Sein Wunsch zum Geburtstag: mehr Familienzeit

Als Star unseres Fuss­ball­sommers ist der Schweizer Natio­nal­team-­Goalie für seine Top-Leistungen erstmals für die «Sports Awards» nominiert. Wichtiger als jede Trophäe sind ihm aber seine Liebsten.

Ein Interview mit Yann Sommer zu bekommen, ist keine einfache Sache. Unser Nati-Goalie ist voll ausgelastet mit seinem Job bei Borussia Mönchengladbach und den Einsätzen für die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. Zudem ist er im Juni zum zweiten Mal Vater geworden und will seine freie Zeit mit der Familie verbringen. Im letzten Moment findet sich eine kurze Pause vor dem täglichen Training, in der er mit der GlücksPost sprechen kann. Der 32-Jährige erweist sich als offener Gesprächspartner, der sich den Zeitdruck nicht anmerken lässt. Wenn er etwas tut, dann tut er es richtig.

Nahbar, sympathisch, bodenständig, erfolgreich und sexy – mit diesen Attributen hat Sommer zu einem grossen Teil dazu beigetragen, dass die Goalie-Position cool geworden ist. Wenn Kinder und Jugendliche «tschutte», wird nicht mehr stets der Unsport­lichste auf den Aussenposten verbannt. «Es ist wunderschön, zu sehen, dass man Kinder mit dem, was man tut, begeistert», sagt Sommer. «Ich war auch so.» Der kleine Yann hatte sein Vorbild in der Familie: Vater Daniel (67) war 1.-Liga-Torhüter in der Schweiz. Später betreute er als Goalie-Trainer seinen Teenie-Sohn bei Concordia Basel, war lange zusätzlich dessen Manager. «Heute hat er keine offizielle Funktion mehr in meinem Team», erläutert Yann. «Er ist mein Vertrauter, bei ihm hole ich mir Rat in Sachen Fussball, aber immer in einem sehr entspannten Rahmen.»

Entspannt ist das Stichwort, wenn es um die Eltern Sommer geht. Yann bezeichnet beide als «sehr gelassene und ruhige Zeitgenossen». Mutter Monika (63) hilft ihrem Sohn bei den Finanzen. Hauptberuflich löst sie mit Tier-Shiatsu bei Pferden physische und psychische Verspannungen. «Das ist sehr interessant, was sie da macht. Auch im Goal brauchst du Ruhe für die Herausforderungen.»

Die Familienbande sind so stark, dass Yann sich, als er 17 war und auszog, um beim FC Vaduz zu spielen, die Namen von Vater und Mutter an die Handgelenke tätowieren liess. Dazu ein chinesisches Schriftzeichen am Oberarm, das «Liebe» bedeutet. Ein neues Motiv will er allerdings nicht stechen lassen, dafür sei er zu alt, findet er.

Jede freie Minute widmet er seiner Frau Alina (30), Rechtsanwältin aus Köln, und den gemeinsamen Töchtern Mila (1½) und Nayla (5 Monate): «Jetzt war ich grad wieder 30 Tage mit der Nationalmannschaft unterwegs und bin jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, perplex,  wie viel es da aufzuholen gibt, wie viel von der Entwicklung der Mädchen ich verpasse.»

Kürzlich war Mila zum ersten Mal in einem Fussballstadion und habe eine Riesenfreude gehabt. Die Familie regelmässig mit an Spiele zu nehmen, sei aber noch kein Thema: «In Zukunft werden sie uns sicher begleiten, aber jetzt, da sie noch so klein sind, wäre das zu stressig für meine Frau.» Alina mache sonst schon eine Riesen­arbeit, indem sie ihm den Rücken freihalte und die Kinder betreue. Die zwei sind seit fünf Jahren ein Paar und seit 2019 verheiratet.

Wenn er daheim in Düsseldorf sei, dann voll und ganz, betont Yann: «Dann bin ich Hausmann und Ehemann, putze, wechsle Windeln, koche – ganz modern.» Kochen und gesunde Ernährung sind Themen, die ihn schon lange begleiten: «Ich dachte, es sei für Aussenstehende in­teressant, zu sehen, wie sich Fussballer ernähren.» Wichtig ist ihm, dass gesund, ausgewogen und frisch ist, was auf den Tisch kommt. «Ich habe meinen Fleisch- und Fischkonsum extrem runtergeschraubt und gesehen, dass auch aus Gemüse und Kohlen­hydraten ein guter Hauptgang entsteht.» Eine Zeit lang betrieb er einen Foodblog. Doch seit die kleine Nayla da ist, bleibt vieles auf der Strecke.

Das gilt auch für seine Passion, die Musik. Schon länger spielt der Fussballstar Gitarre. Dann kam Gesangs- und Klavierunterricht hinzu. Aber eben: die Zeit. «Die Musik leidet. Ich spiele nun meist den Kids etwas vor. Für mich ist das eine gute Abwechslung zum Fussball-Trubel. Irgendwann werde ich schon wieder Gelegenheit haben, mehr Energie in die Musik zu stecken.»

Zunächst steht aber ein weiteres Karriere-Highlight an. Diesen Sommer schaffte es das Schweizer Nationalteam erstmals ins Viertel­finale einer Europameisterschaft. Nicht unwesentlich am Triumph beteiligt war Yanns Elfmeter-Parade gegen Frankreich im Achtel­final. Zudem kickte sich die National-Elf durch die Qualifikation an die Weltmeisterschaft 2022 in Katar. Und immer wieder ist es der Keeper, der mit seinen Ausnahmeleistungen ins Auge sticht. Deshalb ist er nun als «Most Valuable Player» (Wertvollster Teamspieler des ­Jahres) an den «Sports Awards»  nominiert. Bescheiden, wie er ist, weitet Yann die Ehrung gleich auf die ganze Mannschaft aus: «Die Nomi­nierung ehrt mich sehr. Ich verdanke sie auch den Teamkollegen und unserem Coach. Zudem zeigt sie mir, dass wir mit der Schweizer Nati gut ankommen. Nach der EM hatte ich das ­Gefühl: Land und Leute sind wieder zusammen bei der Freude über das Turnier.»

Eine knappe Woche nach den «Sports Awards», am 17. Dezember, feiert unsere Nummer 1 seinen 33. Geburtstag. Während der darauffolgenden Feiertage wird Yann Sommer mit der Familie ein paar Tage wegfahren, davon einige in der Schweiz verbringen. Sein Geburtstagswunsch: «Mehr Zeit daheim mit meiner Frau und den Kids. Zeit ist das, was mir am meisten fehlt.»