den neuen Zürcher «Tatort – Schattenkinder» (13. 3., 20.05 Uhr, SRF 1).

Das neue Engagement als Kommissarin Isabelle Grandjean hat der 43-Jährigen ein ganz neues Feld eröffnet: «Bisher war ich nur in der Romandie am TV zu sehen», sagt sie auf Hochdeutsch mit starkem französischem Akzent, wie man es von ihrer «Tatort»-Rolle her kennt. In der Krimi-Reihe ist er allerdings einiges dezenter. «Wenn ich einen Text vorher lernen kann, ist das natürlich viel einfacher», erklärt Pieri Zuercher den Unterschied.

In der Tat ist die Sprache für sie kein Hindernis mehr beim Sprung über den Röstigraben: Sie spielt in der zweiten Staffel von «Neumatt» mit, spricht in der Rolle sogar Schweizerdeutsch. Und macht vermehrt Castings in Deutschland. «Das ist eine schöne Wende in meinem Leben, der ‹Tatort› hat mir viele Türen geöffnet», sagt die Mutter eines zehnjährigen Buben. «Es war ein grosser Schritt für mich. Ich bin mir nicht gewohnt, vor einem Millionen-Publikum zu spielen und auf der Strasse erkannt zu werden. Genauso muss ich mich noch daran gewöhnen, dass der ‹Tatort› am Montagmorgen entweder gelobt oder eben auch kritisiert wird. Viel dazwischen gibt es nicht.»

Zum Glück hat sie auch weniger polarisierende Projekte, etwa die schweizerisch-französische Co-Pro­duk­tion «Hors Saison» («Nebensaison»). Im sechsteiligen Krimi (ab 30. 3., SRF 2) wird Pieri Zuercher bei uns und in unserem westlichen Nachbarland erneut vor Millionenpublikum spielen. Und dann gibt es da noch das «Familienprojekt» – einen Film, den sie mit ihrem Gatten, Kameramann Pietro Zuercher (46), verwirklichen möchte. «Ich schreibe gerade am Drehbuch», erzählt sie.

Eigentlich ist Pieri Zuercher ja ausgebildete Klavierlehrerin. «Ich habe genau ein Jahr auf dem Beruf gearbeitet, bis ich merkte, dass das nicht mein Ding ist.» Sie hängte ein Schauspielstudium in Paris an, lebte einige Jahre in der fran­zösischen Hauptstadt und spielte dort Theater. «Den Klavierdeckel habe ich 15 Jahre lang nicht ge­öffnet. Obwohl ich das Piano mit nach Paris und wieder zurück in die Schweiz gezügelt habe!»

Als ihr Vater starb, griff sie in den schweren Stunden erstmals wieder in die Tasten. Seit einem Jahr spielt sie regelmässig. «Ich muss vieles neu lernen. Doch ich habe keine Ambitionen. Es muss einfach Spass machen.» Im nächsten «Tatort» im Herbst zeigt sie gar als Kommissarin Grandjean ihr musikalisches Können und hat ­eigens dafür geübt. «Ich spielte vor der ganzen Crew Klavier. Das machte grossen Spass!»