Süss! Seine Kinder sammeln für Papas Stiftung

Seine Zwillingsbuben werden ihrem Vater immer ähnlicher. Nicht nur äusserlich, auch charakterlich. Die GlücksPost sprach mit jemandem, der den Tennis-Superstar besonders gut kennt.

Während des Tennisturniers in Indian Wells zeigten die vierjährigen Buben von Roger Federer (37), dass sie neben seinem Aussehen auch seinen Geschäftssinn geerbt haben: Wie schon letztes Jahr verkauften Leo und Lenny mit ihren Schwestern Myla und Charlene selbst gemachte Limonade. Der Erlös geht an Federers Stiftung für die Bildung von Schweizer und afrikanischen Kindern. Aus eigenem Antrieb nahmen sie Papas Tennisbälle ins Sortiment. «Damit haben sie ihre Einnahmen von letztem Jahr übertroffen. Ich bin stolz auf sie», sagte Federer letzte Woche.

Am 2. April erscheint eine neue Biografie über den Maestro. Geschrieben hat sie der Schweizer Sportjournalist René Stauffer (59). Der erfahrene Tennisreporter vom «Tages-Anzeiger» begleitet Federer seit Beginn dessen Karriere.

René Stauffer, Sport-Journalist und Autor von «Roger Federer – Die Biografie», während eines seiner Treffen mit dem Maestro, hier im Sommer 2017.

GlücksPost: Ist Ihre Biografie autorisiert von Roger Federer?
René Stauffer: Nein, er hat weder Zeit noch Interesse daran. Es ist wie bei allem, was er tut: Wenn, dann richtig. Doch zu meiner ersten – ebenfalls unautorisierten – Biografie «Das Tennis-Genie» von 2006 sagte er mir, es sei ein gutes Buch, und man merke, dass ich ihn gut kenne.

Wie ist Ihre Beziehung?
Ich bin nicht sein Freund, brauche auch eine gewisse Distanz, um objektiv über ihn schreiben zu können. Doch es ergibt sich ein Vertrauensverhältnis nach so vielen Jahren. Er sagt mir oft Dinge, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, und da bin ich fair und halte mich daran. Roger gibt uns Journalisten sehr viel, weil er weiss, was die Medien für ihn und seine Karriere bedeuten.

Warum gab es nie eine Skandalgeschichte, ein aufgedeckter Coup?
Erstens kommt man an gar nichts Dreckiges ran bei ihm. Zweitens würde man sich selbst keinen Gefallen tun. Die Leute lieben ihn so, dass sie negative Berichterstattung nicht gutheissen würden. Er hat sich den Respekt verdient. Ich kritisierte ihn einmal, weil er nicht in Kasachstan im Davis-Cup spielte – viele waren überrascht, dass sich jemand getraute, ihn zu kritisieren.

Warum lieben die Leute Federer so?
Weil er ein ganz normaler Typ geblieben ist. Im Privatleben ist er total anspruchslos – das passt so gar nicht zu seinem Status als Superstar. Hinzu kommt, dass er wirklich allen mit Respekt begegnet. Er lebt nach dem Motto «Es ist nett, wichtig zu sein, aber wichtiger, nett zu sein». Er geht voll auf sein Gegenüber ein. Und er wirkt nie gestresst. Das gibt ihm diese Aura. Auch seine Einstellung zum Tennis trägt dazu bei: Er sieht sich als Diener des Sports, nicht umgekehrt, dass Tennis da ist, um ihn zum Star zu machen.

Man hat das Gefühl, er ist perfekt.
Roger wurde nicht als Strahlemann geboren, dem immer alles leichtfällt. Hinter dieser Maske  ist er ein sehr kompromissloser Mann. Sich selbst, aber auch seinem Umfeld gegenüber. Da ist eine extreme Härte – deshalb kann er all die Ansprüche erfüllen, die an ihn herangetragen werden. Und er arbeitet an seinen Schwächen: Anfangs fühlte er sich unwohl, dass er nicht in Jeans an Events erscheinen konnte. Dann fing er an, auch privat edlere Kleider zu tragen, um sich das anzugewöhnen. 

Andere Beispiele?
Einer meiner denkwürdigsten Momente mit ihm: Er war 15, als ich ihn erstmals spielen sah. Ich fragte mich: «Warum regt sich der so auf, er spielt doch gut?» Er machte sich selbst fertig, schimpfte sich «Tubel». Am Ende gewann er. Aber er ist dermassen anspruchsvoll. Die meisten wollen gewinnen – er wollte perfekt Tennis spielen. Und dann war da noch die Sache mit dem Racketzertrümmern. Wäre er weiterhin so emotional gewesen, hätte er es nicht so weit geschafft. Auch hier hat er sich in einem langen, schwierigen Prozess angewöhnt, sich im Griff zu haben.

Wurde ihm der Ehrgeiz anerzogen?
Nein, seine Eltern führten ihn bei seinen Plänen. Sie sagten einfach: Wenn du das tun willst, dann richtig.

Federer gilt als Familienmensch.
Das ist so, das sah man jetzt gerade in Indian Wells wieder. Sobald Roger vom Tennisplatz kommt, fallen ihm die Kinder um den Hals. Bei ihm gilt: So gut, wie es meiner Familie geht, so gut geht es mir. Sie ziehen alle an einem Strang. Das zeigen auch Dinge wie der Limonadenverkauf der Kinder. Die Zwillingsmädchen sind mit ihren neun Jahren in einem Alter, in dem sie die Wichtigkeit einer Stiftung verstehen.

Wie ist es mit Mirka?
Es ist ein Wunder, wie sich das fügte: Zu dem Zeitpunkt, als Rogers Karriere Fahrt aufnahm, musste Mirka ihre Tennis-Ambitionen wegen gesundheitlicher Probleme begraben. Es ist aber ein Glück, dass sie Ambitionen hatte, denn deshalb kann sie Rogers Ehrgeiz verstehen und mitziehen.

Wieso gibt es von ihr nie Interviews oder Statements?
Zuerst war sie ja noch Rogers Mediensprecherin. Doch seit Jahren gibt sie konsequent keine Interviews mehr. Es kennt sie zwar jeder, aber sie sagt nichts. Das ist ganz ungewöhnlich in ihrer Position. Doch sie fährt gut damit. Es war Rogers Idee, dass sie im Hintergrund bleibt und das Privatleben und den Freundeskreis orchestriert.

Wie wichtig sind ihm Rekorde?
Da kommt der Appetit mit dem Essen. Er hatte anfangs bescheidene Erwartungen, träumte höchstens davon, einmal Wimbledon zu gewinnen. Das gelang 2003. Eigentlich hätte er da abtreten können, er hatte sein Ziel erreicht. Aber das war die Initialzündung. Ein Erfolg zieht den anderen nach sich. Und macht Lust auf mehr.

Was könnte nach seinem Rücktritt kommen? Mode interessiert ihn …
Einen Wechsel in die Modebranche wird es kaum geben. Er wird mehr für seine Stiftung arbeiten und für die Familie da sein. Und sicher immer einen Fuss im Tennis behalten. Nicht als Coach, aber etwa als Veranstalter. Er lancierte ja bereits den Laver Cup und die Matches for Africa. Er und sein Partner Tony Godsick erwägen, weitere Anlässe zu übernehmen.

Wann sehen Sie seinen Rücktritt? Für das Turnier in Dubai 2020 hat er ja bereits unterschrieben.
Er will spielen, so lange es geht. Je mehr er sich mit dem Rücktritt beschäftigt, desto realer wird er. Deshalb klammert er das Thema aus.