Tapfer trotz seiner tiefen Trauer

Auf seinem neuen Album singt der Schlagerstar auch von der Endlichkeit. Durch den plötzlichen Tod seines Bruders ist ihm das Thema nun selbst ganz nah: «Es ist brutal.»

Es hätte ein fröhlicher Spa­ziergang bei Sonnenschein mit Leonard (57) und seinem Mischlingshund Jakob (10) werden sollen. Doch als die GlücksPost den Schlagerstar in Meggen LU trifft, ist der Himmel grau und von schweren Wolken bedeckt. So, als ob er wüsste, wie es in Leonards Herzen aussieht.

Denn: Vor genau einer Woche erfuhr Leonard vom tragischen Tod seines ältesten Bruders, Christoph († 61). Dieser kam beim Versuch ums Leben, sein Modellflugzeug mit einer Aluminiumstange von einer Stromleitung zu befreien. «Wenn ich ihm nur hätte sagen können: ‹Tu das nicht!› Doch es ist geschehen, und ich sehe ihn nie wieder.» Der Gedanke an die Endgültigkeit schmerzt ihn: «Ich kann es nicht glauben, denke pausenlos an ihn.» Trotzdem versucht der Sänger, sich, so gut es geht, ­abzulenken. Etwa mit Sport und mit seinem Zweitjob als Radiomoderator bei der SRF Musikwelle. «Meistens geht es, und es tut gut, mit Menschen zu sprechen. Doch dann muss ich mich ganz plötzlich zusammenreissen. Es sind Kleinigkeiten, die mich wieder an Christoph erinnern.» Umso schwerer fiel ihm und seinen Brüdern Felix (59) und Benjamin (54) der Gang in Christophs Haus, den sie gemeinsam mit dessen Partnerin unternahmen. Das Paar hatte keine Kinder.  «Wir trafen uns, um zu sehen, was wir machen können und müssen», sagt er. Etwa das Besprechen der Beerdigung, die für den 9. Oktober geplant ist. «Alles lag so da, als wäre er nur kurz weg», erinnert sich Leonard, dessen Eltern bereits verstorben sind: 2008 Vater Karl († 83), 2019 Mutter Verena († 89).

Dass sie das nicht mehr erleben müssen – ein Glück, findet Leonard, der bürgerlich Carlo Schenker heisst. «Auch mein Mami verlor ich praktisch von einem Tag auf den anderen. Sie ging mit Verwandten essen, verschluckte sich und starb kurz darauf.» Er macht eine gedankenvolle Pause. Und fügt an: «Es ist fast etwas ironisch, wie wir Schenkers gehen müssen. Manchmal frage ich mich, was sich das Schicksal bei mir einfallen lassen wird. Jedenfalls sind wir jetzt nur noch zu dritt. Ich denke, dass dieses Erlebnis uns noch näher zusammenschweisst.»

Zwar hätten sie als Buben auch mal Krach gehabt. Etwa weil Christoph ihm die Schlagerplatten zerkratzte, weil er lieber die Rolling Stones oder Alice Cooper hörte. Später jedoch habe er den Schlager für sich entdeckt, «wenn auch nicht so, dass er meine CDs rauf und runter gehört hätte», meint der Urner, der letzte Woche sein neues Album «Lachen und Weinen» veröffentlicht hat. Dass dieses ausgerechnet jetzt erschien, war für Leonard nicht einfach: «Ich habe mir überlegt, ob ich die Promotion absagen solle», gesteht er. Aber das bringe nichts, man könne die Umstände ja nicht mehr ändern. Er ergänzt: «Es ist einfach brutal, weil da einige Lieder drauf sind, die genau das widerspiegeln, was jetzt passiert ist.»

Gemeint ist etwa der Song «Ich werde wieder lachen», der von Menschen handelt, die man ­verloren hat und die man aber irgendwann wiederzusehen hofft. ­Leonard: «Beim Schreiben dachte ich niemals an meinen Bruder.» Glaubt er daran, dass er Christoph eines Tages wiedersehen wird? «Es ist eine schöne, tröstliche Vorstellung. Ich denke aber nicht, dass es wirklich so ist», meint Leonard, der seit 2013 mit Partner Roger (45) zusammen ist.

In ihm findet der Sänger Halt –wie auch in Hund Jakob. «Man sagt ja, dass Hunde spüren, wenn es einem schlecht geht. Jakob spürt entweder nichts – oder es ist ihm egal», sagt er und lacht. Anders in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, als er von Christophs Unfall erfuhr. «Da kam er tatsächlich zu mir ins Bett!», freut er sich. «Das fand ich sehr herzig. Ich bin froh, dass ich ihn habe!»