Warum er sich von so vielem trennt

Der Vertrag ist unter Dach und Fach: Sein Hotel «Wysses Rössli» ist verkauft. Mit 68 Jahren befreit sich der einstige Volksmusik-Papst von Altlasten und Verpflichtungen. Die grosse Freiheit ruft!

Er sei ein glücklicher Mensch, mit sich und der Welt im Reinen und zufrieden. So zieht Sepp Trütsch (68) die Bilanz seines höchst spannenden Lebens. «Vom ‹Loobüebel›, aufgewachsen oberhalb von Schwyz, zu nationaler Grösse aufgestiegen und auch in Deutschland und Österreich zum Begriff geworden, darauf kann ich eigentlich stolz sein», sagt er. «Ich habe alle Erdteile besucht, die meisten Länder gesehen und auf 54 Kreuzfahrten die Ozeane durchpflügt. Eigentlich müsste ich aufgrund dessen ja längst 100 sein», scherzt er. «Ich kann auf ein ultraschönes Leben zurückblicken.»

Gibt es denn jetzt, nach so vielen Reisen, Erlebnissen und Abenteuern sowie dem Verkauf seines Hotels «Wysses Rössli» in Schwyz noch weitere Ziele und Herausforderungen für ihn? «Höchste Priorität hat für mich ein Besuch auf den Galapagos-Inseln vor Ecuador. Ein langjähriger Traum ist auch eine Fahrt mit Schlittenhunden durch einen Teil von Alaska, von Iglu zu Iglu, sowie ein Aufenthalt in einem hohen Bergsteiger-Camp im Himalaja. Ich war schon auf dem höchsten Berg Afrikas, dem Kilimandscharo.» Klar, den Mount Everest oder einen anderen Achttausender werde er nie mehr schaffen. «Aber mal die extreme Höhenluft in dieser legendären Bergregion schnuppern, das wäre wohl noch möglich.»

Ein weiterer Traum sei eine ausgedehnte Südseereise. «Blue Lagoon und Tahiti, allein schon bei diesen Worten werde ich schwach. Dazu gefallen mir die Hula-Hula-Girls, mit denen ich spontan mittanzen möchte.» Ab jetzt könne er nach Lust und Laune Ski fahren gehen, einen oder zwei «Kafi Chrüter» trinken, wenn es ihn gelüste, zum Wandern in die Berge fahren oder dazu nach Mallorca fliegen – «ich kann machen, was ich gerade will.»

Dieses Jahr reiste Trütsch mit seiner ganzen Familie in die Mongolei. Von dort stammt Naraa, die Ehefrau seines Sohnes Josef jr (47). «Das war dann doch ziemlich abenteuerlich, vor allem ausserhalb der Hauptstadt Ulan Bator», erzählt Trütsch. «Es war bis zu 50 Grad heiss, da hat man mehr Durst als Hunger. Jedenfalls kam ich fünf Kilo leichter zurück.»

Der gelernte Drogist, der zum Volksmusik-Papst wurde, ist vom Bildschirm verschwunden. Von 1979 bis 2002 war er eine der tragenden Figuren des Schweizer Fernsehens, Chef der Abteilung «Folklore» als Nachfolger seines legendären Vorgängers Wysel Gyr. «Ihm verdanke ich meine Karriere. Ausserdem ist es Wysels Verdienst, dass die Folklore-Musik heute derart präsent ist.» Sie seien sich beide immer mit grösstem Respekt begegnet. Als Redaktionsleiter wurde Trütsch später sogar zu Gyrs Vorgesetztem. «Wir hatten beide ein Riesenwissen. Aber im Gegensatz zu ihm konnte ich singen», sagt Trütsch und grinst.

«Ich singe, seit ich 18 bin. Mit 19 nahm ich die erste Schallplatte auf, wurde zum Shooting Star der Jodler-Szene, ging mit 20 auf Amerika-Tournee, wo ich im Vorprogramm von Frank Sinatra auftrat. Mit 21 gab es als Jodler Reisen nach Japan, Korea und Singapur.» Dank seines markanten, speziellen Jodelstils war Trütsch bald der – neben «Schacher Seppli» Ruedi Rymann – bekannteste Jodler der Schweiz, auf den Wysel Gyr längst aufmerksam geworden war. So schloss sich der Kreis.

Langweilig werde es ihm wohl auch als richtig Pensionierter nicht, meint er. «Ich kann jetzt meiner Frau Ida und meiner Familie endlich etwas zurückgeben und auch wieder verrückte Ideen durchziehen. Die Energie dazu habe ich noch längst. Sollte mich jemand zum Beispiel zu einer Flusskreuzfahrt mit Moderation überreden wollen, könnte das demjenigen wohl gelingen», so das Schlitzohr.

Beibehalten wird Sepp Trütsch natürlich auch die jährlichen Vater/Tochter-Ferien mit Angela (44). «Angie wählt aus, und der Papa zahlt», schmunzelt er. «Das nächste Angie-Ziel ist zwar noch nicht formuliert. Aber wir reisen immer nur dorthin, wo wir noch nicht waren. Vielleicht ist es sogar noch einmal eine Kreuzfahrt.»

Hat er sich schon mal Gedanken gemacht, wie er dereinst bestattet werden möchte? Und was auf seinem Grabstein stehen sollte? Auch darauf ist der Mann, der dem Tod schon zweimal von der Schippe sprang, vorbereitet. Im Juli 2010 wäre er wegen eines – zum Glück gutartigen – Darm-Tumors und anschliessenden viralen Infekts mit Komplikationen beinahe verhungert; er wog noch knapp 60 Kilo. Im Januar 2011 schwebte er wegen innerer Blutungen in Lebensgefahr, konnte im letzten Moment notoperiert werden. «Ja, ich möchte bestattet werden. Meinen Grabstein soll entweder ein Musiksujet oder etwas Schweizerisches schmücken. Unter meinem Namen und den Jahreszahlen 1949 – ???? soll der Titel des Schlussliedes meiner TV-Sendungen ‹Fyrabig› und ‹Musigplausch› stehen: ‹Das isch es gsi.›»