Voller Tatendrang – und fit wie nie

Ruhestand? Daran denkt der deutsche Schlagerstar auch nach 45 Jahren im Geschäft und überstandener Transplantation nicht. Zumal seine Frau Silvia neuerdings stets an seiner Seite ist.

Postkarten-Idylle und Kaiser-Wetter! «Ist es nicht schön hier?», fragt Roland Kaiser (67) und blickt über den Thunersee in die Berge. Da werden Erinnerungen wach. «1973 war ich das erste Mal in der Schweiz – eine zweiwöchige Rundreise mit dem Auto: Zürich, Bern, Neuchâtel, Zermatt … Mangels Geld habe ich meist im Auto geschlafen und morgens in einem See gebadet.»

Aus dem 21-jährigen Entdecker wurde einige Jahre danach ein Schlagerstar, und im Gegensatz zu damals hat er heute nur wenig Zeit für Sightseeing. Für einen Latte macchiato auf der Hotel-Terrasse reicht es, aber danach muss er los: Proben für einen TV-Auftritt. «Das ist in meinem Beruf so: Wir fahren von einem Ort zum nächsten, kennen den Flughafen, das Hotel, die Halle. Aber das passt schon», sagt er ohne Bedauern, «man kann das ja privat nachholen.»

Die Musik mache ihm einfach Freude. Sein aktuelles Album «Alles oder Dich» erschien im Frühling. Er hat Wert darauf gelegt, dass es optimistisch und lebensbejahend daherkommt, 100 Prozent Roland Kaiser ist, dank hochkarätigen, amerikanischen Tonmeistern aber auch international klingt. Es gehöre dazu, dass man sich weiterentwickle. «Bei den Konzerten sehe ich, dass ich ein neues Publikum begeistern kann, ohne die langjährigen Fans zu verlieren. Das ist ein wunderbares Gefühl.»

Mit seiner seit 45 Jahren andauernden Karriere hätte Roland Kaiser eigentlich alles Recht, die Füsse hochzulegen. Doch das kommt für den Sänger, der am 31. Juli am Openair in Flumserberg auftritt, nicht in Frage. «Ich sage immer: Wer sein Hobby zum Beruf macht, muss nie mehr arbeiten. Solange das Publikum sich für meine Musik interessiert und es würdevoll bleibt», sagt er. Und fügt schmunzelnd an: «Ich hoffe, es sagt mir jemand, wenn es nicht mehr so ist.» Er sei lockerer als früher. Natürlich wünsche er sich, dass seine Musik die Menschen erreicht, aber verbissenen Ehrgeiz findet man bei ihm nicht mehr. «Ich bin an einem Punkt, an dem ich alles machen kann, aber nicht muss.»

Sind die Konzerte körperlich nicht eine grosse Herausforderung? Vor neun Jahren hatte er wegen der Krankheit COPD eine Lungen-Transplantation. Er winkt ab. «Meine Lunge ist nicht anders als Ihre. Ich bin so fit wie noch nie.» Wichtig sei, auf sich zu achten, er trainiere beispielsweise täglich auf dem Hometrainer. Seine Ruheoase ist Sylt, wo er und Ehefrau Silvia (53) ein Ferienhaus besitzen – und wo sein Flugzeug steht. Er ist leidenschaftlicher Hobbypilot. «Fliegen ist anspruchsvoll für den Kopf und einfach ein wunderbares Gefühl», schwärmt er. «Sie glauben gar nicht, wie schön es ist, eine perfekte Landung hinzulegen und wieder in die normale Dimension einzutauchen.» Aber auch ein geruhsamer Strandspaziergang oder ein feines Essen mit Silvia
geniesst er.

Seit 1996 sind die beiden glücklich verheiratet. «Unsere Ehe basiert auf Respekt, Achtung und Humor – vielleicht funktioniert sie deshalb so gut», meint er. «Silvia ist eine wunderbare Ehefrau und Mutter.» Die gemeinsamen Kinder, Jan (23) und Annalena (20), studieren beide, machen das laut ihrem Vater sehr gut. Seit sie aus dem Haus sind, begleitet ihn Silvia meist auf Reisen, ist auch in Thun dabei. «Schliesslich werden wir nicht 200 Jahre alt, insofern muss man die gemeinsame Zeit doch nutzen!»