«Wir spüren ihre Liebe noch heute»

Schöne Erinnerungen, grenzenlose Zuneigung, unbändiger Schmerz: Zum 20. Todestag öffnen die Söhne von Prinzessin Diana erstmals ihr Herz und erzählen, wie ihre Mama wirklich war und wie sehr sie ihnen fehlt.

Als ihre Mutter starb, brach für sie eine Welt zusammen. Erst 15 und 12 Jahre alt waren die Prinzen William (35) und Harry (32), als Prinzessin Diana am 31. August 1997 aus dem Leben gerissen wurde. Ihre privaten Erinnerungen, aber auch den Schmerz hielten die Brüder bisher gut in ihren Herzen verschlossen – bis jetzt in einer TV-Dokumentation auf dem britischen Sender itv. «Es ist das erste Mal, dass wir beide über sie als Mutter sprechen», sagt William. «Der 20. Todestag fühlt sich wie der richtige Zeitpunkt an, um sich an das Gute an ihr zu erinnern und hoffentlich neue Seiten zu zeigen.» Und Harry ergänzt: «Es war bisher wohl zu schwer für uns, darüber zu sprechen, es ist immer noch schwer.» Dennoch tun sie es, geben berührende Details preis.

Kurzes Glück
Viel zu früh haben die Brüder ihre «Mummy» verloren – aber sie sind froh, dass sie in ihrem Leben war. Harry schluckt leer: «Sie war unsere Mum, sie ist immer noch unsere Mum. Natürlich sage ich das als Sohn, aber sie war die beste Mutter der Welt.» William sieht es ebenso: «Ich bin dankbar, dass ich das Glück hatte, ihr Sohn zu sein, sie 15 Jahre kennen durfte. Sie hat uns die richtigen Werkzeuge gegeben und uns gut auf das Leben vorbereitet – ohne zu wissen, was passieren würde.»

Mama und Prinzessin
Trotz ihrer Rolle wollte sie für ihre Buben da sein. Harry: «Sie schätzte die Momente, in denen sie nur Mutter sein konnte. Sie hat sich dafür entschieden, dass sie uns trotz der Umstände ein möglichst normales Leben bieten wollte.» Manchmal seien sie Hamburger essen gegangen, heimlich ins Kino geschlichen oder mit ihrem BMW-Cabrio übers Land gefahren. William: «Sie war ungezwungen, liebte es zu lachen und Spass zu haben, hat aber gleichzeitig verstanden, dass es ein echtes Leben ausserhalb der Palastmauern gibt.»

Grenzenlose Zuneigung
«Sie war so wahnsinnig gut darin, uns ihre Liebe zu zeigen», sagt William, und Harry ergänzt: «Du konntest sie spüren, selbst wenn du am anderen Ende eines Raumes warst.» Auch an die Umarmungen ihrer Mutter erinnert er sich. «Sie hat uns so fest gehalten, wie es nur ging. So klein wie wir waren, gab es kein Entrinnen. Du warst einfach dort in ihren Armen – so lange, wie sie es wollte. Selbst wenn ich jetzt darüber spreche, kann ich ihre Umarmung noch fühlen, und wissen Sie, ich vermisse es. Ich vermisse dieses Gefühl, ich vermisse diesen Teil unserer Familie, ich vermisse es, diese Mutter zu haben, die uns solche Umarmungen gab.»

Dianas Humor
Ihre Mutter habe einen unglaublichen Sinn für Humor gehabt und sei ziemlich frech gewesen. So gab sie ihren Kindern in den Socken «Schmuggelware» mit ins Fussballtraining: haufenweise Süssigkeiten. «Ihr könnt so ungezogen sein, wie ihr wollt, aber lasst euch nicht erwischen», sei eines ihrer Mottos bezüglich Schule gewesen. Harry: «Sie war durch und durch ein Kind. Wenn mich jemand aber nach lustigen Situationen fragt, höre ich in meinem Kopf als Erstes ihr Lachen, dieses verrückte Lachen, bei dem sich auf ihrem Gesicht einfach nur pure Glückseligkeit zeigte.»

Kleine Peinlichkeiten
Als William etwa zwölf Jahre alt war, habe Diana ein Treffen mit drei Supermodels arrangiert: Naomi Campbell, Cindy Crawford und Christy Turlington. Sie hätten ihn zu Hause erwartet, er seit knallrot geworden, habe kein Wort herausgebracht und wäre vor Aufregung fast die Treppe hinuntergestürzt. Harry fand die Art, wie sie ihn und William gekleidet hat, merkwürdig. «Sie liebte es offenbar, uns in bizarre Outfits zu stecken, und das auch noch im Partnerlook. Wie konnte sie uns das antun? Das wäre eine Sache, die ich sie gerne fragen würde», meint er schmunzelnd.

Ihr grosses Engagement
Mit Herzblut setzte sich Diana für gute Zwecke ein – Obdachlose, HIV-Aufklärung, das Verschwinden von Landminen. «Meine Mutter war ein Vorbild», sagt Harry. «Sie war eine Person, die in unglaublich jungem Alter all ihre Leidenschaft in Dinge gesteckt hat, an die sie glaubte. Das ist fantastisch.» Auch William bewundert sie: «Egal, woher jemand kam, was er tat, sie konnte mit allen reden. Sie hatte die Fähigkeit, sehr schnell eine Verbindung zu den Menschen zu finden.»

Dianas Trennung von Charles
Die Scheidung der Eltern war auch für die Kinder einschneidend. Harry: «Wir haben unseren Vater nicht oft genug gesehen, wir haben unsere Mutter nicht oft genug gesehen. Es war mit viel reisen verbunden – und Streitereien mit William auf dem  Rücksitz. Natürlich geht es vielen so, aber es war ein interessanter Weg, aufzuwachsen.» Schlimmer noch war das Interesse, das Diana mehr denn je auf sich zog. Aufdringliche Fotografen hätten sie verfolgt, sie gar angespuckt, nur um eine Reaktion zu provozieren. «Wenn ich sie weinen gesehen habe, dann war es meistens deswegen», sagt William.

Das letzte Telefonat
Am Ende starb die «Königin der Herzen» durch einen Unfall nach einer Verfolgungsjagd von Paparazzi. Vier Wochen hatten die Brüder ihre Mutter zuvor nicht gesehen, aber regelmässig telefoniert. «Die allerletzte Erinnerung, die ich habe, ist ihr Anruf nach Schloss Balmoral», erzählt William. Sie hätten Spass mit ihren Cousins gehabt, seien draussen herumgesprungen. Im Grunde  hätten sie keine Lust gehabt, mit der Mama in Paris zu telefonieren. «Wir hatten es eilig, Tschüss zu sagen. Hätte ich gewusst, was passiert, wäre ich nicht so gleichgültig gewesen.» Der Anruf belaste ihn bis heute. Ebenso ergeht es Harry: «Ich werde für den Rest meines Lebens bereuen, wie kurz er war. Wenn ich geahnt hätte, dass dies das letzte Mal war, dass ich mit ihr spreche, was ich ihr alles gesagt hätte … Es ist unglaublich hart, wenn ich zurückschaue. Ich muss irgendwie damit umgehen.»

Die Tage nach Dianas Tod
All die Blumen vor dem Palast, die Tränen: Harry war verwirrt, dass all diese Leute mehr Emotionen zeigen konnten als er, obwohl sie diese Frau, seine Mutter, nie getroffen hatten. «Ich habe das erste Mal bei der Beerdigung geweint, seither vielleicht ein Mal», erzählt der Prinz, der vor vier Jahren eine Therapie begann, um das Trauma zu überwinden. «Da ist immer noch viel Trauer, die verarbeitet werden muss.» Er habe lange versucht, nicht an sie zu denken, den Schmerz nicht an sich heranzulassen, weil sie dadurch nicht zurückkommen und es nur noch mehr wehtun würde. Auch William war tief getroffen. «Es gibt nichts Vergleichbares auf der Welt, es ist wie ein Erdbeben, das dein Leben erschüttert», sagte er. «Jemanden zu verlieren, der einem so nahe steht, ist niederschmetternd, speziell in diesem Alter. Es wirft dich aus der Bahn, du weisst nicht mehr, wo du bist, was du tust, was vor sich geht.» Er fühle sich mit den Menschen verbunden, die Ähnliches erlebt haben. «Es ist wie ein sehr trauriger Club, in dem du eigentlich nicht Mitglied sein willst.»

Williams Hochzeit
Am 29. April 2011 sagt Prinz William vor den Augen der Welt Ja zu seiner grossen Liebe Catherine. «Ich spürte, dass meine Mutter da war», erzählt er. Und auch sonst begleitet sie ihn ständig. «Es gibt nicht viele Tage, an denen ich nicht an sie denke – manchmal traurig, manchmal positiv. Menschen, die du verloren hast, sind immer bei dir, sie leben mit dir. Und meine Mutter lebt jeden Tag mit mir.»

Grossmutter Diana
Abends vor dem Zubettgehen erzählt er George (4) und Charlotte (2) gerne Geschichten von Diana. «Sie haben zwei Grossmütter, es ist mir wichtig, dass sie wissen, wer sie war.» Im Haus hätten sie auch viele Bilder von Diana. William ist sicher, sie hätte die Kinder über alles geliebt. «Aber sie wäre eine Albtraum-Grossmutter gewesen», meint er schmunzelnd. «Wahrscheinlich wäre sie zur Badezeit gekommen, hätte einen riesigen Auftritt hingelegt, mit Seifenblasen und Wasser überall, und wäre dann wieder verschwunden.»

Was bleibt
Viele Weggefährten sehen in William und Harry deren Mutter wieder, ihre Menschlichkeit – vielleicht gerade weil sie diese Erlebnisse hatten. Harry blickt auf die letzten 20 Jahre zurück: «Es war hart, und es wird hart bleiben. Jeden Tag wünschen wir uns, sie wäre da. Wir fragen uns, was für eine Mutter sie wäre, was für eine Rolle sie in der Öffentlichkeit hätte, was sie bewegen würde.» William ergänzt: «Wir haben uns so sehr geliebt gefühlt. Ich bin sehr dankbar, dass diese Liebe auch nach 20 Jahren noch da ist. Ich glaube, es ist das grösste Kompliment an unsere Mutter, dass wir ihre Liebe noch heute spüren.»