So geniesst sie ihren grossen Traum

Seit über 20 Jahren hat die Sängerin bei Zürich ihr Daheim – ein Schloss direkt am See. Einmal so zu ­leben und dort auch den Ruhestand zu ­geniessen, war ihr sehnlichster Wunsch.

Es hat viel Platz in ihrem Schloss – und diesen nutzt Tina Turner in ihrem Daheim am Zürichsee auch richtig aus. Nichts von ihrem Besitz ist eingelagert, alles möchte sie um sich wissen. «Ich will es sehen», sagt sie der Reporterin der «New York Times». Anlass für den intimen Einblick ins Château Algonquin in Küsnacht ZH: Das von ihr abgesegnete «Tina»-Musical, das bereits in London und Hamburg mit grossem Erfolg läuft, feiert bald am Broadway Premiere.

Die Journalistin Amanda Hess wird von Erwin Bach (62), dem Ehemann der lebenden Rocklegende, persönlich abgeholt und in ihr privates Reich geführt. Dort quelle es über vor wundervollen Sachen – Kunstwerke, Bilder, Souvenirs. «Es hat die Energie eines Märchen-Palasts wie in einem Zeichentrickfilm. Efeu schlängelt sich die Aussenwände hoch, und Gärtner schnippeln an Sträuchern herum.» Innen sieht sie als Erstes eine lebensgrosse Pferdeskulptur, die von der Decke hängt. An der Wand prangt ein Bild der Sängerin als ägyptische Königin – und Tina selbst hat es sich auf einem der vielen vergoldeten Louis-XVI-Sofas bequem gemacht, wo sie den Gast begrüsst. «Ich wollte immer ein Schloss – bis ich sah, wie gross Schlösser sind!», meint sie später.

Mit diesem wohl eher kleinen Château, in dem sie seit gut 20 Jahren lebt und das sie ganz nach ihrem Geschmack eingerichtet hat, scheint sie aber zufrieden zu sein. Wäre da nicht eine Sache: Sie und ihr Gatte leben dort nur
zur Miete! Der Hausbesitzer wohnt sogar in der obersten Etage – und besetzt auch das Bootshaus. Beim Spaziergang durch den Garten seufzt sie dann auch mit Blick darauf und sagt: «Ich würde es liebend gern neu gestalten!»

Vor zehn Jahren beendete sie mit einer Abschiedstour ihre Karriere, die mit 18 begann. Die Bühne hat Tina Turner, die am 26. November ihren 80. Geburtstag feiert, seither nicht vermisst. «Ich war es einfach leid zu singen und alle glücklich zu machen. Das habe ich mein Leben lang gemacht.» Singen tut sie, wenn es ihr gerade danach ist, meist unterwegs im Auto – nur für ihren Erwin, der seine Frau «Bär» oder «Schatzi» nennt. Den Kosenamen für ihn will Tina jedoch unter keinen Umständen verraten.

Im Ruhestand ging es für sie allerdings oft nicht so ruhig zu und her. Was die Öffentlichkeit nicht wusste: Sie hatte mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, die sie in ihrer Biographie «My Love Story» im letzten Jahr enthüllte. 2013 erlitt sie einen Schlaganfall, 2016 hatte sie Darmkrebs, und 2017 musste sie sich einer lebensrettenden Nierentransplantation unterziehen. Ehemann Erwin spendete ihr eine Niere. «Ich würde es wieder tun», sagt er im Gespräch mit der «New York Times». Worauf sie nicht ganz ernst gemeint antwortet: «Nun, ich brauche vielleicht noch eine auf der anderen Seite!»

Auch einen schweren Schicksalsschlag musste sie hinnehmen – 2018, als ihr Sohn Craig († 59) Suizid beging. «Wir wissen nicht, warum er das getan hat», sagte die Künstlerin danach. «Ich habe mich im Guten von ihm verabschiedet und glaube, er ist glücklich an dem Ort, an dem er jetzt ist.»

Was fühlt sie, wenn sie ihre frühe Vergangenheit auf der Bühne sieht wie im «Tina»-Musical, welches auch ihre Ehe mit Ike thematisiert, der sie jahrelang misshandelt hat? «Ich hatte ein schreckliches Leben. Ich habe einfach weitergemacht. Du machst einfach weiter und hoffst, dass etwas kommt.» Sie zeigt mit ihren Armen um sich herum. «Und das ist gekommen.»