«Träume ja nicht aufschieben!»

Mit ihrer grossartigen Stimme siegte die Baselbieterin bei der ersten Staffel von «The Voice Kids». Drei Jahre später hätte sie diese wegen eines Tumors fast verloren – eine schwere, prägende Zeit!

Es weht ein kalter Wind in Lampenberg BL, doch der hält Michèle Bircher nicht davon ab, zusammen mit Papa Rolf (51) eine Runde zu joggen. Im Winter brauche es etwas Überwindung, aber es fühle sich gut an, sich beim Rennen auszupowern, meint die 20-Jährige. «Es hilft mir, auch mental fit zu bleiben. Und das ist momentan wichtig.» Nach erfolgreichem Abschluss ­ihrer dreijährigen Lehre als Coiffeuse letzten Sommer wollte sich die aufstrebende Künstlerin auf die Musik konzentrieren, doch Corona stoppte ihr Vorhaben vorerst.

2013 gewann Michèle die erste Staffel der TV-Casting-Show «The Voice Kids» (Start der neuen Staffel: Samstag, 27. Februar, 20.15 Uhr, Sat 1.). Das zierliche Schulmädchen mit der Zahnspange überzeugte damals alle mit seiner ausdrucksstarken Soulstimme. «Ich denke mit Glücks­gefühlen an diese für mich wichtige Zeit zurück», schwärmt sie. Die stimmgewaltige Baselbieterin stand nach ihrem Sieg regelmässig auf der Bühne. Dennoch war für sie immer klar, erst eine Berufsausbildung zu machen, bevor sie sich ganz ihrer Gesangskarriere widmen würde.

Ein Schicksalsschlag brachte ihre Pläne vor vier Jahren allerdings ins Wanken. Ihr Vater entdeckte plötzlich einen Knoten am Hals seiner Tochter. Untersuchungen ergaben, dass es sich um einen Tumor auf der rechten Schilddrüsenhälfte handelte. Leider habe sich durch die Biopsie nicht feststellen lassen, ob er gut- oder bösartig war. «Erst die Operation brachte Gewissheit, dass alles gut ist und keine weiteren Behandlungen nötig sind», erzählt Michèle. Die monatelange Ungewissheit sei für sie damals das Schlimmste gewesen. «Ich wurde jede Nacht von Angstträumen geplagt und dachte, ich müsse sterben. Diese ständigen Gedanken an den Tod haben mich innerlich fast zerstört», gesteht sie. Zudem habe bei der Operation das Risiko bestanden, dass sie ihre Stimme verlieren und vielleicht nur noch flüstern könnte.

Man merkt, wie die Erinnerungen an diese schlimme Zeit die junge Frau wieder aufwühlen. Sie habe damals realisiert, dass man auch als junger Mensch nichts für selbstverständlich nehmen dürfe. «Es ist wichtig, Träume nicht aufzuschieben, sondern das, was man erreichen will, auch umzusetzen», ist sie überzeugt. Und was auch passiert sei, sie bleibe ein positiver Mensch und wolle jeden Tag lachen.

Heute geht es Michèle gut. Wegen ihres angeschlagenen Immunsystems muss sie jedoch auf gesunde, vitaminreiche Ernährung achten. Sie koche oft für die ganze Familie, es mache ihr mega Spass, erzählt die Sängerin, die noch daheim wohnt. Seit sie bewusster esse, inzwischen nur noch vegetarisch, habe sie auch für den Sport viel mehr Energie. Leider sei die Boulder-Halle «hebdi» in Liestal, wo sie regelmässig trainiere, coronabedingt immer noch geschlossen.

Viel Zeit verbringt Michèle in ihrem hausinternen, selbstgebauten Tonstudio. Sie fokussiert sich auf die Aufnahmen von Coversongs, macht Videos und stellt diese auf ihren YouTube-Kanal (über ihre Website www.michele-music.com). Sie habe angefangen, eigene Lieder zu schreiben, in ­denen sie Situationen aus ihrem Leben verarbeite. «Ich möchte mit meiner Musik die Menschen berühren und wünsche mir, dass ich irgendwann auf ganz grossen Bühnen auftreten darf», verrät sie. Um des Erfolges willen verkaufe sie sich aber nicht, stellt sie klar. «Ich bleibe mir treu!»