Sein Abschied mit einem letzten Lied

Wegen seiner gesundheitlichen Probleme wusste der Schlagerstar, dass es mit ihm zu Ende geht. Er blieb tapfer bis zum Schluss.

Wenn der Tod kommt, dann kommt er», meinte Tony Marshall († 85) in den letzten Interviews. Ein paar Mal stand er bereits knapp davor, war geschwächt durch Herzschrittmacher, Schlaganfall, die Nervenkrankheit Polyneuropathie (Lähmungserscheinungen in den Beinen), kaputte Niere (dreimal in der Woche zur Dialyse), eine schweren Corona-Erkrankung und eine Not-OP. Auch war er auf den Rollstuhl angewiesen, blieb aber stets tapfer und sagte: «Jeder Tag ist Jetzt-Zeit: Das feiere ich.» Nach einem Besuch kürzlich bei ihm meinte sein guter Freund und Komponist Curt Gerritzen: «Ich bewundere die Kraft, mit der er die Krankheiten erträgt.»

Ein kleines Konzert gab Tony Marshall noch im Juli 2022, zog sich dann aber aus der Öffentlichkeit zurück. Zum Mikrofon griff er ein letztes Mal an seinem 85. Geburtstag am 3. Februar. «Tony war sehr schwach», erzählte sein Ex-Manager Herbert Nold in der «Bild»Zeitung. «Aber gut drauf, und er hat noch einmal seine Hits angestimmt. Zum Schluss sang er ‹My Way›. Es klang für mich wie ein Abschied.» Im Lied heisst es: «Mein Freund, einmal da fällt doch auch für dich der letzte Vorhang». Das war beim Schlagerstar 13 Tage später so weit. Im Beisein seiner Frau Gaby (84), seinen drei Kindern und seinen Enkeln schlief er für immer ein. Eigentlich wäre Herbert Anton Hilger, wie Tony bürgerlich hiess, lieber Opernsänger geworden, liess sich auch dazu ausbilden. Es kam anders: Eine Plattenfirma wollte ihn als deutsches Pendant zu Chansonnier Gilbert Bécaud aufbauen, doch der Erfolg blieb aus. Das Stimmungslied «Schöne Maid» sollte es richten. Marshall wollte erst nicht, musste jedoch den Vertrag erfüllen. Zu seinem Glück: Damit schaffte er 1971 nicht nur den Durchbruch, «Schöne Maid» wurde der Hit seines Lebens, seine Karriere als «Fröhlichmacher der Nation» mit «Heute hau’n wir auf die Pauke», «Junge, die Welt ist schön» und «Bora Bora» nahm ihren Lauf.

Doch vom Millionen-Vermögen aus diesen Zeiten ist nichts mehr übrig. Er hatte sich bei Investitionen in Ost-Immobilien verspekuliert, verlor viel Geld, musste wegen Schulden 2011 Villa, Ferienhaus und Oldtimer-Sammlung verkaufen. Grosse Einnahmen mit Auftritten gab es danach keine mehr, wegen seiner Gesundheit klappte es im Jahr 2018 mit der Teilnahme beim RTL-Dschungelcamp (Gage: 300 000 Euro) nicht. Zuletzt lebte er bescheiden in einem Reihenhäuschen, das ihm Sohn Marc gekauft hatte.

Mit seinen Stimmungshits wird Tony Marshall unvergesslich bleiben, als Vermächtnis bleiben von ihm auch nachdenkliche Töne dank seiner Abschieds-CD «Mein letzter Traum». Da singt er: «Wenn du glaubst, die Welt sei ewig dein, es kommt der Tag, es wird der Letzte sein.»