«Schweigen ist keine Option mehr»

Ihre Hautfarbe wollte die erste schwarze SRF-Moderatorin nie thematisieren. Vorbei! In einem «Reporter» erzählt sie vom Rassismus gegen sie.

Mohrenkopf rufen sie ihr als Mädchen nach. Den «Schwarzen Mann» soll sie spielen. Bis heute fassen ihr Menschen ungefragt in die Haare.  Und Angélique Beldner (44) schweigt. «Ich wollte den Rassismus nicht sehen», erklärt sie im «Reporter» von letzter Woche. Darin gibt sie tiefe Einblicke. So stecke das Gefühl, sich anpassen zu wollen, seit ihrer Kindheit tief in ihr drin – dazugehören zur weissen Mehrheit.

Doch dieser Sommer rüttelt sie auf: Die «Black Lives Matter»-Bewegung gegen Rassismus macht auch in der Schweiz Schlagzeilen. Und die «Tagesschau»- und «1 gegen 100»-Moderatorin merkt: Sie sollte über Rassismus reden. «Ich habe mir über all die Jahre eine Strategie zurechtgelegt, die mir möglichst nicht weh tut. Ich habe Rassismus entschuldigt – etwa mit: ‹Das ist doch alles nicht böse gemeint.› Ich war zu lang zu nett!»

Für die Doku kehrt Beldner zurück zu ihren Wurzeln. Nein, nicht ausser Landes, sondern nach Frutigen BE. Immer die Frage, wo sie denn «richtig» herkomme, schmerze. Sie ist hier geboren. Ihre Mutter trennt sich noch vor der Geburt von ihrem Vater, einem Informatiker aus Paris, der aus Benin stammt. Sie und ihre Mutter wohnen die ersten Jahre bei ihrer Grosstante. Mit ihr spricht sie unter anderem über das Wort «Mohrenkopf», das diese nicht so schlimm findet. Nicht leicht für sie. «Es ist einfacher, solche Dinge nicht anzusprechen, als sie nun zu diskutieren.» Sie wolle nicht als empfindlich oder kompliziert gelten, zumal sie wisse, dass sie dies nicht sei.

Beim Besuch bei ihrer Familie in Paris entdeckte sie Parallelen. Unter Tränen erzählt ihre Halbschwester von ihren Erfahrungen mit Rassismus in der Schulzeit. Und auch sie hat es kaum angesprochen, weil sie integriert sein wollte. Beldner: «Es ist erschreckend zu sehen, dass meine schwarze Familie die gleiche Strategie wählte wie ich.» Für sie ist damit nun Schluss. «Schweigen ist definitiv keine Option mehr.»