«Ich hatte keine grossen Träume»

Ihr Familienleben liebt sie, und beruflich reitet sie auf einer Erfolgswelle: Für die Schauspielerin und Moderatorin könnte es kaum besser laufen – und sie ist unendlich dankbar dafür. Zumal sie nie mit solch einem Glück gerechnet hätte.

Ein Album, eine Kiste, ein Stückchen Heimat – und schon ist Viola Tami (35) auf einer Reise in die Vergangenheit. Wir treffen sie am Waldrand mit Blick auf Zürich-Schwamendingen, wo sie aufgewachsen ist. «Dort drüben habe ich mit meinen Eltern und meinem jüngeren Bruder gewohnt, hier habe ich mich oft mit Freunden getroffen», erzählt sie. Die Moderatorin und Schauspielerin lebt heute mit Ehemann Roman Kilchsperger (46) und den Söhnen Niccolo (10) und Leandro (8) im Limmattal – und hat sich dort uns zuliebe in den Keller gewagt. «Trotz meiner Spinnenphobie», sagt sie stolz. Sie hat ein Fotoalbum ihrer Kindheit hervorgekramt und eine Kiste mit Zeitungsartikeln über sie, Titelblättern, Plattenverträgen – vieles fast 20 Jahre alt. «Schon verrückt, wie lange das alles her ist. Und lustig anzuschauen!»

Süsse 15 war sie, als durch einen Kurs im Ferienlager die Sendung «VideoGang» entstand, wo sie mitwirkte. Es folgten «Lüthi und Blanc», eine Gesangskarriere und vieles mehr. Heute ist sie unsere Frühlingsbotin – quasi. In den letzten Jahren bereicherte sie in diesen Wochen jeweils als Moderatorin die Event-Sendungen des Schweizer Fernsehens: «The Voice of Switzerland» und «Die grössten Schweizer Talente». Nun präsentiert sie mit «Ich schänke dir es Lied» eine ganz neue Show. Trotzdem ist Viola, die derzeit zudem in «Ausser Kontrolle» im Zürcher Bernhard Theater auf der Bühne steht, sehr entspannt. «Ich freue mich vor allem! Aber klar, es ist auch eine Herausforderung, aber die lassen einen schliesslich wachsen.»

Das kleine Mädchen auf den Fotos hätte sich nicht in den wildesten Fantasien ausgemalt, einmal an diesem Punkt zu stehen. «Ich hatte keine grossen Träume und mir nie solche Ziele gesteckt, ich habe immer schon sehr im Jetzt gelebt», erzählt sie. «Vermutlich stand zwar im einen oder anderen Freunde-Buch, dass ich Sängerin oder Schauspielerin werden wollte, doch das war eher ein Jux, utopisch.» Sie habe Glück gehabt, vieles sei ihr zugeflogen. Ehrgeiz entwickle sie erst, wenn sie an einer Sache dran sei. «Ich habe sehr hohe Ansprüche an mich selbst, vielleicht zu hohe. Ich will immer alles perfekt machen, niemanden enttäuschen.» Bis zur Selbstaufgabe geht das aber nicht: Für eine intensive Gesangskarriere etwa – sie wurde mit 18 von einer deutschen Plattenfirma entdeckt – war ihr der Preis zu hoch. Zu oft musste sie sagen und anziehen, was von ihr verlangt wurde, stand zwar auf grossen Bühnen, sass abends aber allein im Hotelzimmer. «Die grosse weite Welt ist nichts für mich, das habe ich damals gemerkt. Ich bin gerne in der Heimat, bei meiner Familie.»

Zum Bruder und den Eltern, die nach wie vor in Schwamendingen leben, ist der Kontakt immer noch eng. Für sie sei es wohl seltsam gewesen, was bei ihrer Teenager-Tochter damals alles los war. «Aber sie haben mir vertraut und mich machen lassen, waren glücklich, wenn ich es war – so wie es mir bei meinen Kindern heute auch geht.» Sorgen um ihre Tochter brauchten sich ihre Eltern nicht zu machen. «Ich hätte zum Beispiel nie etwas Gefährliches ausprobiert, hatte Angst vor allem. Eigentlich heute noch: Ich gehe keine unnötigen Risiken ein, würde zum Beispiel nie Bungee-Jumping machen oder mit dem Auto rasen.» Und in Bezug auf die Kinder? «Klar macht man sich Sorgen, aber ich lasse sie schon aus dem Haus», sagt sie und lacht.

Niccolo und Leandro seien aufgestellte Buben. Ob sie das Show-Gen von den Eltern haben, könne sie aber nicht sagen – und wolle es auch nicht. «Sie sollen ihre Freiheit haben. Ich möchte nicht, dass sie das irgendwann lesen und denken, ich hätte irgendwelche Vorstellungen von ihrer Zukunft.» Es seien ganz normale Jungs, die Fussball lieben wie der Papa und Musik wie die Mama. «Ihre Helden sind YouTube-Stars – die ich komisch finde und nicht kenne. Da merke ich, dass ich doch nicht mehr die Jüngste bin!»

Da schwingt keine Wehmut mit. Warum auch? Über ihrem privaten wie auch über ihrem beruflichen Leben scheint ein Glücksstern zu leuchten – bis auf ein kleines Tief vor rund zehn Jahren, als «Lüthi und Blanc» und die Sendung «People» fast gleichzeitig abgesetzt wurden. Zuvor wurde sie hochgelobt, danach fast abgeschrieben. Doch das hat sie vieles gelehrt. Nicht nur, dass Auf und Abs dazugehören. «Ich war zeitweise genervt, wenn ich zu viel los hatte. Heute schätze ich jeden Tag, es ist mein Traumberuf, ich kann mir nichts Besseres für mich vorstellen», sagt sie. «Danach lebe ich, negativen Gedanken gebe ich keinen Raum. Das sage ich auch meinen Kindern immer: ‹Denkt an das Karma!› Wenn man sich positiv verhält, kommt auch Positives zurück.»

Trotzdem rechnet sie damit, dass irgendwann wieder ruhigere Zeiten kommen. «Aber das ist keine Katastrophe, zumal ich eine andere Aufgabe habe, die mir genauso wichtig ist – für die Familie da zu sein. Ich habe wirklich grosses Glück und bin sehr dankbar dafür.»