So selbstlos kümmert sie sich um ihren Fritz

Die Nachricht erschütterte die Schweiz: «Fritz Künzli ist an schwerer Demenz erkrankt», hiess die Schlagzeile. Für seine Partnerin seit über 40 Jahren begann ein neuer Lebensabschnitt. Wie die Entertainerin das traurige Schicksal ihres Mannes meistert, ist grossartig und beeindruckend. Sie ist sich für nichts zu schade, denn er ist die Liebe ihres Lebens.

Auf der Bühne der offenen Rennbahn Zürich Oerlikon singt Monika Kaelin (62) beim «1. Memorial Ferdy Kübler» den Edith-Piaf-Klassiker «Non, je ne regrette rien». Nein, ich bereue nichts. Dieser Satz ist ein öffentliches Bekenntnis und zugleich auch eine Zukunftsbotschaft. Während die Entertainerin ihr Herzblut in das Lied legt, blutet ihr Herz beim Blick auf die rechte Seite der Bühne. Dort unterhält sich ihr Fritz mit Freunden, lacht und strahlt. Doch das glückliche Bild täuscht. Fritz Künzli ist krank. Schwer krank. Hausi Leutenegger, Ferdy Küblers Witwe Christina, die Velostars Urs Freuler, Beat Breu, Albert Zweifel – die Sportkameraden kümmern sich rührend um Monikas Fritz, schenken ihm mit ihrer Zuwendung auch ein Gefühl von Geborgenheit.

«Wenn er unter den Menschen ist, die er kennt, dann geht es ihm gut», sagt Monika Kaelin. «Darum habe ich ihn heute mitgenommen. Er ist regelrecht aufgeblüht.»
Was aus der Distanz nach einem normalen, unbeschwerten Leben aussieht, ist aus der Nähe besehen genau das Gegenteil. Fritz versteht kaum mehr, was man ihm sagt. Seine Antworten sind rätselhaft, unverständlich, ohne Sinn. Umso wichtiger ist es, Fritz das Gefühl zu geben, dass man ihn ernst nimmt. Sich so zu verhalten, als ob alles in Ordnung wäre. Denn eines spürt Fritz: Den oder die kenne ich doch, auch wenn er das Gesicht vielleicht nicht mehr einem Namen zuordnen kann. Dann umklammert er die Hand, die ihn begrüsst, so fest, als ob er sie niemals mehr loslassen möchte. Da würde man am liebsten losheulen.

Monika Kaelin schämt sich ihrer grossen Liebe nicht. Sie zieht Fritz an der Hand wie ein kleines Kind durchs Menschengewühl. Holt mit ihm zusammen Essen und Trinken. Hilft ihm, egal, ob da Leute zuschauen, Gabel um Gabel, Bissen um Bissen. Fritz kann das selber kaum mehr. «Hauptsache, er kann bei mir sein. Und die Menschen, seit vielen Jahren seine Freunde, sind auch dabei.» Fritz hat einen gesunden Appetit. «Magsch no?» Diese Frage versteht er und führt seinen Mund zur Gabelspitze. «Wotsch no es Dessert?», fragt Monika, als das Gegenüber am Tisch ein grosses Stück Schwarzwäldertorte verspeist. «Dessert, ja», sagt Fritz. Beim Fototermin mit Ex-Fifa-Chef Sepp Blatter macht Fritz gerne mit. Offenes Hemd, kecke Frisur, der 71-Jährige wirkt sehr jugendlich. Wer es nicht weiss, der sieht dem einstigen Stürmerstar, der in den 60er- und 70er-Jahren mit seinen vielen Toren in der Nati und beim FCZ die Massen begeisterte, nichts an.

Ein anderes Bild zeigt sich auf dem Parkplatz vor der Rennbahn. Ausser Monika und der GlücksPost ist niemand da, als Fritz versucht, ins Auto einzusteigen. Doch irgendetwas scheint ihm Angst zu machen, er schafft es einfach nicht. Monika bringt das nicht aus der Ruhe, einmal mehr erweist sie sich als sein Schutzengel. Liebevoll streichelt sie seine Wangen, muntert ihn auf. «Komm, Schatz, wir versuchen es noch mal. Zuerst das linke Bein …». Endlich, nach langem Zureden, schafft es Fritz doch. Das Einsteigen hat fast
20 Minuten gedauert.

Wie gelingt es Monika Kaelin bloss, immer so stark zu sein?
Immer so viel Zuversicht zu verströmen? Tröstlich für sie sei, dass Fritz kein Patient mit Alzheimer ist. «Was Fritz hat, ist Fussballer-Demenz, kein Alzheimer», sagt sie. Dabei lächelt sie tapfer. «Dasselbe ist auch dem deutschen Fussballstar Gerd Müller passiert. Auch er ist an Fussballer-Demenz erkrankt.» Dass das von den vielen Kopfbällen stammt, glaubt sie nicht. «Die Demenz kommt und geht. Manchmal ist Fritz topfit.» Monika weiss, was in der nächsten Zeit auf sie zukommen wird. «Fritz ist mein Patient, und er ist jetzt bei uns zu Hause. Er muss einfach viel Ruhe haben. Man darf ihn nicht stressen, ihn nicht zu etwas bewegen, was er nicht will. Es braucht Geduld und noch mal Geduld.» Diese Geduld und noch viel mehr bringt Monika Kaelin auf. Tag für Tag. Damit sie Fritz nicht mehr ins «betreute Wohnen» geben muss, hat die beschäftigte Managerin und Entertainerin eine Betreuerin engagiert, die für Fritz in den eigenen vier Wänden da ist, wenn sie geschäftliche Termine wahrnehmen muss. Das ist wahre Liebe. Diese aufopferungsvolle Liebe wird wohl alle Stürme überdauern.