Vom Handwerker zum Musical-Star

Er hat als Schreiner-Lehrling angefangen. Auf dem Bau müsse man oft unten durch, sagt er. Ab September geht es nun hoch hinaus: Der Sänger spielt eine der Hauptrollen im Peter, Sue & Marc-Musical «Io senza te».

Kaiserwetter in Interlaken. Vor der Schreinerei Frutiger in der Nachbarsgemeinde Bönigen treffen wir Ritschi (36) zu einem Streifzug durch seine Vergangenheit. Hier absolvierte Andreas Ritschard, genannt Ritschi, von 1997 bis 2001 eine Schreinerlehre. Gleichzeitig gründete er mit vier Musikerkollegen die Band V.I.P., die später als Plüsch bekannt wurde. «Ritschi war als Lehrling ein aufgestellter Bursche, immer fröhlich und zu einem Spässli zu haben», erzählt Verena Frutiger, damals Ritschis Chefin. «Unsere zwei Töchter, ja die ganze Familie hat anfangs die lokalen Konzerte besucht. Und wenn Ritschi mal per SMS anfragte, ob er anderntags wegen eines Konzerts am Vorabend erst am Nachmittag kommen könne, zeigte sich mein Mann flexibel und hatte viel Verständnis.»

Aus dem Schreiner-Lehrling, der «oft Dreck fressen musste», wurde der Rockstar Ritschi. Mit Liedern wie «Heimweh» schaffte der Sonnyboy mit seiner damaligen Band Plüsch einen Klassiker, der heute auch in den Schweizer Schulbüchern steht. Entsprechend freuen sich die Schüler seines alten Schulhauses, als Ritschi davor mit grossen Sprüngen posiert. Klar, dass er die Kids aufs Föteli bittet. «Wir haben schon mal mit Ritschi gesungen», so einige Mädchen ganz stolz.

Am Thunersee trifft Ritschi seinen besten Kumpel «Ürsel» auf einen Smalltalk. Der Seepolizist hat an diesem Nachmittag frei. Ritschi und der Hobbymusiker einer Amateurband sind auch schon öfter zusammen in die Ferien gefahren. Im idyllischen Unterseen wohnt Ritschi mit Frau und Söhnchen Neo Jamiro (2) in einem wunderschönen Haus, welches er zusammen mit seiner Frau im Jahr 2007 komplett saniert hat. Im Garten hat er für Neo ein riesiges Baumhaus gebaut.

Wird jetzt aus dem Rockstar der Musical-Darsteller Ritschi? «Nein, ich bin immer noch mehr Sänger als Schauspieler», sagt er mit Nachdruck. «Für die Rolle in ‹Io senza te› wurde ich zwar angefragt; um sie zu bekommen, musste ich jedoch durch zwei harte Castings. Ich strebe aber jetzt nicht etwa eine Musical-Karriere an. Anderseits hatte ich wirklich Lust, mal wieder etwas Neues zu wagen. Zudem kann ich jetzt auch mal in Italienisch und Englisch singen, das reizt mich natürlich auch. Das Musical ist eine mega Erfahrung.»

Als Kind habe er Schauspieler werden wollen. «Aber jetzt bin ich froh, dass es so ist, wie es ist. Weil ich mich als Sänger mit meiner eigenen Musik einbringen und die Menschen berühren kann.» Andererseits könne er es sich durchaus vorstellen, bei einer TV-Handwerker-Sendung mitzumachen oder eine Gastrolle bei einer neuen Soap wie früher «Lüthi & Blanc» zu übernehmen. Ein Plüsch-Comeback hingegen werde es trotz über 350000 verkaufter CDs nicht geben. Dafür ist Ritschi auch diesen Sommer wieder mit seiner eigenen Band unterwegs (www.ritschi.ch), bevor es ab Herbst mit dem Musical ernst wird.