Sein heimliches Leiden hat ein Ende

Dass er rechts kaum etwas hört, wussten nur wenige. Jetzt hat sich der Popstar ein Hörgerät einsetzen lassen. Und kann sich eines neuen Musikerlebens erfreuen.

Über sein Handicap hat Toni Vescoli (74) nie gross gesprochen. Die Schweizer Musiklegende hat seit seiner frühesten Kindheit auf seinem rechten Ohr kaum etwas gehört. «Eigentlich war das ganz praktisch», macht er in Galgenhumor. «Ich habe einfach immer darauf geschaut, dass auf der Bühne das Schlagzeug rechts von mir steht.» Und schmunzelnd fügt er an, dass der taube Beethoven doch der beste Beweis dafür sei, dass ein Musiker mit schlechtem Hörvermögen Grossartiges leisten könne. In der Tat: Mit den «Swiss Beatles», seiner Band Les Sauterelles schrieb er in den 60er-Jahren als Teenie-Idol Schweizer Musik-Geschichte. Danach wurde er zum Pionier des Mundart-Pop.

Jetzt hat sich Vescoli durchgerungen, sich ein Hörgerät zuzulegen. Da Andy Rihs, Mitgründer der Hörgeräte-Firma Phonak, mit ihm die Schulbank drückte, lag es auf der Hand, dass er zu einem Produkt seines ehemaligen Schulfreundes griff. Im schallgedämmten Testraum der Firmenzentrale von Phonak in Stäfa ZH wird dem Sänger ein Hörgerät anprobiert. Doch zuerst findet per Kopfhörer der Hörtest statt. «Bitte drücken Sie den Knopf, sobald Sie links den Test-Ton wahrnehmen», fordert ihn Hörgeräte-Akustiker Timo Böld auf. Vescoli nickt. «Nicht mein erster Hörtest», sagt er, «ich kenne das.» Der Hörtest bestätigt: Auf dem rechten Ohr liegt ein hochgradiger, links ein mittelgradiger Hörverlust vor. Also muss gehandelt werden: Wer zu lange mit einem Hörgerät zuwartet, geht ein Risiko ein, wie eine nationale Studie im Auftrag von Phonak und des Hörgeräte-Anbieters Amplifon herausfand. Akustiker Böld: «Das Gehirn ‹verlernt› mit der Zeit zu hören, muss sich dann länger an ein Hörgerät gewöhnen, um die neu ankommenden Reize zu verarbeiten.»

Ein paar Tage nach Anpassung seiner neuen Hörgeräte steht Toni Vescoli in seinem Proberaum in Wald ZH, einer Art Vescoli-Museum. Jetzt kommt der Moment der Wahrheit: Toni schaltet die Verstärker-Anlage an, steckt die Gitarre ein und spielt ein paar Akkorde. Der Raum vibriert, und Tonis Lachen wird immer breiter. «Wow! Ich wusste gar nicht, dass ich so gut klinge. Jetzt weiss ich, dass ich bei meinen Konzerten künftig das Gleiche höre wie mein Publikum.»




Allzu lauter Rock macht taub! Diese Binsenweisheit erleiden viele Stars am eigenen Ohr. AC/DC-Sänger Brian Johnson musste sogar die Welttournee sausen lassen, um nicht ganz taub zu werden. Folgende Stars leiden am selben Problem: Pete Townshend und Roger Daltrey (beide The Who), Eric Clapton, Phil Collins, Ozzy Osbourne und Hanery Amman.