Vom Paradies aus zu neuen Höhenflügen

Obwohl er mit seinem Hotel viel um die Ohren hat, ist der Alpentainer nun auch musikalisch wieder mit Vollgas unterwegs. Den Startschuss fürs Album und die Tournee gibt der Musiker passend in der Bergidylle nahe seiner Heimat.

Von Irene Lustenberger 

Eine Szenerie wie aus dem Bilderbuch erwartet uns am frühen Morgen: Die ersten Sonnenstrahlen erleuchten die Bergspitzen, die sich auf der Wasseroberfläche spiegeln. Ausser uns ist fast niemand hier, nur ein paar Angler versuchen ihr Glück. Passend zum prominenten Besucher ertönen aus der Ferne Kuhglocken. In dieser idyllischen Umgebung, am Engstlensee oberhalb von Innertkirchen BE, hat Marc Trauffer (43) das Video zu seiner Single «Glöggelä» gedreht. «Ich hatte für das Video immer das Bild eines Bergsees vor mir», erinnert er sich. «Und wenn es schon einen so schönen Flecken in der Nähe meiner Heimat gibt, musste ich das versuchen.» Er habe aber nicht gewusst, ob man ihm den Videodreh im Naturschutzgebiet erlaube. «Die Alpgenossenschaft hat mir aber glücklicherweise die Bewilligung gegeben», erzählt Trauffer, blickt sich um und ergänzt: «Hier ist doch einfach ein Paradies! Die frische Luft, die Ruhe und die Naturpracht tun einfach gut.»

Nicht zum ersten Mal posiert der Alpentainer auf dem Cover  des Albums, das gleich heisst wie die Single, mit einem Tierbaby. Nach einer Kuh, einem Bernhardiner und einer Geiss ist es dieses Mal ein herziges Eseli. «Es ist unglaublich, wie junge Tiere auf Glöggeli reagieren», sagt er. Deshalb spielt die kleine Esel-Dame im Videoclip die Hauptrolle, wenn Trauffer singt: «Jedes Mal wenn i tue glöggelä, chunsch du hingerfüre z zöttele. De dänk i wieder, läck, wie schön du bisch, das gloubt mer niemer, sött me fötele.» Lachend fügt er an: «Auch wenn sie zuerst gar keine Lust hatte, für ein Foto zu posieren. Ein richtig sturer Esel halt.»

Das Album wäre eigentlich früher geplant gewesen und ist schon lange fertig. Doch die Pandemie brachte auch Trauffers Terminkalender durcheinander. «Mein Masterplan war: 2019 der Auftritt mit Gölä am ESAF in Zug, 2020 das gemeinsame Album sowie der Auftritt im Letzigrund-Stadion und 2021 mein Album inklusive Tournee. 2022 dann die Eröffnung meines Hotels», erzählt der Musiker. «Irgendwann war dann klar, dass praktisch alles im 2022 passieren muss.» Trotzdem wollte er an seinem Tonträger arbeiten und verzog sich mit seinem Produzenten-Team in ein abgelegenes Chalet im Unterwallis. «Das Album zeigt genau diese Kraft und den Drang, wieder Party machen zu dürfen.» Denn Marc Trauffer möchte mit seiner Musik nur eines: die Menschen glücklich machen.

«Glöggelä» sei «101-prozentig Trauffer»: bodenständig, echt und urchig. «Die Fans sollen erkennen, dass ich noch ich bin. Die Pandemie hat mich nicht grundlegend verändert», sagt er. Wie immer entstanden die Songs und Texte im Team. «Mal kommt von hier ein Input, mal von dort.» Am Schluss sei es aber er, der hinstehen und die Lieder performen müsse. Dies macht er ab März 2023 auf Tournee. «Es gibt eine grosse Alpenparty mit allen Hits und den neuen Songs. Wir brennen jeden Abend die Hütte ab», verspricht er. Nach Konzerten im Letzigrund und im Hallenstadion vor Zehntausenden von Fans will er nun wieder näher zu den Leuten und tritt in Eventhallen in der ganzen Schweiz auf.

Marc Trauffer ist nicht nur Musiker, sondern auch Unternehmer und Gastronom. Am 4. Juni 2022 – an seinem 43. Geburtstag – eröffnete er in Hofstetten bei Brienz die «Trauffer Erlebniswelt» mit dem Bretterhotel. Die ersten Monate seien sehr streng gewesen, gibt er zu. Aber: «Wir sind glücklich und bekommen praktisch nur gutes Feedback», sagt er. Es gebe aber auch Gäste, die mit zu hohen Erwartungen kämen. «Daran muss ich mich erst gewöhnen. Aber das gehört zur Gastronomie, wie ich von Kollegen aus der Branche erfuhr.» In den meisten Fällen gelinge es ihnen aber, die Gäste zu begeistern. Trauffer zeigt sich auch selbstkritisch: «Wir haben die Abläufe noch nicht ganz im Griff, und das Team ist am Limit.» Aufgrund der Pandemie sei es schwierig, Personal zu finden. «Aber die Stimmung ist gut. Intern haben wir es huere cool.»

Marc Trauffers Frau Brigitte (43) ist Direktorin des Hotels. «Wir haben wenig Zeit füreinander», bestätigt der Berner. Mit seiner Holzspielwaren-Firma und der Musik war er bereits vorher vielbeschäftigt. «Jetzt kam noch eine Komponente hinzu.» Brigitte mache ihren Job aber hervorragend. «Wir haben beide grossen Spass und sind unglaublich stolz.» Das Ehepaar steckt viel Herzblut und Energie in ihr Projekt. «Als wir mutterseelenallein im Rohbau des Restaurants Silvester feierten, sagten wir, das Jahr werde Horror», erinnert sich Trauffer. «Und wir befinden uns momentan mitten in diesem Horror. Aber positiv betrachtet.» Immerhin gönnten sich die beiden im September ein verlängertes Wochenende. «Dieses haben wir so richtig genossen», sagt er schmunzelnd.

Zukunftspläne schmiedet Marc Trauffer keine: «Man hat in den vergangenen zwei Jahren gesehen, wie schnell alles gehen kann. Weshalb soll ich dann zwei Jahre im Voraus planen?»