Totales Nervenbündel wegen «King Richard»

In einem Film den Vater von zwei der grössten Tennisspielerinnen zu ­verkörpern, war eine riesige Herausforderung für ihn. Zumal es auch eine Rolle ist, die ihn an seine eigene Kindheit erinnert hat.

Ob es diesmal klappt mit dem «Oscar»? Zweimal war Will Smith schon nominiert – 2002 und 2007. Und zwei Chancen hat er nun bei der nächsten Verleihung am 27. März: Für «King Richard» geht der 53-Jährige nicht nur als Bester Hauptdarsteller ins Rennen, sondern auch als Mit-Produzent in der Kategorie Bester Film. «Eine grosse schauspielerische Leistung», lobte die New York Times, «und ganz sicher Will Smith’ bester Film seit ‹Ali›.»

Falls es wirklich mit dem Goldmännchen klappt, wäre das die absolute Krönung einer ungewöhnlichen Karriere! Mit zwölf Jahren begann er zu rappen, startete musikalisch durch, verdiente Millionen Dollar. Und gab sie leichtsinnig wieder aus – mit 20 war er pleite. Seine Rettung war die Fernsehserie «Der Prinz von Bel-Air», in der er sechs Jahre lang die Hauptrolle spielte. Heute ist Will Smith einer von Hollywoods grössten und bestverdienenden Stars dank Filmen wie «Bad Boys», «Men in Black» und «Aladdin». Auszeichnungen jedoch gab es bisher nur wenige. Dank «King Richard» hat es immerhin nach fünf Nominierungen schon mal mit dem «Golden Globe» geklappt.

Im biographischen Drama verkörpert Will Smith den Vater der Sportlerinnen Venus und Serena Williams. Der sich vorgenommen hat, seine Töchter zu den besten Tennisspielerinnen der Welt zu erziehen. Ein Plan, der aufgegangen ist, wie heute jeder weiss: Die Schwestern haben es bis jetzt auf insgesamt 33 Grand-Slam-­Titel gebracht. Für einen Mann, der selber nicht Tennis spielen konnte, ist das eine erstaunliche Leistung. «Richard hat Hilfe gehabt», sagt Will Smith. «Nach den ersten Turniersiegen heuerte er professionelle Coaches an, die die weitere Ausbildung übernahmen. Seine Rolle war mehr die des Managers, der dafür sorgte, dass den Girls der Erfolg nicht zu Kopf stieg. Er war ein Disziplinär, der in seinem Eifer oft übers Ziel hinausschoss, sehr zum Leidwesen seiner Frau.»

Als gestrenger, verbissener und kontrollsüchtiger Vater von zwei legendären Tennis-Cracks, der selbst eine Legende ist, stand Will Smith vor einer der schwierigsten Aufgaben seiner Laufbahn. Wie ist er die Rolle angegangen? «Mit viel Hingabe, aber auch mit Vorsicht. Es ist immer eine besondere Heraus­forderung, jemanden zu spielen, der tatsächlich existiert. Richard Williams ist heute 79 Jahre alt. Leider ist er gesundheitlich nicht in bester Verfassung.» Hat er sich «King Richard» angeschaut? «Ich weiss es nicht, wäre aber sehr enttäuscht, wenn er ihn ablehnen würde. Ich habe alles in die Rolle hineingegeben, denn sie erinnerte mich an meinen eigenen Vater, der ähnlich wie Richard ein strenger Zuchtmeister war.» In seiner Autobio­graphie «Will» erzählte Smith, wie er unter seinem alkoholkranken und gewalttätigen Vater gelitten hat. «Weil er so war, habe ich mich entschieden, lustig zu sein. Ich wollte ihm gefallen und ihn besänftigen, denn solange ‹Daddio› lachte und lächelte, glaubte ich, dass wir in Sicherheit wären. Ich wollte alles leicht und fröhlich halten.»

Venus und Serena Williams haben den Film gesehen, denn sie waren, zusammen mit Will Smith, die Produzentinnen. Doch der Star war beim Screening hoch­gradig nervös: «Ich war ein Nervenbündel, als ich ihnen den Film vorführte, denn es ist ja auch ihre Geschichte. Aber sie liebten ihn und waren zu Tränen gerührt.» Die Schwestern werden von zwei Newcomerinnen gespielt: Saniy­ya Sidley ist Venus und Demi Singleton ist Serena. «Die Natürlichkeit, mit der sie ihre Rollen spielen, hat mich umgehauen. Und Aunjanue Ellis als Richards leidgeprüfte, aber energische Ehefrau Oracene, kann man gar nicht genug loben. Wir waren während des Drehs eine richtige Familie, die gemeinsam durch dick und dünn ging.»

In seiner eigenen Familie hängt der Haussegen aktuell nicht mehr schief, nachdem Will und seine Frau Jada Pinkett-Smith (50) eine Krise überstanden haben. «Wir haben eine Zeitlang eine offene Ehe geführt», gestand der Filmstar im Interview mit einer US-Zeitschrift. «Ich möchte das nicht zur Nachahmung empfehlen, aber uns hat es geholfen, uns besser zu verstehen. Was uns zusammengehalten hat, sind unsere Kinder.»

Diese sind mittlerweile keine Kinder mehr: Sohn Jaden Smith ist 23, seine Schwester Willow 21 Jahre alt. Beide, wen wundert’s, singen, rappen und schauspielern. Sind ihre Eltern damit einverstanden? «Natürlich», versichert der Vater. «Was bliebe uns auch übrig? Sie sind erwachsen, sie können über ihr Leben und ihre Zukunft bestimmen und haben sich für das Showgeschäft entschieden, genau wie ihre Eltern. Ich muss sagen, dass es mich nicht überrascht. Sie sind in diesem Milieu aufgewachsen und haben nie etwas anderes gesehen.»