«Sein Glück zu sehen, ist nicht leicht»

In ihrer aktuellen TV-Reihe macht sich die Moderatorin auf die Suche nach dem Glück. Ihr selbst hat das Leben viel Gutes beschert – trotzdem vermag sie das nicht immer zu erkennen.

Mit der Sägesse rückt sie der Wiese zu Leibe, inspiziert dann ihr Beet und den Rosenbusch: Mona Vetsch (45) ist emsig im Einsatz in ihrem Schrebergarten in Zürich. Allerdings vor allem auf Bitte des Fotografen! «Es ist eher ein Garten zum Beobachten», sagt sie, «ich habe keinen grossen Gestaltungswillen, mag das Prinzip Chaos – erst recht, seit ich weiss, dass es für die Biodiversität das Beste ist.» Sie pflanze zwar auch Erbsen & Co. für den Magen, aber noch mehr für die Augen: Blumen. An denen erfreuen sich dann auch die Insekten. Und so summt es um uns herum, während wir mit der Moderatorin über ihre neue Sendung sprechen: «Reporter Spezial – Mona Vetsch fragt nach dem Glück».

GlücksPost: Ist Ihr Garten ein Ort des Glücks für Sie?

Mona Vetsch: Ja. Wobei es mir nicht bewusst ist, wenn ich da bin: Glück ist, wenn man nicht darüber nachdenkt. Einfach im Moment sein, nicht überlegen, was morgen ist oder gestern war. In der Natur oder im Garten zu sein, ist für mich dafür perfekt.

Pflegen Sie ihn alleine oder helfen Ihr Mann und die drei Söhne mit?

Alleine – meistens zumindest. An einem Garten muss man halt dranbleiben, er braucht das, was in der heutigen Schnelllebigkeit selten geworden ist: Zeit. Er will Aufmerksamkeit und Zuwendung. Was wächst, wie wächst es, braucht es deine Unterstützung? Und dann sollte man sich natürlich auch die Zeit nehmen, sich einfach nur daran zu erfreuen. Und man muss sich dem Garten auch ein Stück weit unterwerfen.

Inwiefern?

Du lebst mit den Jahreszeiten. Das ist etwas, das ich von meiner Kindheit auf dem Bauernhof kenne und etwas vermisst habe: Im Winter gibt es weniger zu tun, im Frühling zieht es an, im Sommer ist «High Life», und im Herbst erntest du die Früchte deiner Arbeit. Im Garten ist es ähnlich, das finde ich schön.

Ein Garten kann also glücklich machen. Was sonst noch? In Ihrer Sendung beleuchten Sie ja die Themen Geld, Kinder, Glauben, Schönheit.

Generell lässt sich sagen, dass es ganz häufig Sachen sind, die nichts kosten. Das Zusammensein mit Freunden oder der Familie zum Beispiel. Und auch selbstbestimmt Dinge zu tun, ganz egal was. Das kann auch im Beruf sein. Wenn wir eine gewisse Freiheit spüren in der Entscheidung, wie wir unser Leben gestalten wollen, macht das glücklich.

Wie sieht es beim Thema Kinder aus?

Da haben wir berührende Geschichten – was Familien auf sich nehmen, die keine Kinder bekommen können. Das ist sowohl körperlich wie auch psychisch und finanziell eine riesige Belastung.   Eine Frau sagte mir, sie wusste anfangs nicht, wie sie ohne Kinder glücklich werden sollte. Sie hatte keine Vorbilder, und ein Paar ohne Nachwuchs gelte in der Gesellschaft irgendwie als unvollständig.

Machen Kinder denn glücklich?

Das ist erstaunlich: Wenn du die Zufriedenheitskurve anschaust, ist sie nie so tief wie zwischen 40 und 50 Jahren. Hoch ist sie im jüngeren Alter oder später. Darum gibt es die provokative These: Kinder machen dann am glücklichsten, wenn sie aus dem Haus sind – weil du wieder mehr Dinge für dich selbst tun kannst und stolz bist, dass alles gut gegangen ist. Aber es gibt zwei Arten, das Glück zu messen. Rückblickend – dann ist es immer strahlender, weil du die anstrengenden Momente vergisst. Oder wenn du gerade in der Situation steckst. Das ist ein himmelweiter Unterschied!

Sie und ihr Mann haben drei Söhne. Was sind für Sie die schönsten Momente mit ihnen?

Die kleinen Dinge. Wenn du allein auf dem Sofa liegst, und plötzlich kuschelt sich Kind 1 an dich, dann kommt Kind 2 dazu, und Kind 3 ist auch noch irgendwo da. Ich glaube, Nähe gibt ein extremes Glücksgefühl. Diese Nähe, wo du einfach nur sein darfst, nichts liefern musst, und es reicht, dass du einfach da bist.

Sind die Kinder Ihr grösstes Glück?

Ranglisten zu erstellen, gehört laut unserem Glücksforscher zu den Dingen, die unglücklich machen. Ich bin einfach extrem dankbar, dass es in meinem Leben viele Momente gibt, in denen ich tolldreist glücklich bin. Ich bin auch total dankbar für meine Arbeit. Es war komplett unrealistisch, dass die Kleine aus dem Thurgau mit diesem Dialekt und den Hasenzähnen irgendwann so einen Job machen kann.

Was macht neben Ranglisten denn noch unglücklich?

In Sachen Geld zum Beispiel gibt es Studien, aus denen hervorgeht: Wie viel ein Mensch hat, ist für sein Glücksempfinden gar nicht so entscheidend – wichtiger ist für ihn, dass er mehr hat als die anderen. Vergleichen macht aber unglücklich. Nicht nur beim Geld. Nehmen wir die sozialen Medien: Da vergleichst du dich mit Leuten, deren Beine einen halben Kilometer länger sind als deine oder die drei Nannys haben und einen Personal-Trainer und wahrscheinlich deshalb immer so perfekt happy aussehen.

Tappen Sie selbst auch in diese Falle?

Klar, ständig! Es liegt auch an unserer Mentalität: Bloss nicht mit dem zweiten Platz zufrieden sein, nur das Beste ist gut genug. Das macht total unglücklich! Denn es kann nun mal nur einer ganz vorne sein, und der Rest von uns führt ein durchschnittliches Leben. Also lieber eine gewisse Bescheidenheit entwickeln, Durchschnitt ist nichts Schlechtes.

Hatten Sie Phasen, in denen Sie unglücklich waren? Als Teenager etwa?

Sicher, das Leiden ist das Privileg der Teenager, Weltschmerz! Ich suchte nach Intensität, war in den Extremen. Wobei ich das eigentlich heute noch bin: Entweder es geht mir super, alles ist lässig oder halt gar nicht.

Was löst das «gar nicht» aus?

Mein Job fordert, und manchmal setze ich mich selber unter Druck. Noch ein bisschen mehr arbeiten, sich noch besser vorbereiten – das braucht es auch. Aber tendenziell bin ich schon eher hart zu mir selber, so bin ich erzogen worden. Es war immer klar: Was auch immer du machst, du musst dich davon ernähren können, darfst niemandem auf der Tasche liegen. Diese Arbeitseinstellung hat mir geholfen. Aber glücklich macht sie halt nicht unbedingt (lacht). Da kann ich von meinem Mann lernen, der kann auch mal «s’Füfi grad sie lo».

Jeder ist seines Glückes Schmied: Stimmt der Spruch?

Im Sinne von «machen» nicht unbedingt. Wie bei meinem Job: Klar habe ich dafür gearbeitet, aber ich hatte halt auch einfach Glück. Aber der Spruch stimmt insofern, dass man sein Glück erkennen sollte, was auch mir nicht immer leichtfällt. Aber wirklich zufrieden sind eben nicht die Menschen, die viel besitzen, sondern diejenigen, die das Talent haben, ihr Glück zu sehen.