Voller Vorfreude – aber mit einem Hauch Melancholie

Es ist ein Geburtstag, der spezieller ist als andere zuvor: Die Sängerin und Schauspielerin wird in wenigen Tagen 70 Jahre alt. Im Interview erzählt sie, was sie rund ums Älterwerden bewegt, welche Projekte und Pläne sie hat und wovon sie träumt.

Sieht es nicht toll aus?!» Kaum angekommen bei Maja Brunner in ihrem Zuhause in Schindellegi SZ, zeigt sie voller Begeisterung auf eine in Bordeaux gestrichene Wand im Wohnzimmer. «Das habe ich ­gestern gemacht», erzählt sie stolz. «Mit dem bräunlichen Taupe zuvor war ich gar nicht ­zufrieden.» Sie lacht. «Dann ist mir aber noch der Farbtopf umge­fallen und die Farbe auf dem Boden ausgelaufen. Da gab es dann halt noch zu putzen. Ich war den ­ganzen Tag also gut beschäftigt!» Die Sängerin und Entertainerin blickt zufrieden auf ihr Werk. Und das ist sie allgemein in ihrem ­Leben, wenige Tage vor ihrem 70. Geburtstag.

 

GlücksPost: In diesen Tagen wären Sie eigentlich auf der Bühne gestanden, richtig?

Maja Brunner: Ja, ich wäre im ­Zürcher Bernhard-Theater im Musical «Stägeli uf, Stägeli ab» aufge­treten.

Auch an Ihrem 70. Geburtstag?

Am 6. Juli hätte die Dernière stattgefunden, verbunden mit einem kleinen Fest, was sehr schön gewesen wäre. Erich Vock, der Produzent, hatte das terminlich extra so gelegt. Auch das Stück, bei dessen Uraufführung ich Ende 2015 mitwirkte, hat er speziell zu meinem Geburtstag wieder aufgenommen, da ich darin eine grosse Rolle spiele.

Wie fühlte sich die Absage an?

Ich war echt traurig. Traurig für die ganze Produktion, für das ganze Ensemble. Und natürlich auch traurig, weil es speziell wegen mir aufgeführt worden wäre.

Ist eine Spur Missmut wegen der Situation geblieben?

Nein. Ich hadere nicht, es ist, wie es ist. Letztes Jahr, als die Pandemie begonnen hat und die ersten Absagen kamen, war das wirklich schlimm. Da hatte man ja anfänglich immer noch Hoffnung, aber was anstand, wurde fortlaufend abgesagt.

Wann soll es nun wieder auf die Bühne gehen?

Ich bin guten Mutes, dass der «Lachner Wiehnachtszauber» im November und Dezember durchgeführt werden kann. Und 2022 stehen zwei Erich-Vock-Bühnenstücke an sowie eine Openair-Produktion im Sommer. Es geht dann also bald wieder von Null auf 100!

Wie werden Sie nun Ihren 70. Geburtstag feiern?

Im kleinen Kreis und gestaffelt – mit der Familie, mit Berufskollegen sowie privaten Freunden. So hat man Zeit für alle und jeden, kann einander viel mehr geniessen als bei einem grossen Fest. Ich freue mich sehr und feiere meine Geburtstage gerne. Und dann mache ich mir noch ein spezielles Geschenk.

Was genau?

Ich habe mich entschieden, ein neues Album herauszugeben – 16 Jahre nach der letzten CD. Lange wollte ich davon nichts wissen, obwohl mich mein Bruder Carlo immer wieder etwas angestupst hat. Dann bin ich kürzlich eines Morgens aufgewacht und wusste: Ja, das mache ich!

Das heisst?

14 neue Titel, alles schöne, beschwingte und romantische Schlager. So wie mich die Menschen damals kennengelernt haben, als ich 1987 den «Grand Prix der Volksmusik» gewann – so­zusagen zurück zu den Wurzeln. Ich freue mich riesig auf die Aufnahmen. «Mit 70 hat man noch Träume» erscheint dann Anfang September.

Wie fühlen Sie sich denn mit der Zahl 70?

Es ist mir nicht mehr so gleich­gültig wie es der 50. oder der 60. Geburtstag waren. Die Endlichkeit wird einem mit 70 bewusster. Man hört oft, dass jedes Jahr über 80 ein Geschenk ist. Da ist nicht mehr so viel Zeit, die man vor sich hat.

Eine gewisse Melancholie ist bei Ihnen zu spüren.

Ja, das ist so. Wenn ich daran denke, wie schnell die letzten zehn Jahre vergangen sind! Doch ab­gesehen davon: Mir geht es sehr gut, ich fühle mich wohl und bin auch sehr dankbar dafür, dass ich gesund bin.

Und wie sehen Ihre persönlichen Träume mit 70 aus?

Ich träume nicht etwa davon, den Mount Everest zu besteigen. Ich denke da eher an kleine Träume, die jeden Tag entstehen können.

Einen ganz grossen Traum hegen Sie nicht?

Nun, ich würde mich sehr freuen über eine witzige Rolle in einem Schweizer Film in der Art von «Die Herbstzeitlosen» und «Sternenberg». Es darf aber auch gerne ein Drama sein!

Sie sind seit 13 Jahren single. ­Träumen Sie vielleicht auch von ­einer neuen Liebe?

Wenn ich am TV einen romantischen Film sehe, kann es schon sein, dass ich für mich denke: Ach, das wäre jetzt toll! Ich habe viele schöne Liebesbeziehungen in meinem Leben erfahren, aber nun bin ich so lange schon allein, was einen doch sehr prägt. Man hat seinen eigenen Rhythmus, muss niemandem Rechenschaft ablegen.

Verliebt haben Sie sich seither nie mehr?

In meinen Tagträumen – da ver­liebe ich mich, entliebe mich aber auch wieder. Aber ich schliesse nichts aus, würde aber nicht mehr mit jemandem zusammenleben wollen.

War Internet-Dating mal ein Thema für Sie?

Nein. Da bin ich altmodisch – und unheilbar romantisch. Ich glaube an die Begegnung: Man schaut sich an, und es ist um einen geschehen. Das war bei mir immer so, und ich möchte es nicht anders haben. Wenn es nicht mehr passiert, dann ist es halt so.

Haben Sie sich gerade in der ­Pandemie-Zeit nie einsam gefühlt?

Nein. Ich kann gut für mich allein sein, fühle mich aber nicht einsam. Ich habe ein tolles Umfeld – liebe Familie, liebe Freunde. Da bin ich sehr aufgehoben.

Ohne Auftritte hat Ihnen aber schon etwas gefehlt, nicht?

Eigentlich nicht, muss ich offen und ehrlich sagen. Seit vielen Jahren bin ich ununterbrochen in meinem Beruf tätig. Auf der Bühne zu stehen, ist traumhaft schön, bedeutet aber auch viel Druck. Die Leistung zu bringen – auch wenn man zum Beispiel ein Stück schon 300-mal gespielt hat. Man muss 300-mal gut sein.

Da kam die Zwangspause für Sie nicht ungelegen?

Ja. So konnte ich für einmal einfach in den Tag hineinleben, alles etwas lockerer nehmen. Und bin nicht gleich in Panik verfallen, wenn am Morgen meine Stimme etwas heiser war. Aber: Ich freue mich, wenn es wieder losgeht.

Verspüren Sie als Künstlerin den Druck, trotz des Älterwerdens jünger aussehen zu müssen?

Ich bin ja nicht mehr auf der grossen Showbühne und stehe da in Konkurrenz mit jungen Kolleginnen, trete heute an kleineren Veranstaltungen auf. Bei den gesanglichen Projekten wie beim «Wiehnachtszauber» bin ich meist Teil eines Ensembles. Auf der Theaterbühne ist es ebenfalls so, und ich spiele da Rollen, die meinem Alter entsprechen – oder werde sogar älter gemacht, als ich aussehe.

Eingriffe waren nie ein Thema für Sie?

Einzig vor 15 Jahren, da habe ich meine Augenlider korrigieren lassen. Falten stören mich definitiv nicht, für mich ist es okay, wie es ist. Nicht einfach war aber der Übergang in den Wechseljahren, wenn sich der Körper verändert: Dann muss man sich vom Jungsein verabschieden.

Und überlegt dann nicht doch, ­etwas nachzuhelfen?

Entweder man versucht, die ewige Jugend zu bewahren. Oder lässt dem Alter seinen Lauf. Wobei ich sehr auf meine Gesichtspflege achte, auch auf die Ernährung schaue, nicht rauche und keinen Alkohol trinke. Wichtig ist mir aber auch die Körperhaltung: Nicht eine Falte macht alt, sondern wie man sich bewegt. Ge­radeaus und frisch in die Welt schauen: Dann wird man nicht als alt empfunden. Ich weine nicht den Dingen nach, die nicht mehr sind, sondern freue mich über alles, was noch ist.